Er kämpfte um einen neuen Vertrag, er bekam ihn und jetzt dreht Herthas Kapitän Toni Leistner mit seinen 34 Jahren noch mal richtig auf. Unfassbar, was der Verteidiger noch alles aus seinem Körper herausholt. Er ist der Ironman von Hertha BSC. Wie schafft er es bloß?
Das Trainingslager in Kitzbühel ist vorbei, fünf Testspiele machten die Blau-Weißen in den vergangenen drei Wochen. Nur drei Profis im Team schwitzten dabei über 300 Minuten. Routinier Leistner ist mit 310 Minuten einer von ihnen. Die anderen beiden sind Marton Dardai (310) und Michael Cuisance (315). Dardai ist elf Jahre jünger als der Abwehrchef, Cuisance neun Jahre. Da stellt keiner mehr Fragen über den Fitnesszustand von Dauerbrenner Leistner.
Lange vor seiner Vertragsunterschrift im Mai hatte der Verteidiger immer wieder betont: „Ich fühle mich gut, ich bin noch fit genug, um weiterzuspielen.“ Nach der bisherigen Saisonvorbereitung staunen alle: Leistner hat nicht nachgelassen, sondern nochmal einen draufgesetzt.
Trainer Stefan Leitl hatte für das gesamte Team die fünf Testspiele genau aufgeteilt, damit jeder spielen kann. Aber noch wichtiger für den Coach war die Belastungssteuerung. Eigentlich waren für alle Profis jeweils 45 Minuten in den ersten drei Partien vorgesehen. Doch der Plan wurde schon im zweiten Test vor zwei Wochen beim 6:0 gegen den BFC Dynamo brutal über den Haufen geworfen. Verteidiger Pascal Klemens verletzte sich beim Aufwärmen – Knöchel-OP! Jay Brooks humpelte mit Muskelfaserriss in der 18. Minute vom Platz.

Leistner war bei Hertha BSC noch nie so wichtig wie jetzt
Wer sprang ein? Natürlich Leistner, der eigentlich erst in der zweiten Hälfte zum Einsatz kommen sollte. Freitag beim 2:1 bei Austria Wien durfte sich der Routinier dann ab der 58. Minute schonen und wurde ausgewechselt. Keine Verletzung riskieren wegen Überlastung. Leistner ist einfach für das Team und für Trainer Leitl als verlängerter Arm auf dem Platz zu wichtig.
Wie hält sich Leistner nur so fit? Der gebürtige Dresdner verrät: „Ich komme extrem gut durch die Vorbereitung und habe jede Trainingseinheit bis jetzt mitgemacht. Inzwischen weiß ich, was ich für meine Topfitness brauche, muss niemandem etwas beweisen – außer in erster Linie mir selbst.“ Eine gesunde Einstellung und dazu kommt seine Erfahrung. Er hört einfach auf die kleinsten Warnsignale seines Körpers.
Leistner: „Ich lasse dann beispielsweise mal eine Torschu‚ssübung weg, wenn ich in dem Fall zuvor mal ein leichtes Zwicken gespürt habe. Das sind Erfahrungswerte‘, die man so am Anfang nicht hat – das war bei mir als jüngerer Spieler genauso.“
Tonis Geheimnis: Keine Torschüsse, wenn es zwickt
Über 30 Trainingslager hat Leistner in seiner Karriere gemacht. Sein Fazit nach den acht Tagen in Kitzbühel: „Das Trainingslager war extrem anstrengend. Dadurch ist das auch definitiv in meinen Top drei. Mein erstes Camp als junger Profi bei Dynamo Dresden war schon mit das anstrengendste. Und in Belgien habe ich mal Bernd Hollerbach als Trainer gehabt, da muss ich vermutlich nicht viel mehr zu sagen – gute, alte Magath-Schule mit vielen Medizinbällen.“
Leistner hat schon viel erlebt, doch er will in seiner Karriere noch einen draufsetzen und mit Hertha BSC im Mai 2026 den Bundesliga-Aufstieg feiern. „Es ist eine enge Liga. Das Ganze wird auf jeden Fall nicht an den ersten Spieltagen entschieden, ist ein Marathon, kein Sprint. Entscheidend wird sein, wer am konstantesten punktet und den längsten Atem hat.“ Marathon und langer Atem, damit kennt sich Herthas Ironman Leistner aus ...