Tagebücher waren echt

„Ha Ho He, Euer Jürgen“: Klinsmann lacht über seine Hertha-Flucht!

Der Kurzzeittrainer blickt auf seine Zeit bei Hertha BSC zurück und bestätigt die Echtheit der damals veröffentlichen Tagebücher. 

Author - Sebastian Schmitt
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Vier Jahre nach seiner Flucht kann Ex-Cheftrainer Jürgen Klinsmann (59) über seine Zeit bei Hertha BSC nur lachen. 
Vier Jahre nach seiner Flucht kann Ex-Cheftrainer Jürgen Klinsmann (59) über seine Zeit bei Hertha BSC nur lachen. Camera 4/imago

„Ha Ho He, Euer Jürgen“! Ex-Trainer Jürgen Klinsmann (59) spricht in einem Interview über sein abruptes Ende in Berlin im Februar 2020, bestätigt die Echtheit seiner heiß diskutierten blau-weißen Tagebücher und lacht mittlerweile nicht nur über seine Hertha-Flucht im Februar 2020.

76 Tage. Länger war Klinsmann bei Hertha BSC nicht Trainer. Doch die kurze Amtszeit steht für große Skandale, jede Menge Größenwahn und entsprechende Schlagzeilen. Klinsi kritisierte die damalige Klubführung um Präsident Werner Gegenbauer (73) und Manager Michael Preetz (56) heftig und legte einen fulminanten Abgang hin, in dem er völlig überstürzt das Handtuch warf. Unter dem Echo habe er gelitten, behauptet Klinsmann: „Wenn du sowas als Trainer machst, wirst du vor allem von denen vernichtet, die länger dort sind und bleiben. Ich ging zurück nach Amerika – und es war Feuer frei! Das hat mir geschadet, was mir klar war, und ich zahlte den Preis dafür.“ 

Jürgen Klinsmann: Hertha-Tagebücher „ein Fiasko für mich“

Dass er damit auch Hertha BSC großen Schaden zugefügt hatte, erwähnt Klinsmann im Gespräch mit transfermarkt.de nicht. Dafür bestätigt der Weltmeister von 1990 die Anfertigung seiner sogenannten Hertha-Tagebücher. Klinsmann: „Ich musste als Aufsichtsrat diesen professionellen Arbeitsbericht für Lars Windhorst (Ex-Hertha-Investor; d. Red.) anfertigen. Der war so abgemacht und wurde wertgeschätzt. Der Bericht ist im Anschluss an die Sport Bild gelangt und wurde scheibchenweise als Tagebuch veröffentlicht. Dass das in die Medien kam, war ein Fiasko für mich.“ 

Jürgen Klinsmann (l.) und Michael Preetz lagen nie auf einer Wellenlänge und haben sich nach ihrer Zeit bei Hertha BSC nichts mehr zu sagen.
Jürgen Klinsmann (l.) und Michael Preetz lagen nie auf einer Wellenlänge und haben sich nach ihrer Zeit bei Hertha BSC nichts mehr zu sagen.Imago

Zur Erinnerung: Klinsmann rechnete auf auf 22 DIN-A-Seiten schonungslos mit Hertha, den Strukturen („fehlende Leistungskultur“), aber auch mit den meisten Spielern im Kader ab. Zum Inhalt steht er nach wie vor: „Ich hatte mir natürlich auch alles noch einmal durchgelesen, bevor ich es per E-Mail rausgeschickt habe. Ich hatte ja mit jedem einzelnen Punkt komplett Recht“, erklärt Klinsmann. Über die blau-weiße Abrechnung witzelt der Ex-Bundestrainer und erklärt lachend: „Was lerne ich daraus? Dass ich einen solchen Arbeitsbericht wahrscheinlich nicht mehr schreiben werde. Sondern meine Erfahrungen nur noch in Gesprächen weitergebe und schaue, dass diese nicht aufgezeichnet werden.“

Hertha BSC: Jürgen Klinsmann lacht über seine Flucht

Dass er Hals über Kopf die Flucht ergriffen hatte, nachdem er im Januar Hertha mit Ausgaben von 77 Millionen Euro zum weltweiten Winter-Transferweltmeister gemacht hatte, würde er im Nachhinein anders machen und kommunizieren. Aber das sei eben typisch Klinsmann: „So bin ich halt. Bei mir kam wieder dieser Impuls wie beim Tonnentritt (als Spieler des FC Bayern trat Klinsi einst nach einer Auswechslung gegen eine Werbetonne, d. Red.). Es gab diesen einen Moment und es reichte mir – Kurzschluss. Am Abend war mir das durch den Kopf gegangen und am nächsten Morgen habe ich es umgesetzt.“ (lacht)

Klinsmann weiter: „Mit mir ging es nicht mehr. Ich hatte zum x-ten Mal bei Hertha gesagt, dass etwas getan werden muss. Aber ich habe gemerkt, dass man bei Hertha eigentlich gar keine Veränderungen will. Ich habe kapiert, wo der Hase hinläuft. Deswegen bin ich herausspaziert.“

Hertha BSC wird Jürgen Klinsmann nie vergessen

Mit Windhorst, der Klinsmanns Abgang als „inakzeptabel“ bezeichnete, habe er sich seitdem mehrfach getroffen und ausgetauscht. Mit Hertha BSC herrscht dagegen seit seiner Flucht Funkstille. Klinsi: „Da hätte ich hinterher auch gar nichts mehr reparieren können, mir hätte eh keiner mehr zugehört und meine Geschichte hören wollen.“

Einzig an die Fans wandte sich Klinsmann, der im Februar als Nationaltrainer Südkoreas entlassen wurde, ein paar Tage nach seinem Abgang und beendete sein bizarres Facebook-Video mit den Worten „Ha Ho He, Euer Jürgen“. Ein Abschiedsgruß, den wohl kein Hertha-Fan mehr in seinem Leben vergisst. ■