Winterpause, auch beim BFC Dynamo ruht über den Jahreswechsel der Ball, erst ab 3. Januar wird wieder trainiert. Die Chance, noch mal den turbulenten ersten Teil der Regionalliga-Saison 2023/24 Revue passieren zu lassen. BFC-Kapitän Chris Reher (29) blickt exklusiv im KURIER zurück.
Reher ist seit 2018 beim DDR-Rekordmeister und damit nach Klub-Urgestein Kevin Sommer (34) dienstältester Dynamo. Die laufende Spielzeit begann für den Abwehrmann mit einem ganz persönlichen Highlight. Nach dem Wechsel von Niklas Brandt (32) zu Liga-Konkurrent Greifswald machte ihn der damalige Trainer Heiner Backhaus (41) zum neuen Kapitän der Weinrot-Weißen.
Dessen Begründung: „Er hat es absolut verdient, ist ein absoluter Leitwolf, eine absolute Vertrauensperson und hat die BFC-DNA vom Kopf bis in die Fußspitzen verinnerlicht. Er lebt diese Werte und soll sie an das Team weitergeben.“ Mehr Vorschusslorbeeren und mehr Lob geht kaum.
Chris Reher: „Es fühlt sich sehr, sehr heimisch an“
Reher erinnert sich: „Ich habe mich total gefreut, habe das auch als nächsten Schritt gesehen. Eine große Ehre. Aber mir war auch klar, dass damit auch eine gewisse Verantwortung auf mich zukommt. Aber der stelle ich mich gern. Und ja, es stimmt: Ich habe mich mit dem BFC Dynamo komplett identifiziert, es fühlt sich hier für mich sehr, sehr heimisch an.“
Los ging es mit einem 3:0 gegen Zwickau, dann gleich der erste Rückschlag – 1:3 bei Altglienicke mit zwei umstrittenen Platzverweisen. Reher: „Es ist ja nicht gesagt, dass wir mit elf Mann gewonnen hätten, aber über das Spiel haben wir uns schon sehr geärgert. Im Nachhinein hat es uns aber noch mehr motiviert, nach dem Motto: jetzt erst recht.“
Mit Dirk Kunert hat es sofort gepasst

Die Hohenschönhauser lassen inklusive Pokal vier Begegnungen ohne Niederlage folgen und haben dann den Mega-Knall. Am Abend vor dem Topspiel in Greifswald ist für Trainer Backhaus, der unbedingt nach Aachen will, Feierabend. Co-Trainer Nils Weiler (24) und Torwart-Coach Carsten Nulle (48) springen ein, am Ende heißt es beim späteren Herbstmeister 0:0.
Reher: „Das Aus für den Trainer kam für uns total überraschend. Es lief, es hat nichts darauf hingedeutet. Unser Plus war auch da, dass wir eine intakte Mannschaft, eine homogene Truppe sind. Wir haben uns fest vorgenommen, dass uns das nicht umwirft.“
Übers Pokal-Aus ist Reher immer noch sauer
Ein 11:0 im Pokal gegen den VfB Friedrichshain später ist mit Dirk Kunert (56) ein neuer Coach da. Reher: „So hatten wir relativ schnell wieder Ruhe drin und sind unbeschadet aus der Nummer rausgekommen. Zwischen Dirk Kunert und der Mannschaft hat es gleich gepasst, es hat sich viel positive Energie entwickelt.“
Merkt man auf dem Platz, in den fünf Ligaspielen bis Ende Oktober werden 13 von 15 möglichen Punkten eingefahren. Doch dann kommt die Delle: vier Begegnungen ohne Sieg mit dem Tiefpunkt am Ende: Pokal-Aus beim Regionalliga-Schlusslicht BAK (1:2). Bei dem Stichwort ist Reher immer noch auf 180: „Mann, das war so bitter, ein Saisonziel futsch. Wir haben unsere Leistung einfach nicht auf den Platz gebracht. Wind, tiefer Boden – klar, aber so was ist nie eine Ausrede. Wir waren bei der Analyse sehr, sehr selbstkritisch.“
Reher: „Cottbus war mehr. Ein schöner Sieg“
Und ein gutes Stück weit auch wütend. Das alles ausgerechnet vor dem Spiel der Hinrunde schlechthin, dem bei Energie Cottbus. Reher: „Da ging es schon im Vorfeld rund, das ist eine große Nummer, bedeutet auch den Fans immer viel. Vom Gefühl her kein normales Ligaspiel, da war mehr.“
Umso größer ist der Jubel, umso breiter die Brust nach dem 1:0-Sieg. Reher: „Da haben wir alles auf dem Platz gelassen, wollten unbedingt gewinnen. Am Ende war es ein verdienter Sieg. Für die Mannschaft, für den Verein. Ein schöner Sieg.“ Auch einer, der für richtig neuen Schwung sorgte.
Blöd nur, dass der Elan dann ungenutzt verpuffte. Wintereinbruch, zwei Spiele abgesagt. Nach der Zwangspause reicht es in Zwickau gerade so zu einem 1:0 mit einem ganz späten Tor. Reher: „Das war nach zwei Wochen mit eingeschränktem Training wirklich nicht einfach, aber wir haben das hingekriegt.“
Zwickau brachte für Reher eine ganz neue Erfahrung
Apropos Zwickau, da war doch was. Reher sieht in der Nachspielzeit die Rote Karte und kann das immer noch nicht richtig fassen: „Die Aktion galt nur dem Ball, den ich dann leider aber nicht zu 100 Prozent getroffen habe. Da war keine offene Sohle, kein komplett gestrecktes Bein, keine Absicht, doch der Schiri zieht Rot. Ich habe das auf dem Platz akzeptiert, was soll ich sonst auch machen. Die erste glatt Rote Karte in meinem ganzen Fußballerleben. Vor ein paar Jahren war da mal eine Gelb-Rote, sonst nichts.“

Der BFC Dynamo überwintert auf Platz zwei, hat Greifwald auf Rang eins und damit auch das große Ziel Aufstieg in die Dritte Liga in Reichweite. Reher verpasst auf jeden Fall das Nachholspiel am 19. Januar beim BAK (19 Uhr, Poststadion), vielleicht auch die Partie Ende Januar gegen Altglienicke. Was der Kapitän und der BFC Dynamo aber auf keinen Fall verpassen wollen, ist die Aufstiegsparty am Ende der Saison ...