Grausame Geschichten

Verschollene Seelen: Diese Menschen schickte die DDR zur Hinrichtung

Bis 1987 gab es in der DDR die Todesstrafe, mehr als 160 Hinrichtungen wurden durchgeführt. Wir erzählen die Geschichten von vier Opfern.

Author - Florian Thalmann
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Werner Teske gehörte zu den letzten Verurteilten, die in der DDR hingerichtet wurden. Er starb durch Genickschuss. Vorher war die Fallbeil (links, Symbolbild) das gängige Mittel zur Vollstreckung der Todesstrafe.
Werner Teske gehörte zu den letzten Verurteilten, die in der DDR hingerichtet wurden. Er starb durch Genickschuss. Vorher war die Fallbeil (links, Symbolbild) das gängige Mittel zur Vollstreckung der Todesstrafe.BStU, CTK Photo/imago

Es gab sie auch in der DDR – doch niemand durfte es wissen: die Todesstrafe! Mehr als 160 Todesurteile wurden im Laufe der Jahre vollstreckt. Erst im Juli 1987 verkündete die „Aktuelle Kamera“, dass das Vorgehen gegen Kriminelle und vermeintlich kriminelle Bürger abgeschafft wurde. Die Zahlen sind trotzdem unglaublich: Über 160 Todesurteile wurden zwischen 1949 und 1987 in der DDR vollstreckt. Wer waren die Menschen? KURIER erzählt die Geschichten von fünf Hingerichteten.

Hinrichtungen in der DDR: Tod per Fallbeil und Genickschuss

Erst in der vergangenen Woche berichteten wir von Elli Barczatis – einer jungen Frau, die als Chefsekretärin für DDR-Ministerpräsident Otto Grotewohl arbeitete, aber mit einem feindlichen Agenten liiert war. Sie versorgte ihren Liebhaber mit Informationen und geheimen Dokumenten. Als das aufflog, wurde den beiden der Prozess gemacht, die Todesstrafe verhängt. Elli Barczatis starb unter dem Fallbeil.

Das Fallbeil war eine der Methoden, die zum Einsatz kamen – allerdings nur bis 1967. Danach führte man die Hinrichtung per „unerwartetem Nahschuss“ ein. Todesurteile per Fallbeil wurden zwischen 1950 und 1960 in Dresden vollstreckt, danach bis zur Abschaffung der Methode in Leipzig. Spannend: In der DDR hatte man für die Guillotine einen eigenen Begriff, nannte sie „Fallschwertmaschine“. Beim „unerwarteten Nahschuss“ wurde der Todeskandidat von hinten durch einen Schuss in den Hinterkopf hingerichtet. 164 Todesurteile wurden mit den Methoden vollstreckt. Wir erzählen die Geschichten von fünf der Opfer der DDR-Todesstrafe.

Die Strafvollzugsanstalt in der Alfred-Kästner Straße in Leipzig - hier wurden die Todesurteile des DDR-Regimes bis zur Abschaffung der Todesstrafe im Jahre 1987 vollstreckt.
Die Strafvollzugsanstalt in der Alfred-Kästner Straße in Leipzig - hier wurden die Todesurteile des DDR-Regimes bis zur Abschaffung der Todesstrafe im Jahre 1987 vollstreckt.Star-Media/imago

Werner Teske: Stasi-Hauptmann starb durch Genickschuss

Der in Berlin geborene Werner Teske wurde 1942 in Berlin geboren, ließ sich 1967 als inoffizieller Mitarbeiter bei der Stasi anwerben, arbeitete später auch hauptamtlich für den DDR-Geheimdienst. In den 70er-Jahren zweifelte er am politischen System der DDR. Er wollte in die BRD flüchten, entwendete über die Jahre geheime Unterlagen und lagerte sie zu Hause. Als er aufflog, gestand er auch seine Fluchtpläne. Am 12. Juni 1981 wurde er zur Todesstrafe verurteilt – wegen Spionage in einem besonders schweren Fall in Tateinheit mit Fahnenflucht und „ungesetzlichem Grenzübertritt“. Er wurde per Genickschuss hingerichtet.

Gottfried Strympe: Feuerteufel starb durch das Fallbeil

Gottfried Strympe wurde 1924 geboren, erlernte keinen Beruf und wurde 1961 nach einer Serie von Brandstiftungen festgenommen. Er kam in die Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der DDR in Hohenschönhausen. Für den Zeitraum 1957 bis 1961 konnten ihm 64 Diebstähle und 28 Brandstiftungen nachgewiesen werden. In einem Schauprozess wurde er zum Tode verurteilt. Strympe wurde am 21. Juni 1962 in der Zentralen Hinrichtungsstätte der DDR durch Enthauptung hingerichtet. Und das, obwohl er als unzurechnungsfähig galt. Die Stasi behauptete in einem Abschlussbericht, er habe die Brandstiftungen auf Geheiß der „westdeutschen und amerikanischen Imperialisten“ verübt. Strympe hatte seinen Vater in West-Berlin bis 1958 jede Woche besucht.

Blick in das ehemalige Gefängnis in der Südvorstadt von Leipzig.
Blick in das ehemalige Gefängnis in der Südvorstadt von Leipzig.epd/imago

Sylvester Murau: Nach der Flucht zurück in die DDR entführt

Sylvester Murau wurde 1907 in Mewe geboren, arbeitete als Viehhändler. Nach dem Krieg war er bei der Volkspolizei tätig, kam zur Stasi nach Schwerin. 1951 wurde er entlassen, 1954 floh er nach West-Berlin, dann weiter nach Darmstadt. Seine eigene Tochter verriet ihn: die damals 21 Jahre alte Brigitte half zwei Stasi-Männern, Sylvester Murau zurück nach Ost-Berlin zu entführen. Sie machten ihn dafür betrunken. Vor dem Bezirksgericht Cottbus wurde er zum Tode verurteilt, am 16. Mai 1956 in Dresden geköpft. Als Todesursache wurde ein Herzinfarkt vermerkt. Die Tochter Brigitte heiratete später einen Stasi-Oberst – er hatte die Entführung geplant.

Gert Trebeljahr: Er wollte fliehen und bezahlte mit seinem Leben

Gert Trebeljahr wurde 1937 in Kossa geboren, arbeitete als Major für das Ministerium für Staatssicherheit. 1979 wollte er nach West-Berlin flüchten, sammelte zu dem Zweck geheime Unterlagen. Er versuchte, Kontakt zu westlichen Geheimdiensten herzustellen und flog auf. Am 7. Dezember 1979 wurde er wegen Spionage in besonders schwerem Fall in Tateinheit mit Fahnenflucht zum Tode verurteilt. Am 14. Dezember 1979 endete sein Leben in der Hinrichtungsstätte in Leipzig durch Genickschuss. Erst Jahre später, im Jahr 1990, wurden Prozess, Urteil und vollstreckte Todesstrafe bekannt.