Wie finden Sie es, wenn im Fernsehen Witze über Ostdeutsche oder die DDR gemacht werden? Für mich gehört das Veräppeln unserer Traditionen vor allem in der Weihnachtszeit dazu. Denn zum Fest entstand die meiner Meinung nach schönste Ossi-Verarsche in der Geschichte des deutschen Fernsehens. Sie dreht sich um den Schnitzer Werner Brömseklöten aus dem Erzgebirge und die TV-Reporterin Inka Pallaske. Kennen sie die beiden? Nein? Dann sollten Sie sie in diesem Jahr unbedingt kennenlernen. Denn noch nie wurde Weihnachten im Osten so schön aufs Korn genommen.
Anke Engelke und Bastian Pastewka nahmen den Osten aufs Korn
Hinter den lustig klingenden Namen stecken zwei noch viel lustigere Menschen: Komiker Bastian Pastewka und seine Freundin und Bühnen-Partnerin Anke Engelke schufen dieses wundervolle Stück Comedy-Geschichte. Zwei Jahre lang unterhielten sie mit ihrer Show „Fröhliche Weihnachten mit Wolfgang und Anneliese“ Fernsehdeutschland. Die Show wurde zum Kult, gehört für mich noch immer genauso zum Fest wie „Kevin allein zu Haus“ und „Weihnachten in Familie“. Ihre Show, die es heute unter anderem beim Streaming-Dienst von Amazon zu sehen gibt, läuft im Advent hoch und runter.
Als Schlager-Paar Wolfgang und Anneliese Funzfichler inszenierten Engelke und Pastewka in den Jahren 2007 und 2009 diese Parodie auf die großen Volksmusik-Sendungen à la Florian Silbereisen. Sie selbst spielten in der Show alle Rollen, parodierten Stars wie Nina Hagen, Howard Carpendale, Michael Wendler und Desirée Nick. Zwischendurch gab es Einspieler mit weihnachtlichen Themen. Darunter auch kleine Filmchen, die den Osten und seine Weihnachtstraditionen veräppeln.

Eine der Mini-Serien dreht sich um den erzgebirgischen Schnitzer Werner Brömseklöten, der Besuch von Reporterin Inka Pallaske bekommt. „Die Familie Brömseklöten stellt hier schon in der siebten Generation handgemachte Weihnachtspyramiden aus Holz her“, erklärt Pallaske in herrlichem Sächsisch. Dann begrüßen sie sich mit „Glüggauf“, dem traditionellen Bergmannsgruß. Wie lange die Herstellung einer Pyramide dauert, will sie wissen. „Kleine brauch’ ich einen Tach, große brauch’ ich zwei Tach, mittelgroße anderthalb Tach, ganz große mach’ ich ganz selten, hab’ ich keine Zeit für“, antwortet er.
Weihnachten bei Werner Brömseklöten ist noch heute Kult
Die Materialien kommen nur aus dem „Erzgebirsch“, erklärt er, „das Holz, die Kerzen, das Wachs, das Holz, Kerzen, Holz, alles aus dem Erzgebirsch“. Dann wird die Pyramide angezündet, will sich aber nicht drehen. Und während Pallaske abmoderiert, steht der Erzgebirgsschmuck in Flammen. Ein wundervoller Sketch, der nur den Auftakt zu einer ganzen Serie bildete. In einem weiteren Clip besucht Pallaske Jochen Brömseklöten, der Weihnachtskerzen herstellt, Bruce Brömseklöten, der Pommes Frites aus Holz schnitzt – und Rico Brömseklöten, der traditionelle Uhu-Uhren baut. Doch auch das misslingt, denn der Uhu in der Uhr ist leider verstorben.

Humor hat sich im Laufe der Jahre, seit die Sendungen ausgestrahlt wurde, sehr verändert. Heute wird gern vorschnell geschimpft, wenn Witze über bestimmte Bevölkerungsgruppen gemacht werden. Und sicher ist es nicht schlecht, wenn sich auch dieser Bereich des Lebens dem gesellschaftlichen Fortschritt anpasst. Auch Anke Engelke, die mit ihren vielfältigen Rollen zum Mega-Star der deutschen Comedy wurde, sprach das schon selbst an. Jahrelang veräppelte sie etwa Ricarda „Ricky“ Wältken von der Band Tic Tac Toe, parodierte sie erst in der Wochenshow, später auch bei „Fröhliche Weihnachten mit Wolfgang und Anneliese“.
Anke Engelke würde manche Sketche heute nicht mehr machen
„Ich würde mich nicht mehr dunkel schminken lassen“, sagte Engelke. In ihrer hervorragenden Sketch-Show „Ladykracher“ spielte sie zahlreiche Frauen, darunter auch Asiatinnen. „Ich bin heute nicht empört über mich, aber traurig, dass ich damals nicht gesehen habe, dass das nicht in Ordnung ist“, sagte Engelke. Das mag richtig sein. Doch das, was sie und Pastewka über die Weihnachtstraditionen des Ostens abliefern, feiere ich noch heute. Ich bin den beiden dankbar dafür, dass sie diese Sketche gedreht und damit etwas Weihnachtskult geschaffen haben.
Denn auch ich als Sachse kann darüber herrlich lachen. Vielleicht auch, weil er die Traditionen des Ostens zwar verarscht, aber auch ein kleines bisschen würdigt. Bruce, Rico und Werner Brömseklöten und auch Inka Pallaske sind nicht nur brillante Parodien, über die man schmunzeln kann – man schließt sie auch ins Herz. Ich jedenfalls werde auch in diesem Jahr „Fröhliche Weihnachten mit Wolfgang und Anneliese“ schauen. Während sich meine handgemachte Weihnachtspyramide dreht. Aus Holz, versteht sich. Glüggauf!




