Endlich Ferien! Acht lange Wochen blieb in der DDR die Schule zu, bis am 1. September die großen Sommerferien überall wieder endeten. Für Tausende Kinder bedeuteten Ferien auch eine Reise in eines der 5000 Ferienlager in der DDR. Die Ferienlager wurden hauptsächlich in den Sommerferien genutzt, selten in den Winterferien. Meist war man zwischen 14 Tagen und drei Wochen in einem der mehreren „Durchgänge“ in einem der Lager. Eltern mussten sich an den Kosten für Unterkunft und Verpflegung beteiligen, aber mit 12 bis 20 DDR-Mark kamen die Familien ganz günstig davon.
Teilweise haben die Ferienlager in der DDR eine lange Geschichte. Etwa im Ferienlager Bollmannsruh verbrachten Tausende Kinder ihre Sommer. „Wer hätte das gedacht, was das für Freude macht“, titelte damals der „Rote Stahl“, die Betriebszeitung des Stahl- und Walzwerkes, 1953 zur Eröffnung des Zentralen Pionierferienlagers Bollmannsruh.
DDR-Ferienlager heute noch in Betrieb
Sogar Lotte Ulbricht, Ehefrau von Walter Ulbricht, kam vorbei und taufte das Ferienlager feierlich auf den Ehrennamen „Bruno Kühn“, unter dem der Ferienort 37 Jahre lang bekannt war. In den 1980er Jahren war das Zentrale Pionierferienlager „Bruno Kühn“ eine der modernsten Ferienanlagen in der DDR. 600 Kinder pro Durchgang besuchten den Brandenburger Beetzsee. Dazu kamen 150 bis 200 Erwachsene, die sich um Logistik, pädagogische Betreuung, Gesundheit und Hygiene kümmerten. Auch heute noch können Kinder hier Klassenreisen oder Ferienlager erleben.
Bollmannsruh in der Nähe von Brandenburg an der Havel ist eines von fünf Kinder- und Jugenderholungszentren in Brandenburg. Weitere Einrichtungen, darunter dem Namen KiEZ, Kinder und Jugenderholungszentrum, stehen in Prebelow bei Rheinsberg, Petzow bei Potsdam und südlich von Königs Wusterhausen am Hölzernen See und am Frauensee.

Doch zurück in die DDR-Jahre der Ferienlager. Vor der Wende waren die Einrichtungen mit Bungalows Teil des großen Ferienlager-Netzes in der DDR.
Jeder größere Betrieb der DDR hatte für die Kinder seiner Betriebsangehörigen in den Urlaubsgegenden der Republik Ferienlager eingerichtet. In Prebelow betreibt der KiEZ heute das ehemalige FDJ-Ferienlager des Stahl- und Walzwerks Hennigsdorf als Kindererholungszentrum. In der DDR fanden dort Ferienlager für über 1000 Kinder je Durchgang zum Kostenbeitrag zwischen 7,00 und 12,00 Mark statt. Außerhalb der Ferienzeit wurde das Lager zu paramilitärischen Ausbildungszwecken genutzt.
In den ersten Jahren der DDR waren nach sowjetischem Vorbild in vielen Gegenden der Republik durch volkseigene Betriebe und landwirtschaftliche Genossenschaften Kinderferienlager gegründet worden. In der Natur gelegen, meist ein See in der Nähe und abseits von Industrieanlagen und Wohngebieten wurden Kinder betreut.
Erstes DDR-Ferienlager in Prora auf Rügen
1949 wurde das erste zentrale Pionierferienlager in Prora auf Rügen durchgeführt. Manche Kinder fuhren gleich zweimal pro Jahr ins Ferienlager – einmal in das vom Betrieb der Mutter und das andere Mal in das vom Betrieb des Vaters unterhaltene.
Die Tagesabläufe glichen sich in den Ferienlagern. Die Aktivitäten in der Gruppe dienten auch zur Erziehung zur sozialistischen Persönlichkeit. Ohne Fahnenappell ging es auch in den Sommerferien nicht. Doch prägend für Generationen waren Abenteuerausflüge, Nachtwanderungen, Lagerfeuer, Kartenlesen und Neptunfest, das immer fest auf dem Programm stand.
Untergebracht war man meist in Mehrbettzimmern in einfachen Bungalows, manche Ferienlager waren aber auch als reine Zeitlager konzipiert. In separaten Sanitärgebäuden und Essensräumen kamen die Kinder regelmäßig zusammen. Ein Luxusurlaub war eine Reise ins Ferienlager keinesfalls.

Obwohl die Betriebe die Kosten für die Lager selber stemmen mussten und es nur einen Zuschuss vom FDGB gab, erfreuten sich die Kinderreisen großer Beliebtheit. Auch weil es den werktätigen Eltern so möglich war, während der acht Wochen Ferien weiterzuarbeiten. In der DDR hatte an ein Werktätiger 1961 Anspruch auf nur 12 Tage Urlaub im Jahr. Dieser Wert wurde später auf 18 Tage Grundurlaub angehoben. Laut DDR-Statistik waren 1983 rund 800.000 Kinder im Alter bis 14/15 Jahre in Betriebsferienlagern im Urlaub.
Westkinder im DDR-Ferienlager
Besonders in den Anfangsjahren der DDR konnten sogar westdeutsche Kinder im Osten urlauben. Als Organisation des Sozialtourismus wandte sich die Zentrale Arbeitsgemeinschaft – Frohe Ferien für alle Kinder (ZAG) hauptsächlich an kinderreiche, arbeits- und mittellose Familien in Westdeutschland und vermittelte ihren Kindern einen kostenfreien oder kostengünstigen Urlaub in Ferienlagern der DDR. Die Einladungen für den Ferienaufenthalt kamen von den SED-Gastgebern, die zum Ziel hatten, die Kinder von den Vorzügen des Sozialismus zu überzeugen. Zehntausende Kinder aus NRW, Bayern oder Hessen verbrachten also einen Teil ihrer Ferien in der DDR. Bis 1961 wurden für ihre Reisen sogar Sonderzüge eingesetzt. Auch aus Polen, Ungarn oder der Tschechoslowakei kamen Kinder im Austausch in die Ferienlager der DDR.
Nach der Wende wurden nur einige Ferienlager weiterbetrieben. Die letzte Volkskammer der DDR hatte den Übergang der Pionierlager in die Anlagevermögen der Trägerbetriebe beschlossen. Viele dieser Objekte wurden dann von den Betrieben verkauft oder stillgelegt.
Die Treuhand wurde schließlich beauftragt, Lösungen zum Erhalt der restlichen Objekte zu finden. Die einzelnen Bundesländer hatten sich zu entscheiden, welche mittlerweile in „Kindererholungszentren“ umbenannte Einrichtungen erhaltenswert seien. ■