Star-Architekt der DDR baute ihn

Der Palast der Republik: 310 Kilometer von Berlin steht er noch

Der erste Kulturpalast der DDR: Weit im Osten steht der vergessene Palast der Republik, droht zu verfallen.

Author - Norbert Koch-Klaucke
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Der Kulturpalast Unterwellenborn Thüringen – er ist der vergessene Palast der Republik.
Der Kulturpalast Unterwellenborn Thüringen – er ist der vergessene Palast der Republik.Elke Münzel/imago

Der Palast der Republik – von wegen, es gibt ihn nicht mehr! Ja, in Berlin wurde Erichs Lampenladen vor fast 20 Jahren abgerissen, weil man ihn als DDR-Symbol und Asbest-Bauwerk nicht mehr haben wollte. Stattdessen entschied sich der Bundestag für den Wiederaufbau des Stadtschlosses. Das weiß jeder.  Was aber nicht jeder weiß: Es gibt noch einen Palast der Republik! 310 Kilometer von Berlin entfernt steht er immer noch, erbaut von einem Star-Architekten der DDR-Hauptstadt.

Kennen Sie Unterwellenborn in Thüringen? Genau dort befindet sich der vergessene Palast der Republik. Einsam inmitten der Landschaft steht der Säulenbau nach sowjetischen Architektur-Vorbild mit seiner rosafarbenen Fassade da. Auf den ersten Blick hat er nichts mit dem kastenförmigen Palast der Republik zu tun, der 1976 mit viel Pomp eröffnet wurde und dessen Abriss 2006 begann. Man muss schon die Geschichte des Bauwerks in Unterwellenborn kennen, um die Gemeinsamkeit mit dem Republik-Palast herauszufinden.

DDR baute 1952 in Thüringen das erste Haus des Volkes

So wie der Leipziger Architektur-Experte und Verleger Christoph Liepach (35). Er hat über den einstigen Kulturpalast in Unterwellenborn ein Buch herausgegeben, um an den thüringischen „Palast der Republik“ zu erinnern. „Denn das Bauwerk war das erste Haus des Volkes, das die DDR errichten ließ“, sagt Liepach. „Es war die Blaupause für die vielen weiteren Kulturhäuser, die später in der DDR errichtet wurden.“

1952 wurde der Grundstein gelegt. Kino, Theater, Restaurants, Bibliothek, Räume für Vereine und Kulturzirkel: Der Kulturpalast Unterwellenborn war als ein Haus fürs Volk geplant, wie dann der Palast der Republik, der 20 Jahre später entstand, so Liepach.

Der Kulturpalast Unterwellenborn: 1955 wird der Bau fertig. Auf dem Foto sieht man noch Arbeiten an den Fassaden.
Der Kulturpalast Unterwellenborn: 1955 wird der Bau fertig. Auf dem Foto sieht man noch Arbeiten an den Fassaden.Archiv Maxhütte Unterwellenborn/Sphere Publishers Leipzig

Allerdings beglückte der Kulturpalast in Thüringen die bis zu 10.000 Arbeiter des Stahlwerkes Maxhütte und dessen Familien. Der Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht eröffnete 1955 den Prachtbau. Weit über acht Millionen DDR-Mark kostete der Bau, der ein Teil einer neuen Stadt werden sollte, die die DDR-Regierung rings um das Stahlwerk plante. Die Pläne wurden aber fallen gelassen, als man an der Oder ein weiteres Stahlwerk baute und daneben Eisenhüttenstadt (anfangs Stalinstadt) errichtete.

Wie im echten Palast: Im Kulturpalast spielten Ost- und West-Stars

Dafür wurde der Kulturpalast in Unterwellenborn prachtvoll ausgestattet. Große Säle mit Parkettböden und Kronleuchtern, Freiflächen mit Terrassen, ein großer Park: Auf der Palast-Bühne standen Stars der DDR und eine Band aus dem Westen. Die Spider Murphy Gang („Skandal im Sperrbezirk“) gab dort in den 80ern ihr erstes DDR-Konzert.

Der vergessene Palast der Republik: Blick in das prachtvolle Foyer des Kulturpalastes.
Der vergessene Palast der Republik: Blick in das prachtvolle Foyer des Kulturpalastes.Mirko Kitzler/Sphere Publishers Leipzig

Für die gute Akustik sorgte Josef Kaiser (1910-1991). Der Architekt aus Berlin, der auch Opernsänger war, entwarf den Kulturpalast. Beim Bau war er aber nicht mehr anwesend. „Da baute Josef Kaiser in Ost-Berlin am zweiten Teil der Stalinallee mit, die in Karl-Marx-Allee umbenannt wurde“, sagt Experte Liepach. „Das Kino ,International‘, das Café Moskau und das Kino ,Kosmos‘ sind seine Bauten.“

Architekt Josef Kaiser
Architekt Josef KaiserSphere Publishers Leipzig

Kaiser wurde zu einem wichtigen Architekten und Gestalter der DDR-Hauptstadt. „Das Centrum-Warenhaus am Alexanderplatz, das DDR-Außenministerium oder das Internationale Handelszentrum an der Friedrichstraße – er gehörte auch zu den Architekten, die später am Palast der Republik mitarbeiteten“, sagt Liepach.

In Thüringen steht der Palast der Republik unter Denkmalschutz

Anders als „Erichs Lampenladen“ kann der Kulturpalast in Thüringen nicht abgerissen werden. Seit 1987 steht das Haus unter Denkmalschutz, das damals dem Stahlwerk Maxhütte gehörte. Der jetzige Besitzer ist ein Teppichhändler aus Nürnberg. 1997 erwarb er den Bau. Einige Jahre kümmerte sich auch ein Verein um das Haus, um dessen Zukunft sich offenbar gestritten wird.

Der Palast der Republik: Architekt Joseh Kaiser arbeitete aich bei diesem Kultbau mit.
Der Palast der Republik: Architekt Joseh Kaiser arbeitete aich bei diesem Kultbau mit.Gerhard Leber/imago

Ungenutzt droht der Kulturpalast zu verfallen. Einbrecher drangen in das Gebäude ein, berichtet Liepach. Mit dem von ihm herausgebrachten Buch „Max braucht Gesellschaft – Der Kulturpalast des VEB Maxhütte Unterwellenborn“ reist er derzeit durchs Land, um den Prachtbau wiederzubeleben. Am 12. November 2025 Mittwoch hält er im DDR-Museum Berlin (Konferenzraum/St. Wolfgang-Straße, Berlin-Mitte) einen Vortrag über den „vergessenen Palast der Republik“ (18. Uhr, Eintritt frei).