„Wir haben die Wahl“

DEFA-Superstars verprügelt! Sie haben eine klare Botschaft

Prügel gegen Andersdenkende und Mangel an Zivilcourage waren schon zu DDR-Zeiten ein Problem: Daran erinnern Schauspiel-Promis mit drastischen Szenen.

Author - Joane Studnik
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Winfried Glatzeder mit Angelica Domröse in der Kult-Romanze Die Legende von Paul und Paula (1973), Glatzeder gehört zu den Unterzeichnern des Appells „Wir haben die Wahl.“
Winfried Glatzeder mit Angelica Domröse in der Kult-Romanze Die Legende von Paul und Paula (1973), Glatzeder gehört zu den Unterzeichnern des Appells „Wir haben die Wahl.“imago/United Archives

Diese Szene schmerzt beim Zusehen: In einer Berliner S-Bahn verprügeln Skinheads einen jungen Mann, offensichtlich weil dessen Hautfarbe den Glatzen missfällt. Passagiere im Abteil schauen betreten, als ginge sie das nichts an. Nur eine blonde Frau zeigt Zivilcourage, ruft laut: „Hört auf!“, versucht sogar unerschrocken, den Angegriffenen mit vollem Körpereinsatz zu schützen. Es ist keine Polizeimeldung des Jahres 2024, sondern entstammt dem späten DEFA-Film „Coming Out“, der im Jahre 1989 ein schonungsloses Bild der späten DDR-Zeit zeichnete.

DDR-Star mit Wahl-Aufruf gegen rechte Gewalt: „Ich lasse mich seit über 30 Jahren für Euch verprügeln“

Im Film-Clip der DEFA-Stiftung spricht Hauptdarsteller Pierre Sanoussi Bliss Klartext: „Hey Leute, ich lasse mich in diesem Film seit über 30 Jahren für Euch verprügeln. Dass Ihr ein bisschen aufwacht... also geht wählen. Und macht Euer Kreuz an der richtigen Stelle.“ Der Schauspieler gehört zu einer Reihe von DDR-Promis, die sich vor den drei Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg in den sozialen Kanälen der DEFA-Stiftung an die Öffentlichkeit richten.

Zu ihnen gehören Jaecki Schwarz („Polizeiruf 110“), Carmen-Maja Antoni („Polizeihauptmeister Krause“) und Winfried Glatzeder („Die Legende von Paul und Paula“). Die Defa-Stiftung veröffentlicht die Videoclips mit den Appellen der DDR-Stars unter dem Motto „Wir haben die Wahl“ auf Youtube, Instagram und Facebook. Mit dabei sind unter anderem auch Ute Lubosch („Grüne Hochzeit“) und Jörg Gudzuhn („Der letzte Zeuge“).

In drei Ost-Bundesländern wird gewählt: Probleme der DDR mit rechter Gewalt weiterhin brisant

Jeder der Videoclips beginnt mit einer Szene aus einem legendären DEFA-Film, in dem die jeweiligen Darstellerinnen und Darsteller mitgewirkt haben. Darin zeigt sich, dass auch zu DDR-Zeiten heute aktuelle Themen wie Migration, Umgang mit Andersdenkenden, geschlechtliche Gleichberechtigung und Jugend-Subkulturen einschließlich fremden- und queerfeindlicher Gewalt aufgegriffen wurden. Auch Jahrzehnte später hätten sie nicht an Relevanz und Aktualität eingebüßt, so die DEFA-Stiftung.

Die Stiftung, die das Filmerbe der DDR-Gesellschaft DEFA verwaltet, blicke mit großer Sorge auf das Wiedererstarken rechter Kräfte in Deutschland, hieß es. Die Schauspielerinnen und Schauspieler teilten die Sorge vor einem Rechtsruck. In Sachsen und Thüringen wird am 1. September ein neuer Landtag gewählt, in Brandenburg am 22. September. In allen drei Bundesländern liegt die rechtsextreme AfD auf dem ersten oder zweiten Platz der Umfragen, in Thüringen mit weitem Abstand vor der CDU. Diese könnte dort derzeit nur unter Beteiligung des populistischen Bündnis Sahra Wagenknecht und einer weiteren Partei – oder aber mit der AfD – eine Mehrheit erreichen. ■