„Coming-out“-Star Matthias Freihof: Jetzt tischt er uns ganz schöne Lügen auf – und das ist wahr!
Der KURIER traf den Schauspieler, der jetzt in einem Münchhausen-Stück in der Komödie am Kudamm zu sehen ist.

Mit Weltpremieren hat Schauspieler Matthias Freihof (60) so seine speziellen Erfahrungen. Bei der vom Defa-Film „Coming out“ (1989), in dem er in der Hauptrolle als homosexueller Lehrer zu sehen war, fiel gerade die Berliner Mauer. Monate später gewann der Streifen auf der Berlinale den „Silbernen Bären“. Jetzt steht Freihof wieder vor einer Welturaufführung – in einem Münchhausen-Stück der Komödie am Kudamm. Was am Premierentag, 25. September, passieren wird, weiß niemand. Eines ist aber sicher: Der „Coming out“-Star wird uns herrlich schöne Lügen auftischen.
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Die Proben laufen auf Hochtouren. Und Freihof hat mächtig Lampenfieber. „Das wird immer schlimmer, je älter man wird“, sagt er. Dennoch nimmt er sich die Zeit, um sich mit dem KURIER am Rosenthaler Platz zu treffen. Gleich ums Eck wohnte einst die unvergessene Gisela May, deren Meisterschüler Freihof ein Jahr lang war. Sie trat mit ihm nicht nur in den 90er-Jahren mit Chansons auf. „Gisela brachte mir bei, wie man damit umgeht, wenn man plötzlich als Künstler bekannt und in der Öffentlichkeit erkannt wird, und dass man die Fan-Arbeit sehr ernst nehmen muss.“
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Denn mit dem Film „Coming out“, der auch sein persönliches Coming out wurde, in dem sich der Schauspieler im Vorfeld als einer der ersten DDR-Künstler als homosexuell outete, bekam Freihof viel Post. „Das waren richtige Lebensbeichten, mit denen ich mich überfordert fühlte“, sagt er. „Lange schob ich die Beantwortung der Briefe vor mich hin, bis mir Gisela klar machte, dass auch dies zu meinem Beruf gehört.“
Matthias Freihof: Der „Coming out“-Star spielte sogar in einem Tom-Cruise-Film mit
Mit „Coming out“ kam der Erfolg. Freihof erhielt TV-Hauptrollen, unter anderem in der ZDF-Krimi-Reihe „Siska“, spielte im Blockbuster „Operation Walküre“ an der Seite von Tom Cruise, inszenierte an der Kudamm-Komödie das Stück „Ganze Kerle“. Jetzt steht er dort in „Münchhausen oder Freuds letzte Reise“ als der weltberühmte Psychoanalytiker Sigmund Freud auf der Bühne, lies sich extra dafür einen schönen Vollbart wachsen.
Das Stück von Sönke Andresen entstand nach dem Comic-Roman von Flix und Bernd Kissel. Es erzählt, wie am Vorabend des Zweiten Weltkrieges Münchhausen auf dem Dach des Buckingham-Palastes landet und der britische Geheimdienst Freud verpflichtet, die Echtheit dieser Person festzustellen. Bei dem Aufeinandertreffen dreht sich alles um die Kernfrage: Was ist Lüge, was ist Wahrheit?
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„Die Wahrheit am Ende ist, dass das Stück eine komplette Lüge ist“, sagt Freihof. „Schließlich gibt es Münchhausen nicht und damit kann Freud ihm auch nie begegnet sein. Außerdem werden auf der Bühne Wahrheiten verdreht. Der Lügenbaron ist bei uns eine Frau. Und Requisiten sind nicht das, was sie in Wirklichkeit sind.“ So wird ein Würfel zur Kanonenkugel, auf der Münchhausen und Freud reiten. „Das ist Theater, wie ich es liebe.“
Für komische Momente sorgt das Zusammenspiel der Protagonisten. Während Münchhausen wie ein Kind seine Fantasiegeschichten als echt erzählt, sich eine Welt zusammenspinnt, wie sie ihm nach Pippi-Langstrumpf-Manier gefällt, biegt als Freud seine Lebenswahrheiten so hin, wie er es gerade braucht.
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„Die Lüge ist ein Schutzmechanismus. Wenn die Welt da draußen zu unerträglich geworden ist, legt man sich seine eigene Wahrheit zurecht. Fakten interessieren nicht mehr. Das ist schön einfach, das gibt einem Sicherheit“, zitiert Freihof einen der Kernsätze des Stückes, den er auf der Bühne als Freud spricht.

„Coming-out“-Star Matthias Freihof: „Natürlich lüge ich“
Ein Satz mit einer bitteren Wahrheit, die sehr aktuell ist, wenn man etwa an den Äußerungen von Verschwörungstheoretikern oder Corona-Leugnern denkt, so der Schauspieler. „Das Problem ist, was Menschen glauben, wenn man ihnen etwas erzählt, wenn man Wahrheiten für Lügen und Lügen für Wahrheiten hält“, sagt Freihof.
Lügt der Star privat auch? „Natürlich“, gibt Freihof zu. Schwindeleien seien ja auch nicht immer etwas Schlimmes, sondern auch ein Zeichen von Fantasie und Kreativität, die man nicht verbieten sollte. „Oft mache ich eine Notlüge, wenn ich in einer Sache jemanden Verschwiegenheit geschworen habe. Oder es Situationen gibt, wo jemand eine Notlüge besser verdauen kann als die bittere Wahrheit.“