Schüler besuchen den Landtag und sprechen mit Abgeordneten – ein bewährtes politisches Bildungsformat. Für den brandenburgischen AfD-Abgeordneten Dennis Hohloch, selbst Lehrer, hatte eine Diskussionsrunde mit Grundschulkindern jedoch Folgen. Er thematisierte vor 9- bis 12-Jährigen Gruppenvergewaltigungen und Migration.
Andere Fraktionen reagierten empört und forderten Konsequenzen. Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke (SPD) warf Hohloch einen Regelverstoß und eine Überrumpelung der Schüler vor und lud ihn zu einem Vieraugengespräch ein. Eine Debatte über mögliche Folgen entbrannte.
Es stellt sich grundsätzlich die Frage, ob AfD-Politiker, die oft polarisieren, zu Diskussionen mit Schülern eingeladen werden sollten. Sind Lehrkräfte und ihre Klassen ausreichend vorbereitet, und ab welchem Alter sind Gespräche mit Abgeordneten sinnvoll?
Die AfD wird in Brandenburg vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft. In Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt wird die Partei als gesichert rechtsextremistisch bewertet und verfolgt verfassungsfeindliche Ziele.
Gruppenvergewaltigung kein Thema für Neunjährige
Landtagspräsidentin Liedtke kritisierte Hohlochs Äußerungen, da er weder das Alter noch den Kenntnisstand der Schüler beachtet habe. Der Beutelsbacher Konsens, der Grundsätze für die politische Bildung festlegt, wie das Überwältigungsverbot, bildet die Grundlage für die Regeln im Landtag. Liedtke betonte, dass das Neutralitätsgebot ihr nicht erlaube, einzelne Abgeordnete oder Fraktionen von solchen Veranstaltungen auszuschließen. Sie möchte jedoch die Formate für Kinder und Jugendliche überarbeiten.
Benjamin Winkler von der Amadeu Antonio Stiftung sagte: Hohloch habe sich die gelbe Karte geholt. Politische Bildung mit Kindern und Jugendlichen solle den Regeln des Beutelsbacher Konsens folgen. Wenn keine Besserung eintrete, solle der Landtag überlegen, solche Personen von Veranstaltungen mit Kindern auszuschließen.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) erkennt die Kontroversen um die Frage, ob Schulleitungen die AfD ausschließen sollen, an. Sie betont die Wichtigkeit einer guten Vorbereitung und externen Unterstützung für Diskussionen. In Bundesländern, in denen die AfD als gesichert rechtsextrem eingestuft wird, sei eine Zusammenarbeit mit Schulen aufgrund des Bildungsauftrags des Grundgesetzes nicht vertretbar, so Winkler von der Amadeu Antonio Stiftung. Dennoch haben viele Schulen Schwierigkeiten im Umgang mit der AfD.
AfD-Mann bereut nicht, Gruppenvergewaltigungen thematisiert zu haben
Hohloch erklärte, dass solche Formate für Grundschüler aus seiner Sicht keinen Sinn ergeben. „Ich würde nie mit einer 4. Klasse in den Landtag gehen“, sagte er. Bei Diskussionen seien es oft Achtklässler. Er bereue nicht, Gruppenvergewaltigungen thematisiert zu haben, da Abgeordnete anderer Parteien versucht hätten, die Kinder zu beeinflussen. Auf Tiktok sagte er, er wolle weiter über die Sicherheitslage im Land aufklären.
Andere Fraktionen fordern das Landtagspräsidium und die Verwaltung auf, gegen Fehlverhalten vorzugehen und Veranstaltungsformate zu überarbeiten. Der SPD-Abgeordnete Uwe Adler schlägt vor, dass die Landtagsverwaltung vom Hausrecht Gebrauch mache, um Abgeordnete des Raumes zu verweisen. Die CDU-Fraktion fordert eine Prüfung, wie ein solcher Regelverstoß sanktioniert werden kann.
Petra Budke von den Grünen sagte, Äußerungen zu Kriegs- oder sexueller Gewalt gegenüber Grundschulkindern seien hochproblematisch und grenzüberschreitend. Sie und der SPD-Politiker Adler waren bei dem Gespräch dabei, andere Fraktionen nicht.
Laut dpa-Informationen sind nicht immer alle Fraktionen bei Schüler-Diskussionen vertreten, zeigen aber großes Interesse daran. Die AfD richtet sich gezielt an junge Menschen, etwa über Social-Media-Kanäle. Die Bildungsstätte Anne Frank forderte andere Parteien auf, ihre Aktivitäten auf Tiktok zu verstärken, um den Eindruck zu vermeiden, dass die AfD sich allein um die Belange junger Menschen kümmert. Auch Benjamin Winkler sagte, einige AfD-Politiker seien rhetorisch und in der Ansprache Jugendlicher besser geschult als andere Parteien. ■