Sie spielte bei Mona Lise

DDR-Star Tina Powileit: „Damals fühlte ich mich als Musikerin wohler“

Tina Powileit (66) gehörte zur ersten erfolgreichen Frauen-Rockband der DDR. Sie bekam zu spüren, wie sich der Ostrock nach der Wende veränderte.

Author - Florian Thalmann
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Tina Powileit saß schon zu DDR-Zeiten am Schlagzeug, gehörte zu den Mitgliedern der bekannten Frauen-Band Mona Lise. Sie weiß, wie sich die Wahrnehmung der Ostmusik mit der Wende veränderte.
Tina Powileit saß schon zu DDR-Zeiten am Schlagzeug, gehörte zu den Mitgliedern der bekannten Frauen-Band Mona Lise. Sie weiß, wie sich die Wahrnehmung der Ostmusik mit der Wende veränderte.Future Image/imago, Carsten Klick/zVg

Ob das Leben in der DDR eher gute oder eher schlechte Seiten hatte – darüber kann man noch heute, 35 Jahre nach der Wiedervereinigung, herrlich streiten. Aber eines ist klar: Der Osten hatte und hat richtig gute Musik! Bands wie Silly, City und Karat bestimmten den Sound hinter der Mauer. Doch was passierte, als das Bollwerk fiel? Für viele Musiker begannen schwere Zeiten, das weiß auch Tina Powileit: Die 66-Jährige saß schon vor der Wende am Schlagzeug, spielte bei Mona Lise, der ersten reinen Frauen-Band der DDR. Am Mittwoch spricht sie im DDR-Museum Berlin über ihre Erfahrungen vor und nach dem Mauerfall.

Schlagzeug-Karriere in der DDR: Tina Powileit kam durch Zufall zur Musik

Historiker Tom Koltermann hat über die spannenden Umbrüche im Ostrock das Buch „Rock im Osten“ geschrieben, das am Mittwoch im DDR-Museum Berlin vorgestellt wird. Zu den Musikern, die in dem Werk von der damaligen Zeit und den Entwicklungen nach dem Mauerfall berichten, gehört auch Tina Powileit: Die heute 66-Jährige war eine der ersten Frauen, die sich in der DDR ans Schlagzeug wagten, damit Karriere machten. Ihre Band Mona Lise schrieb als erste Frauen-Band der DDR Musikgeschichte.

Zur Musik kam Powileit durch Zufall, verriet sie dem KURIER. „Ich war schon immer interessiert an Rhythmen. Eigentlich wollte ich Klavier lernen, aber das Instrument passte nicht in die Wohnung.“ Also kaufte ihre Mutter ein Akkordeon. „Sie dachte, das ist dasselbe“, sagt sie und lacht. Eines Tages bekam Powileit die Gelegenheit, eine Freundin zu einer Bandprobe zu begleiten. „Wir haben uns in die Ecke gesetzt und zugehört. Livemusik – das fanden wir irre!“ Dann durfte sie sich selbst ans Schlagzeug setzen.

Tina Powileit am Schlagzeug. Auch nach dem Ende der DDR stand sie mit verschiedenen Band-Projekten auf der Bühne.
Tina Powileit am Schlagzeug. Auch nach dem Ende der DDR stand sie mit verschiedenen Band-Projekten auf der Bühne.Andreas Weihs/imago

Das Talent war da, eins führte zum anderen: Tina Powileit nahm Unterricht bei Klaus Selmke, dem Schlagzeuger von City, besuchte die Musikschule Berlin-Friedrichshain. Später ging es zum Studium auf die Musikhochschule in Dresden. Sie spielte in einem Frauenorchester, später beim Band-Projekt Femini. 1982 hatte dann Wolfgang Schubert, der Manager von Pankow, die Idee für die erste Frauen-Rockband der DDR. Mona Lise wurde geboren. Für Tina Powileit gehört die Zeit zu den schönsten Phasen ihrer Karriere, erzählt sie.

Letzte LP in der DDR: Mauerfall schluckte die neue Platte von Mona Lise

„In den Jahren bis zur Wende haben wir zusammen Musik gemacht. Wir waren die erste erfolgreiche Frauen-Band in der DDR, konnten viele Konzerte spielen“, sagt sie. Die LP „Mona Lise“ erschien dann kurz vor dem Mauerfall. „Die Zeit war schön. Wir durften produzieren – heute muss man in der Branche erst mal Geld bezahlen, bevor man so ein Produkt herausbringen kann.“ Doch zur Wahrheit gehört auch: Die Wende schluckte das Projekt. „Die Platte verlief im Sande, niemand wollte sie mehr kaufen.“

Sie machte nicht nur am Schlagzeug Karriere, sondern auch vor der Kamera: Tina Powileit spielte auch im Film „Die Alleinseglerin“ von 1987 mit.
Sie machte nicht nur am Schlagzeug Karriere, sondern auch vor der Kamera: Tina Powileit spielte auch im Film „Die Alleinseglerin“ von 1987 mit.Cola Images/imago

Der Grund: Viele Fans verloren ihre Musik-Stars des Ostens erst einmal aus dem Blickfeld.  Die große, weite Welt stand plötzlich offen, auch musikalisch. „Nach der Wende waren die englischsprachigen Bands viel gefragter“, sagt sie. Plötzlich konnte man die Künstler, deren Musik man vorher nicht einmal hören durfte, live erleben. „Sie konnten, als die Mauer nicht mehr da war, in unser Land – und die Neugier wollten die Leute befriedigen. Das kann ich verstehen, das wollten wir ja auch.“

„Als Musiker war man im eigenen Land plötzlich nicht mehr gefragt“

Vielen Künstlern aus dem Osten brachte das einen Karriere-Knick. „Als Musiker war man im eigenen Land plötzlich nicht mehr gefragt“, sagt Tina Powileit. Den Grund dafür sieht sie auch in der Besonderheit des Ostrocks. „Die Musik war immer etwas politisch geprägt, denn als Musiker wollten wir auch das Sprachrohr der Bevölkerung sein.“ Zwischen Künstlern und Publikum stand aber die Zensur. „Wir mussten zwischen den Zeilen schreiben, damit die Songs überhaupt gespielt werden durften.“

Christina Powileit und Lieselotte Reznicek gehörten zur Band Mona Lise, die 1982 gegründet wurde, sich mit der Wende auflöste.
Christina Powileit und Lieselotte Reznicek gehörten zur Band Mona Lise, die 1982 gegründet wurde, sich mit der Wende auflöste.Future Image/imago

Außerdem wurden viele Auftrittsstätten nach und nach geschlossen. „Die Kulturhäuser, in denen man spielen konnte und die zu DDR-Zeiten gefördert wurden, wurden privatisiert oder vergammelten. Heute sind davon nur noch wenige erhalten.“ Und statt mit der Zensur kämpften Künstler nun mit einer Branche, in der man sich erst mal durchbeißen musste. „Ich habe mich in der DDR als Musikerin viel wohler gefühlt als heute“, sagt Powileit. „Heute ist es ein viel härterer Kampf, damit man mit seiner Kunst überhaupt bestehen kann.“

Für sie ging der Karriereweg dennoch weiter: Tina Powileit spielte und spielt bei verschiedenen Bandprojekten, war Schlagzeugerin bei Gundermann und Seilschaft von Gerhard Gundermann. Auch heute noch gehört sie zur Seilschaft, tritt mit der ehemaligen Begleitband Gundermanns, die heute eine eigenständige Rockband ist, auf. 2015 entstand auch das Projekt „Liedgefährten“, bei dem verschiedene Musiker die Songs von Gundermann wieder auf die Bühne bringen. „Wir wollten nur anlässlich seines 60. Geburtstages spielen, aber wir spielen heute noch.“ Außerdem spielt sie für Simone K. & Band und für Dirk & Friends.

35 Jahre nach dem Ende der DDR wird die Lust auf Ostmusik größer

Und Powileit weiß auch: Es gibt einen Weg zurück, denn die Lust auf Ostrock wird nach und nach größer. So gab es in diesem Jahr schon zum zweiten Mal das „Klassentreffen der Ostmusik“ in Neuruppin, ein Festival für Bands aus der DDR. „Ich glaube, dass viele erkannt haben, dass die Musik aus dem Osten etwas Besonderes ist und einen eigenen Stil hat. Wir hatten, ohne dass es uns bewusst war und ohne dass wir besonders sein wollten, etwas Tolles geschaffen.“ Dass das Interesse zurückkehrt, freut die Berlinerin. „Auch wenn es schade ist, dass einige nicht mehr da sind – und die Gelegenheit jetzt nicht mehr haben.“

Das Buch „Rock im Osten“ wird am Mittwoch, 17. September 2025, um 18 Uhr im DDR-Museum Berlin (Konferenzraum, Sankt Wolfgang-Straße 2, 10178 Berlin) vorgestellt. Zu Gast sind Historiker Dr. Tom Koltermann und Musikerin Tina Powileit. Der Eintritt ist frei. Infos im Netz unter www.ddr-museum.de.