Es gibt zahlreiche Märchenfilme aus der DDR, die vor allem in der Weihnachtszeit immer wieder gern geschaut werden. Dazu gehören neben dem Klassiker „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ auch „Frau Holle“, „Das Feuerzeug“, „Die Geschichte vom Kleinen Muck“ und „Schneeweißchen und Rosenrot“ auch „Das Zaubermännchen“. Zaubermännchen? Was soll das denn sein? Hinter dem besonderen Namen verbirgt sich das Rumpelstilzchen der DDR. Aber: Wieso hieß es eigentlich anders als im Original der Gebrüder Grimm?
Rumpelstilzchen der DDR hieß „Zaubermännchen“ – aber warum?
Der Film „Das Zaubermännchen“ entstand in den Studios der DEFA, erschien bereits im Jahr 1960 – und hat noch heute viele Fans. Es handelt sich dabei um die Inszenierung des Märchens vom Rumpelstilzchen am Hans Otto Theater in Potsdam, die von den Regisseuren Christoph Engel und Erwin Anders auf Film gebannt wurde.
Die Story orientiert sich am berühmten Märchen der Gebrüder Grimm: Im Fokus steht die Müllerstochter Marie, deren prahlender Vater sie in Schwierigkeiten bringt. Müller Kunz ist sehr faul, sitzt lieber den ganzen Tag mit seinem Nachbarn herum – und lässt lieber den Müllerburschen Hans arbeiten. Als er seine Abgaben an den König nicht mehr bezahlen kann, greift er zu einer Lüge: Seine Tochter Marie könne Stroh zu Gold spinnen. Der König und sein Schatzmeister wollen Beweise: Marie wird in eine Kammer im Palast des Königs gesperrt, soll über Nacht Stroh zu Gold spinnen.

Hilfe bekommt sie von einem kleinen Zaubermännchen, das Nacht für Nacht erscheint. Zu Beginn bezahlt sie das Männchen noch mit Schmuck. Doch als Ring und Kette weg sind, muss sie ihm ihr erstes Kind versprechen. Nach drei Nächten nimmt der König Marie zur Frau – und ein Jahr später wird die Ehe vom ersten Kind gekrönt. Doch das Zaubermännchen kehrt zurück, will das Kind holen. Nur unter einer Bedingung darf Marie ihren Nachwuchs behalten: Sie soll den Namen des Männchens herausfinden.
KURIER-Leser ärgern sich über Zaubermännchen aus der DDR
Es ist natürlich das Rumpelstilzchen – doch ausgerechnet der markante Name des Märchens wurde in der DDR mit dem Titel „Das Zaubermännchen“ ersetzt. Als der KURIER schon einmal über den Film berichtete, bekamen wir deshalb wütende Leserbriefe. „Ich wollte euch darauf hinweisen, dass dieses Märchen Rumpelstilzchen heißt – und auch der gedrehte Film“, schrieb eine Leserin. „Ich finde es nicht gut, wenn sowas geschrieben wird! Recherchiert bitte richtig! Ich bin mit diesen Filmen aufgewachsen.“ Ein anderer Leser meldete sich per Mail: „Was schreibt ihr für Unsinn im Internet. Von wegen Zaubermännchen. Das Märchen heißt Rumpelstilzchen. Aber das könnt ihr in Berlin ja nicht wissen.“

Doch, wir wissen es auch in Berlin sehr genau: Das Märchen bekam in der DDR tatsächlich den Titel „Das Zaubermännchen“. Aber: Warum eigentlich? KURIER hat bei der DEFA nachgefragt, in deren heiligen Hallen der Film entstand. Der Grund für die Umbenennung ist heute nur noch schwer nachvollziehbar – Pressesprecher Philip Zengel machte sich auf die Suche, konnte das Rätsel aber nicht lösen. Und auch eine Kollegin im Bundesarchiv fand keine Antwort auf die Frage.
DEFA verrät: Warum hieß das Märchen „Das Zaubermännchen“?
Fakt ist: „In den Produktionsunterlagen werden die beiden Filmtitel während des Entstehungsprozesses parallel und abwechselnd benutzt“, sagt Zengel. Er hat eine Theorie: Womöglich nannte man den Film „Das Zaubermännchen“ in der DDR so, weil man ihn besser vermarkten wollte. Zwar hieß der Arbeitstitel der Produktion zuerst „Rumpelstilzchen“, allerdings wurde das Märchen bereits 1956 für das DDR-Fernsehen und 1959 am DEFA-Studio für Trickfilme verfilmt. Es waren also zeitgleich mehrere Rumpelstilzchen-Filme auf dem Markt.
„Ich halte es für denkbar, dass aus Vermarktungsgründen entschieden wurde, keinen dritten Film in kurzer Zeit unter dem Titel Rumpelstilzchen zu veröffentlichen“, sagt Zengel. „Zumal bereits die Fernsehinszenierung 1956 nach einer Vorlage von Günter Kaltofen entstand.“ Kaltofen war es auch, der die Inszenierung am Hans Otto Theater in Potsdam verantwortete. Das hört sich zumindest nach einer guten Erklärung an. Und ob Zaubermännchen oder Rumpelstilzchen: Wichtig ist, dass das Märchen aus der DDR auch heute noch Kult ist – und dass die Zuschauer daran Freude haben. Aktuell ist der Film übrigens beim Streaming-Portal Netflix zu sehen.




