Eine wunderschöne Venus-Skulptur steht in einem Museum in Leipzig. Allerdings ist sie nicht ganz freiwillig dort. Denn ursprünglich stand die nackte Schönheit in einer Bundesbehörde in Berlin-Weißensee, aus dessen Räumlichkeiten man sie vor Monaten entfernen ließ. Der irre Grund für den Rausschmiss: Es gab eine Sexismus-Beschwerde!
Das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (BADV) nahe der Kunsthochschule Weißensee: Zehn Jahre stand dort die nackte Bronzeschönheit aus dem 18. Jahrhundert auf. Und es schien sich bisher auch keiner darüber aufzuregen, wie hüllenlos sich die Dame da den Behörden-Mitarbeitern zeigte. Schließlich ist die Nackte ja auch nicht irgendwer – sondern die Nachbildung einer Venus-Marmorstatue aus dem zweiten bis ersten Jahrhundert v. Chr., die im Uffizien-Palast in Florenz (Italien) steht.
Aber die Zeiten ändern sich auch in einer Behörde. Denn aus dem Bundesamt in Berlin-Weißensee wurde die Venus-Figur „Venus Medici“ entfernt. Ein Bild-Bericht wird von einer Sprecherin des Bundesverwaltungsamtes bestätigt.
Das Bundesverwaltungsamt ist unter anderem für die Verwaltung der Immobilie des BADV zuständig. Eine Sprecherin erklärte dem KURIER, dass es „einen Hinweis der Gleichstellungsbeauftragten des Bundesamtes für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen gab, dass die Statue ‚Venus Medici‘ als sexistisch empfunden werden und sich deshalb Handlungsbedarf aufgrund des Bundesgleichstellungsgesetzes ergeben könnte.“

Laut diesem Gesetz müssen Mitarbeiter in Firmen und Behörden vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz geschützt werden. Das gehört zu den Aufgaben des Gleichstellungsbeauftragten. Ob das Aufstellen von wertvollen Venus-Figuren dazugehört, wird im Gesetztext nicht erwähnt. Aber wie man sieht, hat nun die nackte Bronzeschönheit zumindest die Gemüter so weit erregt, darüber nachzudenken, ob so eine Statue in einer Behörde stehen muss.
Venus aus Bundesbehörde verbannt: Die Skulptur gehörte einst Nazi-Verbrecher Hermann Göring
Aufgrund des Hinweises wurde gehandelt, so eine Sprecherin des Bundesverwaltungsamtes. Und so wurde die Venus-Skulptur, gehört, aus dem Bundesamt für offene Vermögensfragen im vergangenen Jahr entfernt. Das Kunstwerk, das einst im Besitz von Nazi-Größen wie Reichsmarschall Hermann Göring war und nun der Bundesrepublik gehört, wurde daraufhin an das „Grassi Museum für angewandte Kunst“ in Leipzig verliehen.

Dort hat man mit der nackten Schönheit keine Probleme. Auf der Internetseite des Museums wird sogar darauf hingewiesen, dass diese Venus-Darstellung sogar sehr keusch sei: „Die Göttin wird nach dem mythischen Typus der ,pudica‘ (keusch) dargestellt – ertappt, wie sie instinktiv ihre Brüste und Scham bedeckt, als ob sie sich von einem indiskreten Blick beobachtet fühlt.“ Nix mit Sexismus.
Aber der Venus-Fall ist kein Einzelfall in Berlin. 2016 wurden etwa im Rathaus Köpenick zwei Aktfotografien entfernt, die im Flur der Einbürgerungsstelle hingen. Zwar schien das niemanden zu stören. Dennoch ließ das Bezirksamt die Aktfotos abhängen, die Laienkünstler des Colorklub Berlin-Treptow gemacht hatten.
In einer Mail wurde das damals so begründet: „Es kommen viele Menschen mit Migrationshintergrund in das Rathaus (z.B. wegen Einbürgerung), deren religiöse Gefühle durch Aktfotos nicht verletzt werden sollen.“ In Wahrheit hatten sich wohl nur Ratshausmitarbeiterinnen und eine Bürgerin über die zwei Aktfotos beschwert – alle ohne Migrationshintergrund.
Was sagen Sie zu der Entscheidung der Bundesbehörde, eine Venus-Figur aus dem Amt zu entfernen? Bitte schreiben Sie uns Ihre Meinung: leser-bk@berlinerverlag.com