CDU und SPD nicht einig

Zerbricht Berliner Senat am Böllerverbot?

Innensenatorin Iris Spranger (SPD) will künftig nur Sonderflächen fürs Silvester-Knallen, der Regierende Kay Wegner und die CDU wollen harte Strafen. Ansonsten soll alles so bleiben, wie es ist.

Author - Norbert Koch-Klaucke
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Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) Innensenatorin Iris Spranger (SPD) sind sich beim Thema Böllerverbot nicht einig.
Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) Innensenatorin Iris Spranger (SPD) sind sich beim Thema Böllerverbot nicht einig.Sebastian Christoph Gollnow/dpa

Ein bundesweites Böllerverbot ist aktuell das heiß diskutierte Thema in unserem Land. Fast zwei Millionen Menschen haben nach dem Silvester-Wahnsinn mit fünf Böller-Toten und Hunderten Verletzten die Petition der Berliner Gewerkschaft der Polizei (GdP) unterschrieben, die genau das fordert. Und es werden täglich mehr. Auch in der Politik wird gerade über das Böllerverbot heftig gestritten – vor allem in der Hauptstadt könnte daran der Senat zerbrechen.

So „friedlich“ war der Jahreswechsel in Berlin: Über 30 unbewohnbare Wohnungen in Schöneberg, mehrere Verletzte, darunter ein siebenjähriger Junge, der notoperiert werden musste – alles verursacht durch das Explodieren illegaler Kugelbomben, die in der Silvesternacht sogar gegen Menschen geworfen wurden. Acht Polizisten wurden verletzt, weil Böller-Kriminelle Feuerwerkskörper auf Einsatzkräften von Polizei und Feuerwehr warfen.

1453 Straftaten, 360 Verletzte: Das ist die Bilanz zum Jahreswechsel 20224/25 in Berlin. 670 Verdächtigte wurden gefasst. Einer sitzt nach seinem Raketenschuss in ein Kinderzimmer nun in U-Haft, weil bei dem Mann aus dem Westjordanland, der seine Tat auch noch schön für seinen Social-Media-Kanal filmte, Fluchtgefahr bestand. Am BER wurde er festgenommen.

Polizei und Feuerwehr richten aufgrund der Silvestervorkommnisse eine klare Botschaft an den Senat. „Es darf kein ,Weiter so‘ geben“, sagt Landesbranddirektor Karsten Homrighausen.

Doch statt Einigkeit zu demonstrieren, zoffen sich CDU und SPD um das Thema Böllerverbot. Beide Parteien riskieren sogar einen Zoff, der den Senat zerrütten könnte. Innensenatorin Iris Spranger (SPD) machte gerade am Dienstag in der ersten Senatssitzung des Jahres unmissverständlich klar, dass sie sich beim Bund für eine Neuausrichtung des Sprengstoffgesetzes stark machen wolle.

Eine Öffnung des Gesetzes könnte Berlin künftig ermöglichen, das man die Stadt zu Silvester komplett zur Böllerzone erklärt, in der es nur wenige Sonderflächen zum Abfackeln privater Feuerwerke geben soll. Was andere Bundesländer machen, sei deren Sache. So will es Innensenatorin Spranger. Ihren Plan hat sie bereits Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) mitgeteilt.

Böllerverbot in Berlin: SPD dafür, CDU dagegen

Unterstützung bekommt Spranger im Abgeordnetenhaus vom SPD-Fraktionschef Raed Saleh. „Es ist einfach nicht mehr zeitgemäß, dass sich alle Sprengstoff kaufen und drauflos böllern“, sagt er.

GdP-Landeschef Stephan Weh beim Sammeln der Unterschriften für ein bundesweites Böllerverbot.
GdP-Landeschef Stephan Weh beim Sammeln der Unterschriften für ein bundesweites Böllerverbot.epd/imago

Heftigen Gegenwind bekommt die SPD vom Koalitionspartner CDU, der im Senat das Sagen hat. Denn der Regierende Bürgermeister Kai Wegner lehnt ein generelles Böllerverbot ab. Er wolle keine „Scheinlösungen“ haben.

Was Wegner darunter versteht, erklärt seine Sprecherin Christine Richter so: Erstens seien nach Ansicht des Regierenden Kugelbomben für die private Nutzung sowieso schon verboten.

Außerdem gebe es bei den von der SPD vorgeschlagenen Feuerwerk-Erlaubniszonen noch so manche Probleme zu klären – etwa wer das alles kontrollieren soll und wo denn diese Erlaubniszonen eingerichtet werden. Aber auch der Regierende weiß, dass man aus dem vergangenem Silvester Konsequenzen ziehen muss.

CDU-Fraktionschef Dirk Stettner gibt da schon klare Antworten. Er lehnt Verbote ab und setzt auf hartes Durchgreifen von Polizei und Justiz. „Wer zukünftig gewalttätig wird, unerlaubtes Feuerwerk zündet, mit Böllern auf andere Menschen oder Wohnungen schießt, muss aus dem Verkehr gezogen werden“, sagt er.

Böllerverbot: DAS sagen die KURIER-Leser

Beim Thema Böllerverbot gehen die Meinungen auch bei den KURIER-Lesern auseinander. „Weil einige Idioten sich nicht benehmen können, müssen alle, die vernünftig damit umgehen, leiden?!“, so Gunnar Hoppe.

Für viele Leser ist ein Böllerverbot „der falsche Weg“. „Was wird passieren?“, fragt Gunnar Hoppe. „Es werden noch mehr illegale Böller aus Polen nach Deutschland kommen, und es wird dadurch noch viel mehr passieren.“ Härte Strafen für Verstöße fordert er.

Leser Dieter Kessler schreibt: „Weil man über den Saustall Berlin die Kontrolle verloren hat, möchte man jetzt in ganz Deutschland das Feuerwerk verbieten.“ Das ginge nun gar nicht. Sein Vorschlag: „Um Berlin einfach eine Mauer bauen, dann können sie in Berlin machen, was sie wollen, und der Rest von Deutschland hat seine Ruhe.“

Es gibt aber auch Zuspruch unter den Lesern. „Es ist doch schön, dass sich bereits fast zwei Millionen Menschen für ein privates Böllerverbot ausgesprochen haben“, schreibt Leserin Linda Bölke. „Niemand von den Böllerfreunden denkt an die alten Menschen, an traumatisierte Kriegsflüchtlinge oder an die vielen Tiere. Es spricht doch nichts dagegen, in jedem Bezirk einen Platz für ein zentrales Feuerwerk einzurichten.“

Liebe Leser, was sagen Sie zu einem Böllerverbot? Schreiben Sie uns an leser-bk@berlinerverlag.com oder kommentieren Sie unseren Beitrag auf Facebook oder bei X. Wir freuen uns auf Ihre Zuschriften!