Mindestens fünf Tote, Hunderte von Schwerverletzten – das ist die bundesweite Bilanz aus der Silvesternacht. In Berlin musste sogar ein siebenjähriger Junge notoperiert werden, der in einer Menschenmenge stand, in der Unbekannte eine Kugelbombe geworfen hatten. Es wurde in der Stadt geböllert, als wäre an Silvester ein Krieg ausgebrochen. Doch damit könnte bald Schluss sein. Denn die Polizei-Gewerkschaft macht jetzt den ersten Schritt zu einem bundesweiten Böllerverbot, das Millionen nun befürworten.
Die Berliner Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat mit der Deutschen Umwelthilfe am Montag eine entsprechende Petition den Vertretern des Bundesinnenministeriums überreicht, die 1,9 Millionen Menschen unterschrieben haben. Denn Behördenchefin Nancy Faeser (SPD) ist im rechtlichen Sinne diejenige, die dafür sorgen könnte, dass die Stellschrauben in Richtung bundesweites Böllerverbot endlich fester angezogen werden.
„Wir haben diese Petition als Berliner GdP ins Leben gerufen, um unsere Kolleginnen und Kollegen vor Gewalt durch Pyrotechnik zu schützen“, sage GdP-Landeschef Stephan Weh. Die gewählten Volksvertreter hätten einen demokratischen Auftrag und wenn sie jetzt nicht handelten, werde es in den nächsten Jahren immer schlimmer.
Der Silvester-Wahnsinn muss ein Ende haben. Und es geht den Initiatoren der Petition für ein Böllerverbot schon lange nicht mehr darum, dass in der Nacht der Jahreswechsel Polizisten und Feuerwehrleute von Knalldeppen mit Feuerwerkskörpern beworfen und verletzt werden. Es geht um viel mehr.
Böllerverbot: DARUM befürworten es so viele Berliner
Denn in jener Silvesternacht geschah in Berlin noch viel Schlimmeres. Ein Knalldepp zündete eine verbotene Kugelbombe an der Hauptstraße in Schöneberg. Die heftige Detonation beschädigte mehrere Häuser, 36 Wohnungen sind derzeit nicht bewohnbar.
Ein Influencer schießt in Neukölln eine Silvester-Rakete in ein offenes Fenster eines Kinderzimmers und zeigt auch noch öffentlich das Video im Internet. Seine nachträgliche Entschuldigung nutzte nichts. Gegen den 23-Jährigen aus dem Westjordanland wurde Haftbefehl erlassen, wurde am vergangenen Wochenende auf dem Flughafen BER festgenommen und sitzt nun in Untersuchungshaft.
Der Böller-Kriminelle, der in der Silvesternacht in Tegel eine Kugelbombe in eine Menschenmenge warf, bei der ein siebenjähriger Junge lebensgefährlich verletzt wurde, sitzt leider noch nicht. Nun bittet sein älterer Bruder, dass sich Zeugen melden, damit der Böller-Kriminelle gefasst wird.
Auf dem türkischsprachigen Instagram-Account „berlinetkinlikleri“ (übersetzt: berlinevents) sagte er über den Zustand seines kleinen Bruders: „Bei der Explosion sind seine Beine aufgeplatzt, er hat Verletzungen im Genitalbereich.“

Laut der Senatsgesundheitsverwaltung sind 63 Menschen durch Feuerwerk verletzt worden. Davon kamen 52 stationär in einem Krankenhaus, sagt Gesundheitssenatorin Ina Czyborra. „Es gab zahlreiche Personen, die schwer und schwerst verletzt wurden“, so die SPD-Politikerin. Bei einigen gebe es keine Aussicht auf eine vollständige Genesung.
Genau diese Fakten sorgten nun dafür, weshalb mehr Menschen sich für ein Böllerverbot aussprechen. Als die Petition der Polizeigewerkschaft vor zwei Jahren startete, gaben nur ein paar Menschen ihre Unterschrift. Nach dem jetzigen Wahnsinns-Silvester sprang die Zahl der Unterschriften enorm an. 1,9 Millionen Menschen haben sie aktuell unterzeichnet.
Böllerverbot: DAS will der Senat
Auch wenn Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Innenministerin Nancy Faeser (SPD) sich bereits gegen ein Böllerverbot ausgesprochen haben – die Petition für ein Böllerverbot könnte trotzdem ein Teil ihres Zieles erreichen.
Denn sie ist auch an Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) gerichtet. Im Gegensatz zum Regierenden Kai Wegner (CDU) strebt sie an, dass Berlin zur Böllerverbotszone erklärt wird, nur auf wenigem Sonderflächen in der Stadt soll zu Silvester das Abbrennen von privatem Feuerwerk erlaubt sein.
So viele Berliner mittlerweile ein Böllerverbot befürworten, so manche sind aber auch skeptisch, dass es erfolgreich durchgesetzt wird. Das ist jedenfalls die mehrheitliche Meinung der KURIER-Leser, die uns zu diesem Thema schrieben.
„Diejenigen, die Polizei und Rettungskräfte mit Feuerwerk bewerfen, wird ein Böllerverbot genauso wie ein Messerverbot überhaupt nicht jucken. Die machen hier sowieso, was sie wollen und lachen uns alle aus“, schreibt uns ein Leser auf Facebook, der sich Hotte de Wynter nennt.
Leser Tom Stenzel erklärt: „Verbote bringen doch nichts. Dann wird es noch schlimmer, weil noch mehr rumgebastelt wird.“ Der Berliner Marco Möhring hat auch Zweifel. Ob ein Böllerverbot überhaupt etwas bringt. „Kontrollieren kann und wird das eh keiner. Schon jetzt wird ja nicht kontrolliert“, schreibt er. „Wer vor 18Uhr am Silvesterabend knallt, kann eine Strafe von bis zu 10.000 Euro bekommen. Mir ist nicht ein Fall bekannt, wo das durchgezogen wurde.“
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