Stille Straße

Wut-Rentner aus Pankow: Wer gibt uns eine halbe Million für die Sanierung?

Wie geht es weiter für die ältesten Hausbesetzer der Welt in Pankow? Ihr Haus müsste renoviert werden, aber der Bezirk ist pleite.

Author - Stefanie Hildebrandt
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Margret Pollack steht in der Tür zur Begegnungsstätte in der Stillen Straße in Pankow. Wie es Ende des Jahres weiter geht, wissen die Senioren noch nicht.
Margret Pollack steht in der Tür zur Begegnungsstätte in der Stillen Straße in Pankow. Wie es Ende des Jahres weiter geht, wissen die Senioren noch nicht.Hildebrandt

Wie geht es weiter mit der wohl berühmtesten Seniorenfreizeitstätte der Stadt? Die Rentner in der Stillen Straße in Pankow bangen wieder um ihr Haus. Ende des Jahres endet der Nutzungsvertrag zwischen Bezirk und Träger Volkssolidarität, doch noch ist kein Plan für die Zukunft in Sicht. Zumindest der Bezirk Pankow aber stellt sich hinter die Einrichtung, die es mit einer Besetzung der Räume 2012 zu Weltruhm brachte.

Pankow braucht Begegnungsstätten für Jung und Alt

Die damalige Bezirksstadträtin für Soziales und heutige Bürgermeisterin in Pankow Cordelia Koch hatte 2023 die bezirkliche Sicht auf die Liegenschaft und den Standort ausarbeiten lassen, heißt es in einer Antwort auf eine KURIER-Anfrage von Bezirk. „Es stellte sich dabei heraus, dass in der Bezirksregion gesellschaftliche Begegnungsräume gebraucht werden.“

Der Bedarf an Begegnungsstätten ist also da, aber das Geld ist knapp in Pankow: „Der Bezirk kann den fortlaufenden Betrieb aufgrund der aktuellen Haushaltslage nicht aus eigenen Mitteln decken.“ Hier kommt nun der Träger der Begegnungsstätte, die Volkssolidarität, ins Spiel, die seit 2013 die Betriebskosten in der Stillen Straße trägt.

Kann das Berliner Altenhilfestrukturgesetz helfen?

Das Bezirksamt stellt keine finanziellen Mittel bereit, weil für freiwillige Leistungen der Bezirke keine speziellen Mittel vom Senat zur Verfügung gestellt werden. Hier könnte und soll in Zukunft eine Berliner Neuerung helfen. Im Koalitionsvertrag ist fest vereinbart, dass Berlin das Altenhilfestrukturgesetz auf den Weg bringt. Was bisher freiwillige Leistungen für Alte galt, könnte dann als Pflichtauftrag für die öffentliche Hand verstanden werden.

Eveline Lämmer ist zugleich Vorständin in der Stillen Straße und Vorsitzende des Landesseniorenbeirats Berlin, sie setzt sich seit Jahren für das Gesetz ein. „Berlin ist hier Vorreiter, alle anderen Bundesländer warten darauf“, sagt sie. „Orte, an denen sich Menschen begegnen können, sind Grundpfeiler der Demokratie“, weiß sie.

Eveline Lämmer setzt sich für das Altenhilfestrukturgesetz ein. Das Gesetz könnte die Hängepartie um die Stille Straße beenden helfen.
Eveline Lämmer setzt sich für das Altenhilfestrukturgesetz ein. Das Gesetz könnte die Hängepartie um die Stille Straße beenden helfen.Emmanuele Contini

Einrichtungen wie die Stille Straße wären dann in jedem Bezirk verpflichtend anzubieten, um die Teilhabe von Senioren zu fördern. Das Gesetz, das seit Jahren erarbeitet wird, befindet sich derzeit in der Mache, die einzelnen Senatsverwaltungen haben bereits Zustimmung signalisiert. Allein die Finanzverwaltung sträubt sich.

Für die Stille Straße muss aber so oder so zeitiger eine Lösung her, auch wenn das Altenhilfestrukturgesetz, wie vereinbart, bis zum Ende der jetzigen Legislaturperiode verabschiedet sein sollte. Das Problem: die alte Villa, in der einst Erich Mielke wohnte, muss renoviert werden. 2013 wurde der gesamte Sanierungsbedarf mit 2,3 Mio. € beziffert, so ein Bezirkssprecher.

Mielke-Villa müsste renoviert werden

Ein weiteres Baugutachten aus dem Jahr 2023 kommt immerhin auf 491.250 Euro allein für die unmittelbare Instandsetzungs- und Reparaturkosten. „Diese Kosten kann das Bezirksamt Pankow nicht aus eigenen Mitteln finanzieren“, so der Sprecher. Man werde den Träger aber natürlich gern aktiv bei der Akquise von Drittmitteln unterstützen.

Außerdem wünscht man sich im Bezirk, dass in Zukunft am Gebäude auch sichtbar wird, dass es sich mit dem ehemaligen Wohnhaus von Stasi-Chef Erich Mielke um einen historischen Ort handelt. Der Bezirk arbeite zudem schon lange sehr gern mit der Volkssolidarität zusammen und würde die Kooperation auch gern fortsetzen.

Alles in Butter also? Nicht ganz: von der Volkssolidarität heißt es, für genaue Informationen zur Zukunft der Stillen Straße sei es derzeit noch zu früh. Man sei dazu im intensiven Austausch. Das Bangen für die Senioren geht also in die nächste Runde.