Große-Leege-Straße

Kiez-Zoff in Alt-Hohenschönhausen: Grüner Boulevard löst Proteste aus

200 Parkplätze sollen weichen, Anwohner in dem Berliner Kiez prangern grüne Ideologie statt Problemlösungen an.

Author - Stefanie Hildebrandt
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Die Große-Leegestraße in Alt-Hohenschönhausen soll umgestaltet werden.
Die Große-Leegestraße in Alt-Hohenschönhausen soll umgestaltet werden.CDU Lichtenberg

In Alt-Hohenschönhausen kocht die Stimmung. Was als „Diskussionsveranstaltung“ gedacht war, entwickelt sich nun zu einem politischen Dauerstreit. Bezirksstadträtin Filiz Keküllüoğlu (Grüne) hatte vor einigen Wochen Bürger zur Vorstellung erster Ideen für das „Entwicklungskonzept Große-Leege-Straße“ geladen – doch viele Anwohner fühlten sich überrumpelt. Jetzt hat sich die örtliche CDU in die Debatte eingeschaltet.

Schon im Einladungsschreiben setzte Keküllüoğlu den Ton: Man wolle „den Straßenraum neu denken“ und verfolge „das Ziel, den Promenadencharakter wiederherzustellen“. Wichtig seien „Stadtklima und Biodiversität“.

Die Große-Leege-Straße soll umgebaut werden, dafür fallen aber bis zu 200 Parkplätze der Anwohner weg. Bei vielen klang das Vorhaben der Grünen wie ein Schlag ins Gesicht.

„Was die Menschen wirklich interessiert …“

Ein Anwohner brachte die Kritik laut Berliner Zeitung deutlich auf den Punkt: „Eine echte Bürgerbeteiligung – keine verdeckte – sieht nicht so aus, dass in Zeiten klammer Kassen drei bereits bezahlte Konzepte vorgelegt werden, die im Kern alle für die Anwohner das gleiche Problem ausweisen.“

Im Kiez gäbe es andere Probleme, so ein Anwohner in einem offenen Brief an die Stadträtin. Er beklagt, dass im Kiez bereits enormer Druck herrsche:
„Ist Ihnen klar, wie viele Flüchtlinge in Alt-Hohenschönhausen in den vergangenen Jahren untergebracht wurden und wie viel Neubau hier bereits entstanden und noch immer am Entstehen ist?“

Vorschlag für die Umgestaltung der Großen-Leegestraße.
Vorschlag für die Umgestaltung der Großen-Leegestraße.Studio Polymorph Rendering

Statt Lösungen für drängende Probleme gebe es vor allem eins: den Plan, Parkplätze abzuschaffen. Der Vorwurf „Die Politik veranlasst Zuzug, aber die Infrastruktur wächst nicht mit. Die Menschen finden keine bezahlbaren Wohnungen mehr, keinen Facharzt, nicht mal einen Hausarzt, der noch aufnimmt. Sie schicken ihre Kinder in Schulen, in denen nicht mehr daran zu denken ist, dass sie am Ende der ersten Klasse lesen und schreiben können.“  Und was machen die Grünen? „Sie streichen Parkplätze.“

200 Parkplätze in Gefahr – CDU attackiert Plan scharf

Bei der Vorstellung der ersten drei Varianten zur Umgestaltung der Straße wurde klar: Der geplante begrünte Boulevard würde rund 200 Parkplätze kosten, bis zu 70 Prozent der Stellplätze könnten verschwinden. Auch die CDU-Fraktion in Lichtenberg reagierte sofort. Ihre Pressemitteilung, als der Streit hochkochte, trägt den deutlichen Titel:
„Ideologisch motivierte Planungen gehen am Bürgerwillen vorbei!“

Verkehrspolitiker Mike Krüger kritisiert: Das Projekt „würde lediglich dafür sorgen, dass bis zu 70 Prozent der Parkplätze verloren gehen würden“. Eine Flaniermeile werde die Straße damit „noch lange nicht“. Jeder weitere Arbeitstag an diesem Projekt sei „ein Schlag ins Gesicht all jener, die eine sachorientierte, bürgernahe Verkehrspolitik erwarten“.

35.300 Euro für Studie – aber Bürger erst spät gefragt

Erarbeitet wurden die Varianten laut Bezirksamt vom Büro studio polymorph Landschaftsarchitekten. Beauftragt wurde auf Basis einer Ausschreibung. Für die Machbarkeitsstudie, die „Aufenthalts- und Erholungsqualität“ verbessern und das Mikroklima stärken soll, zahlte der Bezirk 35.300 Euro.

Doch viele fragen: Warum wurden sie nicht vorher einbezogen?

Erst am 13. Oktober – also nach Erstellung der Varianten – durften Anwohner erstmals kommentieren. Genau das sorgt für Bitterkeit: „Nur schade, dass im Vorfeld der Studie nicht Anwohner mit ihren Ideen, Wünschen und Vorschlägen konsultiert wurden“, heißt es.

Das Bezirksamt betont hingegen: Die Varianten seien „ausdrücklich nicht als fertige Entwürfe“, sondern nur als Diskussionsgrundlage gedacht. Der Bezirk stehe „komplett am Anfang der Beteiligung“.

Was bisher aus der Beteiligung hervorgeht

Laut Bezirksamt wurden bislang vor allem folgende Punkte wiederholt angesprochen:

Starke Hitzebelastung im Sommer, der Wunsch nach mehr schattenspendenden Bäumen, Fragen zu Verkehrsführung, Parken, sicheren Schulwegen, Bedarf an Radinfrastruktur, Wunsch nach gepflegten Aufenthaltsorten.

Die Online-Beteiligung läuft derzeit aus, eine weitere Bürgerrunde soll am 2. Dezember 2025 stattfinden.

Martin Pätzold: „Einwände wurden ignoriert“

CDU-Abgeordneter Prof. Dr. Martin Pätzold geht mit dem bisherigen Prozess hart ins Gericht: „Die sogenannte Bürgerbeteiligung war bisher alles andere als überzeugend, viele berechtigte Einwände wurden ignoriert“, sagt er und fordert ein komplettes Überdenken der Pläne: „Wir brauchen Lösungen, die den Alltag der Menschen berücksichtigen und keine Ideenskizzen, die an der Realität vorbeigehen.“

Was denken Sie, haben die Bezirke andere Probleme als die grüne Umgestaltung? Schreiben Sie uns an leser-bk@berlinerverlag.com