Wird das 49-Euro-Ticket zum Un-Sozial-Ticket?
Die Kritik am 49-Euro-Ticket wächst. Unsozial, wenig nützlich und für den falschen Ansatz halten manche Experten es.

Es ist soweit, monatelang haben viele Fahrgäste auf die Einführung des 49-Euro-Tickets gewartet. Zum 1. Mai ist es nun deutschlandweit gültig. Doch mit der Einführung regt sich auch erneut Kritik an dem Abo-Fahrschein. „Zu teuer, zu unflexibel, zu unsozial“, heißt es.
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Das 49-Euro-Ticket ist bundesweit im Nah- und Regionalverkehr gültig und wird als Abo verkauft. Es ist also quasi ein Wochenendticket für das ganze Jahr! Durch seinen günstigen Preis soll es vor allem Autofahrer in Busse und Bahnen locken und damit das Klima schützen. Doch nicht alle sehen diese Ziele als erreichbar an.
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Wirtschaftsexperte würde 49-Euro am liebsten wieder abschaffen
So kritisiert der Wirtschaftsexperte Christian Böttger das 49-Euro-Ticket als Angebot. Er würde es am liebsten gleich wieder abschaffen. „Ich wünsche mir, dass das Ticket so teuer wird, dass es stirbt und wieder abgeschafft wird“, so Böttger in einem Interview mit der Berliner Zeitung.
Zudem würde das Ticket laut Böttger den Staat bis zu 5 Milliarden Euro pro Jahr kosten. „Dieses Geld könnte man besser und sinnvoller anlegen“, sagt der Professor an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin. Nur wenige Leute würde so wohl vom Auto auf den Nahverkehr umsteigen. Schon beim 9-Euro-Ticket habe das nicht geklappt, meint Böttger.
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Böttger: „Vom Deutschlandticket profitiert vor allem die Mittelschicht“
Auch sozial sei das Ticket keineswegs. „Vom Deutschlandticket profitiert vor allem die Mittelschicht, die nicht besonders entlastungsbedürftig ist“, so Böttger. Vor allem Pendler würden finanziell entlastet, die ohnehin schon Bahn führen. Ähnlich sieht es auch der Publizist Max Czollek. „Diejenigen, die es wirklich brauchen, werden vom 49-Euro-Ticket nicht präzise genug ins Auge genommen“, kritisierte er in der ARD-Sendung Deutschland3000.
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In einem Beitrag des Spiegel wies eine Armutbetroffene darauf hin, dass der Ticketpreis über dem liege, was beim Bürgergeld für Mobilität veranschlagt sei. Das sind nämlich nur 45,02 Euro und damit knapp 4 Euro zu wenig. „Ich halte das, Entschuldigung für die Formulierung, für einen Arschtritt“, beschwerte sich Heike Towae dort,
Umständlicher Kauf und Konkurrenz für andere Verkehrsangebote
Auch viele Nutzer auf Twitter finden weitere Probleme des Tickets. So sei das Ticket meist nicht ohne Schufa zu erhalten. Immerhin kündigte das Bundesverkehrsministerium an, dieses Problem zu beheben. Doch das Ticket wird es wohl dennoch nicht einfach am Automaten geben.
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Befürchtungen hat Wirtschaftsexperte Christian Böttger zudem für private Konkurrenten der Bahn, deren Fahrtangebote nicht im Deutschland-Ticket inklusive seien. „Aus meiner Sicht ist absehbar, dass Gelegenheitskunden vom Flixtrain oder Flixbus zum Regionalverkehr abwandern werden, weil dort das Deutschlandticket gilt“, sagt er.
Doch ob die Schwarzmalerei am Ende so eintritt, ist noch nicht ausgemacht. An vielen Nahverkehrs-Ticketschaltern gab es in den vergangenen Tagen noch lange Schlangen.