Geheime Geschichte

Wie der Stollen seinen Weg nach Berlin fand

Berliner Stolle-Geheimnis gelüftet! Vom Fastengebäck zum Festklassiker – die süße Reise der Stolle vom Dresdner Mittelalter bis in die Hauptstadt.

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So geht Stollen: echter Dresdner Christstollen auf dem Weihnachtsmarkt.
So geht Stollen: echter Dresdner Christstollen auf dem Weihnachtsmarkt.snapshot/imago

Er gehört zur Weihnachtszeit wie der Tannenbaum, Weihnachtslieder und Glühwein: Der Stollen, oder, wie die Berliner sagen, die Stolle. Die Bezeichnungen „Dresdner Stollen“, „Dresdner Christstollen“ und „Dresdner Weihnachtsstollen“ sind zwar geografisch geschützte Angaben (d.h. dieses Gebäck darf nur aus Dresden kommen), aber das hindert die Berliner natürlich nicht daran, ihre eigenen Stollen zu backen. Aber: Wie hat es der Stollen überhaupt geschafft, so weit zu reisen und endlich nach Berlin zu kommen? Der KURIER geht der Sache auf den Grund.

Früher war der Christstollen ein Fastengebäck

Unsere Geschichte fängt um das Jahr 1400 an: Damals wurde der Stollen als Fastengebäck erfunden. Und wer sich darüber jetzt wundert: Mit unserem heutigen Stollen hatte dieses Gebäck nicht viel zu tun, es bestand nur aus Mehl, Hefe und Wasser. Butter und Milch hatte die Kirche beim Backen damals verboten. Doch dann kam die Stollen-Wende. 1470 bitten Kurfürst Ernst von Sachsen und sein Bruder Albrecht Papst Innozenz den VIII., das Butterverbot aufzuheben. Der Heilige Vater kam der Bitte mit dem „Butterbrief“ nach und erlaubte, Butter, Milch und feine Zutaten wie Rosinen, Mandeln und Früchte für Stollen zu verwenden – bei Zahlung einer Buße.

Den Striezelmarkt in Dresden gibt es noch heute.
Den Striezelmarkt in Dresden gibt es noch heute.epd/imago

Industrialisierung bringt den Stollen über die Grenze

Ab 1500 wurde der Stollen auf dem Striezelmarkt verkauft, ab 1560 übergaben die Stollenbäcker ihrem Landesherrn zum heiligen Fest ein oder zwei riesige Stollen - der Brauch verfestigte sich, die Rezeptur wurde wegen des edlen Publikums immer mehr verfeinert und seit 1617 gehört der Christstollen fest zum Feste.

Handelswege verbreiteten die sächsische Backtradition im 18. Jahrhundert über die Grenzen hinaus und die Stolle schaffte es so auch vereinzelt nach Preußen und Berlin, wo das Gebäck an regionale Geschmäcker angepasst wurde. Die Industrialisierung im 19. Jahrhundert sorgte schließlich dafür, dass die Produktion und Verbreitung leichter wurde und dadurch wurde das festliche Gebäck endlich breiter verfügbar, auch in der Hauptstadt. Legendär ist zum Beispiel die Bäckerei Kreutzkamm, die 1825 in Dresden eröffnet wurde und ab dem späten 19. Jahrhundert auch an Kunden außerhalb Sachsens Stollen verkaufte. Dank dieser Bäcker können wir heute auch in Berlin in den weihnachtlichen Genuss kommen.