Schwere Vorwürfe

TU-Präsidentin soll Hass-Post gelikt haben - jetzt gibt sie es zu!

Die Hochschul-Chefin Gabriele Rauch steht unter Druck. CDU und SPD fordern sie auf, eine Erklärung abzugeben. 

Author - Norbert Koch-Klaucke
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Geraldine Rauch, Präsidentin der TU-Berlin
Geraldine Rauch, Präsidentin der TU-BerlinChristoph Soeder/dpa

Die Berliner Hochschulen stehen unter Kritik. Propalästinensische Propaganda, Anti-Israel-Parolen, Besetzungen von Universitätsräumen, die durch die Polizei geräumt werden mussten: Nun steht die Präsidentin der Technischen Universität, Geraldine Rauch, unter Verdacht, im Internet Hass-Post gelikt zu haben. Nach langem Schweigen gab die Wissenschaftlerin den Vorfall zu.

Laut Medienberichten habe Rauch auf Beiträgen auf dem Nachrichten-Portal X (ehemals Twitter) mit „Gefällt mir“-Zeichen markiert, in den angeblich zu Israel-Hass bis hin zu Antisemitismus verbreitet wurden. Es sind schwere Vorwürfe, die da erhoben werden. Die TU-Präsidentin hatte sich zuerst zu den Vorwürfen nicht geäußert.

Nach erst langem Schweigen gab nun die TU-Präsidentin am Mittwochnachmittag den Vorfall zu. Für das Liken umstrittener Posts im Zusammenhang mit dem Gazakrieg hat sich die Wissenschaftlerin entschuldigt. „Ich habe auf der Plattform X einige Tweets ‚geliked‘, welche die Situation in Gaza und Rafah aufgreifen, die aber antisemitischen Inhalts oder Ursprungs sind“, räumte die Wissenschaftlerin in einer Mitteilung ein. Von den antisemitischen Inhalten oder Autoren der Tweets wolle sie sich ganz klar distanzieren.

Sie habe einen Tweet wegen seines Textes geliked und das darunter gepostete Bild zu dem Zeitpunkt nicht genauer betrachtet. „Dies war ein Fehler, für den ich mich aufrichtig entschuldigen möchte, da dieses Bild Symbole nutzt und Gleichsetzungen verwendet, die ich mir nicht zu eigen mache und die ich entschieden ablehne.“

Vorwürfe gegen TU-Präsidentin: Student machte sie öffentlich

Auf dem Fall machte der Medizinstudent und Vize-Präsident der jüdischen Studierendenunion, Noam Petri, aufmerksam. Er teilte einen der Beiträge von Rauch nun öffentlich auf seinem X-Kanal. Zu sehen ist ein Post unter dem Namen von Geraldine Rauch, das ein Foto einer Demo zeigt, auf dem ein Transparent mit dem Bild des israelischen Regierungschefs Benjamin Netanjahu zu sehen ist, das mit Hakenkreuzen beschmiert ist.

Petri schrieb dazu, an die Adresse der TU-Präsidentin gerichtet: „Wieso liken sie Beiträge, auf denen Netanyahu mit Hakenkreuzen beschmiert ist?“ Mittlerweile ist die X-Seite von Geraldine Rauch öffentlich nicht mehr erreichbar.

Der Vorfall sorgt für Empörung in der Politik - vor allem bei Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD). Sie hat jetzt eine öffentliche Klarstellung gefordert. In einem persönlichen Gespräch mit der TU-Präsidentin sei eine entsprechende „klare Erwartung“ geäußert worden, sagte die Senatorin. 

„Es darf zu keiner Zeit einen Zweifel daran geben, dass sich die Berliner Hochschulen von jeglicher Gewalt und Antisemitismus distanzieren und für demokratische Werte einstehen. Vor diesem Hintergrund sind unsere politischen Aussagen, seien sie privat oder dienstlich, sehr sorgfältig und sorgsam zu wählen. Dies erwarte ich auch und insbesondere von Vertreterinnen und Vertretern der Berliner Hochschullandschaft“, sagte Czyborra.

Adrian Grasse, wissenschaftspolitischer Sprecher der Berliner CDU-Fraktion, forderte die TU-Präsidentin auf, sich zu den Vorwürfen zu äußern und sie klarzustellen: „Der Umgang mit offenem Hass und Antisemitismus an der TU Berlin erfüllt uns mit Sorge. Neue Vorwürfe, die TU-Präsidentin habe Posts mit antisemitischen Inhalten gelikt, sind verstörend und nähren Zweifel an der Integrität ihrer Amtsführung. Sie müssen unverzüglich aufgeklärt und klargestellt werden. Frau Rauch sollte dies im eigenen Interesse vorantreiben.“

Likte TU-Präsidentin Hass-Post? Berliner Politiker fordern eine Erklärung

Weiter erklärt Grasse: „Es ist völlig inakzeptabel, wenn die Spitze der TU es hinnimmt, dass jüdische Studierende Angst haben und sich an ihrer Hochschule nicht sicher fühlen. Unsere Hochschulen sind Orte der Exzellenz und der Freiheit. Eine Uni-Leitung, die ihre Hochschule als Ort des Hasses und der Angst duldet, disqualifiziert sich selbst.“

Auch Marcel Hopp, wissenschaftlicher Sprecher der SPD-Fraktion, zeigte sich empört über den Vorfall. „Hochschulen sind ein Ort des freien-kritischen Diskurses, in denen insbesondere in diesen Zeiten umso wichtiger ist, dass von allen Beteiligten eine konsequente Ablehnung von Antisemitismus und Israelhass eingefordert wird“, sagte er. „Dabei geht es auch um den Schutz jüdischer Studierender an unseren Hochschulen. Hochschulleitungen tragen für hierfür eine besondere Verantwortung.“

Hopp forderte vor diesem Hintergrund TU-Präsidentin Geraldine Rauch auf, „die sie an sie gerichteten Vorwürfe öffentlich aufzuklären und sich zum Sachverhalt zu erklären“.

TU-Präsidiumsmitglieder erklären: Tweet war „eindeutig antisemitisch“

Die TU-Präsidenten erklärte am Nachmittag zu dem Tweet: „Für mich stand das schriftliche Statement mit dem Wunsch für einen Waffenstillstand im Vordergrund“, sagte Rauch.„Ich möchte ganz ausdrücklich betonen, dass ich den Tweet nicht geliked hätte, wenn ich die antisemitische Bildsprache aktiv wahrgenommen hätte oder wenn ich mich mit dem Account des Verfassers beschäftigt hätte.“

Präsidiumsmitglieder der TU bezeichneten den Tweet als „eindeutig antisemitisch“. „Das ist ein inakzeptabler Fehler. Von dieser Handlung und von jeglichem Antisemitismus distanzieren wir uns entschieden“, hieß es.

Rauch erklärte, sie wolle sich insbesondere bei den Mitgliedern der TU entschuldigen und nehme die Vorwürfe sehr ernst. Sie sei in der Folge im Austausch mit Antisemitismusforschern und jüdischen Menschen. Bedeutet, sie will wegen des Vorfalls nicht von ihrem Präsidentin-Amt zurücktreten. ■