Laubenpieper in Pankow

Unkraut-Sud und Kriegskartoffeln: Die geheimen Tricks der Berliner Gärtner

Berlins Laubenpieper freuen sich über die Früchte ihrer Arbeit. Aber: Wie haben sie ihre Blumen so bunt und die Tomaten so prall bekommen? Hier verraten Pankower Gärtner ihre Tricks.

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Berlins Kleingärtner haben viele Tricks drauf, damit die Blumen noch prächtiger, die Kürbisse noch dicker und die Äpfel noch praller werden. Bei einem Rundgang in Pankow traf der KURIER unter anderem auf die Garten-Profis Sigrid, Christa und Günter.
Berlins Kleingärtner haben viele Tricks drauf, damit die Blumen noch prächtiger, die Kürbisse noch dicker und die Äpfel noch praller werden. Bei einem Rundgang in Pankow traf der KURIER unter anderem auf die Garten-Profis Sigrid, Christa und Günter.Veronika Hohenstein/Berliner KURIER

Überall in der Stadt grünt und blüht es aktuell prächtig: Tausende Hobby-Gärtner in den Kleingartenanlagen in Berlin genießen momentan den Sommer. Zwischen herrlich bunten Blumenbeeten und Obstbäumen, die so voll sind, dass sogar Äste abbrechen, gönnen sie sich etwas Ruhe. Und das verdient: Viel Arbeit und Schweiß stecken in den Grundstücken, die momentan nach allen Regeln der Kunst strahlen. Nur: Wie bekommen es die heimlichen Garten-Profis hin, dass ihre Blumenbeete so bunt und ihre Früchte so prall werden? Der KURIER hat eine kleine Runde durch Kleingartenanlagen in Pankow gedreht, in den Laubenkolonien Bornholm und Feuchter Winkel nach den geheimen Tricks der Gärtner gesucht. Lesen Sie mal, was sich die Laubenpieper so einfallen lassen …

Kräftige Blumen auf allen Beeten: Sigrid düngt ihre Pflanzen mit Unkraut-Sud

Wer den Garten von Rentnerin Sigrid Scheunemann betritt, der stolpert direkt in ein blühendes Paradies: Bunte Blumen säumen die Wege und Beete, zwischendrin hängen pralle Brombeeren von den Sträuchern. Wie bekommt man das so schön hin? „Gierschsud“, antwortet die Hobby-Gärtnerin sofort. Ihr Trick: Sie setzt Giersch oder Rasenschnitt mit Wasser an, lässt es in einem Eimer etwa 14 Tage ziehen. Dann wird die Mischung verdünnt – ein Teil Sud, neun Teile Wasser, als 500 Milliliter Sud auf eine Gießkanne mit insgesamt fünf Litern Fassungsvermögen. Damit gießt sie damit ihre Beete. „Das ist nicht nur gut für die Blumen, das ist gut für alles“, sagt sie. Zwischen den vielen bunten Blüten kann sich die Seniorin gut erholen. Und das ist neben der schönen Arbeit an der frischen Luft der Grund, dass sie einen Garten hat. „Die Ruhe ist einfach herrlich!“

Gärtnerin Sigrid Scheunemann gießt ihre Blumen mit einem Sud, den sie mit Wasser und Rasenschnitt oder Giersch angesetzt hat. Zur Belohnung strahlt ihr Garten in der Laubenkolonie Bornholm in prächtigen Farben.
Gärtnerin Sigrid Scheunemann gießt ihre Blumen mit einem Sud, den sie mit Wasser und Rasenschnitt oder Giersch angesetzt hat. Zur Belohnung strahlt ihr Garten in der Laubenkolonie Bornholm in prächtigen Farben.Veronika Hohenstein/Berliner KURIER

Günters riesige Sonnenblumen: Auf Standort und Nässe kommt es an!

Wer am Grundstück von Günter Schmidt vorbeiläuft, der sieht sofort die gelben Riesen in seinem Garten. Die XXL-Sonnenblumen sind es, die selbst den 1,85 Meter großen KURIER-Reporter um mehrere Köpfe überragen. Wie es geht? „Es ist ganz einfach: Die Samen werden im Frühjahr gesteckt – und dann muss man sie einfach nur kontinuierlich feucht halten“, sagt der Hobby-Gärtner, der sein kleines Stückchen Paradies seit 2004 bewirtschaftet. Ausgesät hat er sie extra an einem sonnigen Fleckchen seines Gartens, damit sie genug Licht bekommen. Die Größe tut ihnen aber nicht immer gut. Je größer die Sonnenblumen werden, desto schneller knicken sie um. Gut, dass der 84-Jährige eine Stütze eingebaut hat: Das Gestell einer ausgemusterten Hollywoodschaukel gibt ihnen Halt – und ganz nebenbei können hier noch die Bohnen wachsen.

Hobby-Gärtner Günter Schmidt ist stolz auf seine riesigen Sonnenblumen. Die wachsen zwar von ganz allein, sagt er. Aber das richtige Aussäen, der perfekte Standort und das Gießen sind trotzdem wichtig.
Hobby-Gärtner Günter Schmidt ist stolz auf seine riesigen Sonnenblumen. Die wachsen zwar von ganz allein, sagt er. Aber das richtige Aussäen, der perfekte Standort und das Gießen sind trotzdem wichtig.Veronika Hohenstein/Berliner KURIER

Peters Fensterbrett-Trick: Wer Tomaten will, muss zu Hause anfangen

Bei einer Sache kann man sich im Garten von Peter Klein sicher sein: Die Tomaten werden dem Berliner vermutlich so schnell nicht ausgehen. In mehreren Beeten und im Gewächshaus sprießen die Pflanzen. Warum sie so gut wachsen? Klein zieht sie aus Samen, die er sich im Fachhandel besorgt, selbst – und zwar auf dem eigenen Fensterbrett. „Sie werden erst in einer Saatschale gezogen, dann vereinzelt und in kleine Töpfchen gepflanzt“, sagt er. Wenn sie etwa 20 Zentimeter groß sind, kommen sie raus in den Garten – aber erst, wenn im Frühjahr der Frost überstanden ist. Dann haben die Pflänzchen bereits so viel Liebe abbekommen, dass sie sich gut entwickeln. Nur in diesem Jahr hat der Regen ihnen etwas zugesetzt. Den Garten hat die Familie von Klein übrigens schon seit 1962 – der 65-Jährige spielte hier schon, als er ein kleiner Steppke war. Gelernt hat er in all den Jahren auch eines: „Tomaten und Gurken vertragen sich nicht! Mein Vater hatte sie im Gewächshaus mal direkt nebeneinander – die sind nicht gut geworden.“

Der viele Regen hat den Tomatenpflanzen von Peter Klein nicht gutgetan. Trotzdem kann er sich über pralle Früchte freuen. Auch, weil seine Tomaten gut auf den Außeneinsatz vorbereitet hat.
Der viele Regen hat den Tomatenpflanzen von Peter Klein nicht gutgetan. Trotzdem kann er sich über pralle Früchte freuen. Auch, weil seine Tomaten gut auf den Außeneinsatz vorbereitet hat.Veronika Hohenstein/Berliner KURIER

Wenig Platz, viel Gemüse: Jasmin gärtnert in die Höhe

Bei Jasmin Rietdorf geht es etwas anders zu als in vielen anderen Gärten – nicht nur, dass sie ihren Alltag auf ihrem Laubengrundstück auf Instagram dokumentiert, sie gärtnert auch eher in die Höhe. Der Grund: „Hier war früher mal eine Deponie, eine Bodenanalyse hat ergeben, dass der Boden mit Schadstoffen belastet ist“, sagt sie. Ihr Gemüse züchtet sie deshalb eher in Hochbeeten. Und an ihrem Rankegitter wuchsen im vergangenen Jahr schon richtig pralle Kürbisse. „Das ist mein Tipp für alle Gärtner: Solche Rankegitter sind nicht nur für Rosen gut, sondern auch für Zucchini, Tomaten und eben Hokkaido-Kürbisse. Wenn man senkrecht gärtnert, kann man noch mehr aus so einem Grundstück herausholen.“ Dieses Jahr wachsen Bohnen am Gitter – das Gemüse ist aber nur ein Teil der Freude, die die 44-jährige aus dem Grundstück zieht. „Hier wird die Arbeit zur Erholung“, sagt sie.

Rankegitter sind nicht nur für Rosen gut! Gärtnerin Jasmin weiß das ganz genau: Sie zieht ihre Pflanzen in die Höhe, erntet so dicke Bohnen, Kürbisse und Zucchinis.
Rankegitter sind nicht nur für Rosen gut! Gärtnerin Jasmin weiß das ganz genau: Sie zieht ihre Pflanzen in die Höhe, erntet so dicke Bohnen, Kürbisse und Zucchinis.Veronika Hohenstein/Berliner KURIER

Gärtnerin Margarete lässt die Natur einfach mal machen

Der beste Garten-Trick von Margarete Niemann klingt banal, wird aber von vielen Gärtnern immer wieder vernachlässigt. „Man muss die Natur auch einfach mal machen lassen“, sagt sie. Was nicht heißt, dass ihr kleines Grundstück in der Kleingartenanlage ‚Am Feuchten Winkel‘ in Pankow ungepflegt ist und unkontrolliert wuchert. Die ganze Schönheit sieht man an ihren Astern. „Die habe ich letztes Jahr gepflanzt – als sie abblühten, habe ich sie stehen lassen, nun haben sie von selbst ihre Samen gestreut.“ Aus den Pflänzchen ist nun ein riesiger, blühender Busch geworden, ein echter Blickfang im Grünen. Seit 30 Jahren schon hat sie ihren Garten – und hält sich dank täglicher Fahrradtouren von Mitte aus in die Anlage auch mit 85 Jahren noch fit. „Man hat immer was zu tun – und wenn es dann so herrlich blüht, ist es einfach wunderbar!“

Gärtnerin Margarete Niemann weiß: Man muss die Natur auch einfach mal ihre Arbeit machen lassen. Mit dieser Taktik haben sich ihre Astern zu einem großen, blühenden Busch entwickelt.
Gärtnerin Margarete Niemann weiß: Man muss die Natur auch einfach mal ihre Arbeit machen lassen. Mit dieser Taktik haben sich ihre Astern zu einem großen, blühenden Busch entwickelt.Veronika Hohenstein/Berliner KURIER

Christas Kriegs-Kartoffeln sprießen auch heute noch

Himbeeren, Bohnen, Brombeeren, Äpfel: Es gibt kaum etwas, was es im Garten von Christa Müller (87) in der Kleingartenanlage Feuchter Winkel nicht gibt. Stolz ist sie vor allem auf die Kartoffeln, die sie selbst seit Jahren anpflanzt. Zwei große Körbe hat sie in diesem Jahr schon aus der Erde geholt – bis jetzt. Gepflanzt werden sie mit einem Trick, den schon ihre Mutter nutzte. „Im Jahr 1945 gab es ja nicht viel, nach dem Krieg“, sagt sie. „Meine Mutter hat die Kartoffeln immer leicht keimen lassen, dann das keimende Stück abgeschnitten. Die saubere Hälfte kam zum Essen in den Topf, der Keim in die Erde.“ Viele hätten nicht geglaubt, dass es funktioniert, man müsse ja schließlich eine ganze Kartoffel einpflanzen, damit daraus wieder eine Pflanze wird. „Aber bei Jugend forscht wurde da mal ein Experiment gemacht – damit wurde bestätigt, dass ein kleines, keimendes Stück reicht.“ Seit Jahrzehnten zieht die Rentnerin so ihre Kartoffeln, freut sich über die Ernte. Doch nun werden erstmal Himbeeren eingekocht. Auch die wachsen hier prächtig. Warum? „Ich habe sie umgesetzt“, sagt Christa Müller. „Die Büsche standen mal unter meinem Walnussbaum, aber der sondert einen Stoff ab, den die Himbeeren nicht mögen. Seit sie nicht mehr unter dem Baum stehen, wachsen sie viel besser.“ Wieder was gelernt!

Christa Müller pflanzt ihre Kartoffeln mit einem Trick an, den sie schon 1945 von ihrer Mutter lernte. Erst Jugend forscht bestätigte, dass er wirklich funktioniert.
Christa Müller pflanzt ihre Kartoffeln mit einem Trick an, den sie schon 1945 von ihrer Mutter lernte. Erst Jugend forscht bestätigte, dass er wirklich funktioniert.Veronika Hohenstein/Berliner KURIER