Kennen Sie noch „Mondos Gold“? Hatten Sie einen sowjetischen Brieffreund? Und: Haben Sie als Kind im Buch „Der junge Naturforscher“ geschmökert, um die geliebte Heimat zu erkunden? Die Liebe in der DDR – sie hatte viele Facetten. Um Liebe geht es auch bei der diesjährigen Langen Nacht der Museen, die am 30. August wieder Tausende Besucher in die Ausstellungen der Hauptstadt locken wird. Und auch das DDR Museum Berlin setzt sich deshalb mit der Frage auseinander, was und wie in der sozialistischen Gesellschaft geliebt wurde. Der KURIER hat im Museum in der Karl-Liebknecht-Straße schon mal in die Vitrinen geguckt.
Liebe in der sozialistischen Gesellschaft: Vom Bruderkuss bis zu „Mondos Gold“
Die Liebe in der DDR – wie sah sie aus? Wer bei der Frage gedanklich sofort im Schlafzimmer ist, der hat sich geirrt. Es gebe auch die Liebe der Menschen zu ihrer Heimat, sagt Sören Marotz, der Ausstellungsleiter des DDR Museum Berlin. Im „Bruderkuss“ steckt etwa die Liebe zwischen der DDR und der Sowjetunion, in der FKK-Bewegung die Liebe zum eigenen Körper. Und selbst Stasi-Chef Erich Mielke schrieb mit Liebe Geschichte – als er bei einer Rede im Palast der Republik sagte: „Ich liebe - Ich liebe doch alle - alle Menschen.“
Zur Langen Nacht der Museen widmet sich auch das DDR Museum Berlin am 30. August der Liebe – denn die versteckt sich hier überall und in verschiedenen Formen. Etwa im „Bruderkuss“, einem der bekanntesten Bilder der DDR. Das berühmteste Knutsch-Foto entstand am 7. Oktober 1979 in Ost-Berlin, damals besuchte Leonid Breschnew die DDR – auch, um einen neuen Zehnjahresvertrag zu besiegeln. Fotograf Régis Bossu drückte auf den Auslöser, als Breschnew und Erich Honecker ihre Lippen aufeinanderpressten. Im Museum ist eine Aufnahme von Honecker und Michail Gorbatschow zu sehen, die sich zum 40. Jahrestag der DDR küssten.

Diese besondere Liebe symbolisiert auch das Buch „Briefe an Freunde“, das sich in der Bruderkuss-Vitrine des Museums findet. Damit bauten Schulkinder in der DDR Brieffreundschaften zu Schülern in der Sowjetunion auf. „In dem Buch standen Floskeln – wie schreibt man über welche Themen“, sagt Sören Marotz. Auch er selbst machte mit, hielt bis zur zehnten Klasse durch. Nachdem die Themen aus dem Buch abgearbeitet waren, schrieben die beiden Schüler unter anderem über Sport – Marotz und seine Familie kletterten, sein Brieffreund war Judoka. „1989 habe ich ihn sogar bei einer Kletterreise im Kaukasus besucht“, sagt der Ausstellungsleiter.

Ein paar Vitrinen weiter warten Erinnerungsstücke aus dem Palast der Republik – auch hier gibt’s eine besondere Liebesgeschichte zu erzählen. Nämlich die von Stasi-Chef Erich Mielke und seiner ersten und letzten Rede vor der DDR-Volkskammer am 13. November 1989. Ein Abgeordneter forderte Mielke auf, nicht ständig das Wort „Genossen“ zu benutzen. „Es befinden sich schließlich nicht nur Genossen im Saal“.
Legendäre Rede von Erich Mielke: „Ich liebe – Ich liebe doch alle – alle Menschen“
Mielke geriet danach ins Straucheln, sagte „Ich liebe - Ich liebe doch alle – alle Menschen – Na ich liebe doch – Ich setzte mich doch dafür ein!“. Der Satz wurde einer der am meisten zitierten aus der Zeit rund um den Mauerfall. Im DDR Museum Berlin steht noch heute eines der Mikrofone vom Rednerpult der Volkskammer – war es dieses, in das Mielke die berühmten Worte sprach? Das ist heute leider nicht mehr ganz klar. Der Stasi-Chef wurde nach der Wende wegen Mordes zu sechs Jahren Haft verurteilt.


Bei aller Liebe zu anderen Interpretationen landet man auch im DDR Museum am Ende aber im Schlafzimmer: In der Nachttischschublade des Raums in der nachgebauten Plattenbauwohnung im Museum liegen Kondome der Marke „Mondos“, die aufgrund ihres Preises von 50 Pfennig übrigens als „Gummi-Fuffziger“ bezeichnet wurden. Die Kondome der DDR kamen übrigens aus Erfurt, wurden beim VEB Gummiwerke Werner Lamberz hergestellt.

Mondos Gold und Kinderwunschpille: Auch in den Schlafzimmern der DDR ging es zur Sache
Und auch die Antibabypille schlummert hier, die in der DDR als „Kinderwunschpille“ bezeichnet wurde, weil der Name positiver klingen sollte. Dazu gibt’s aber auch harte Fakten über den Sex in der DDR: Zahlen zeigen, wie heiß es unter sozialistischen Bettdecken wirklich zur Sache ging, dass die Menschen im Osten früher mit dem „Ersten Mal“ an der Reihe waren – und dass es häufiger zum Schäferstündchen kam als im Westen. „Es wird immer gesagt, dass die DDR hinterherhinkte“, sagt Sören Marotz. „Hier wollen wir mal zeigen, dass das nicht immer so war.“