Blumenkästen mit Dach

Touristen spotten über Berliner Cooling-Point: „Der ist zu warm“

Für 45.000 Euro sollte es Schatten geben, der aber in der prallen Mittagssonne fehlt: Berlins erster Cooling-Point scheint die Besucher des Mauerparks zu amüsieren. Wie finden Sie den Cooling-Point?

Author - Veronika Hohenstein
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Touristen spotten über Berlins Cooling-Point: Nathalie von Grote und ihr Freund Ian Green aus England  ziehen den Schatten der Bäume vor.
Touristen spotten über Berlins Cooling-Point: Nathalie von Grote und ihr Freund Ian Green aus England ziehen den Schatten der Bäume vor.Veronika Hohenstein

Seit einem Monat steht Berlins erster Cooling-Point am Mauerpark. Teilweise blühen die Blumen noch. Auch scheint die Anlage von Berlins rauer Seite bis jetzt gut verschont geblieben zu sein. Aber der versprochene und bei einer Investition von 45.000 Euro auch teure Schatten fällt oft aus. Viele Besucher ziehen den Platz unter den Bäumen ein paar Meter weiter schlicht vor.

Es sind 30 Grad in Berlin. Die Mittagssonne steht hoch, auf der Straße flimmert der Asphalt. Ein guter Tag, um den „Cooling-Point der Hauptstadt“ zu testen. Kurz nach 13 Uhr sitzen Menschen in den schattigen Ecken des Mauerparks, manche essen aus ihren Pausendosen, andere gehen mit ihren Hunden spazieren. Aber im Cooling-Point sitzt niemand!

Unter einem Baum ein paar Meter weiter steht eine längere Bank, da sitzen Michael (44) und Alexander (45). Sie sitzen nur wenige Meter entfernt vom neuen Berliner Cooling-Point. Sie kommen aus Eisenach in Thüringen und „genießen die Kühle“.

Michael und Alexander aus Eisenach setzen sich lieber unter die Bäume im Mauerpark: „Der Schatten drüben im Cooling-Point ist zu schwach.“
Michael und Alexander aus Eisenach setzen sich lieber unter die Bäume im Mauerpark: „Der Schatten drüben im Cooling-Point ist zu schwach.“Veronika Hohenstein

Warum sitzt ihr nicht da drüben bei den Blumen?, fragt der KURIER. „Da ist es zu heiß“, sagt Alexander. Sie erzählen, dass sie vom Cooling-Point bereits in den Nachrichten erfahren hatten. Heute besuchen sie Berlin als Touristen. „Wir sind mit der Straßenbahn vorbeigefahren und dachten, dass wir uns den mal näher angucken müssen.“ Also, nach einem Besuch bei Konnopke’s Imbiss und einer Currywurst sind sie herübergeschlendert. „Aushalten ließ es sich dort nicht. Bevor wir schmelzen, haben wir uns hier in den Schatten der Bäume gesetzt“, sagt Alexander.

Am Berliner Cooling-Point fällt das Licht durch das halb durchlässige Dach. Bei dem zum Abkühlen konzipierten Ort bleibt der Schatten laut Besuchern oft zu schwach. Zudem liegen etwa die Hälfte der Sitzplätze in der prallen August-Mittagssonne. Es sind um die 30 Grad. Die Besucher weichen in den Schatten der nahen Bäume aus.
Am Berliner Cooling-Point fällt das Licht durch das halb durchlässige Dach. Bei dem zum Abkühlen konzipierten Ort bleibt der Schatten laut Besuchern oft zu schwach. Zudem liegen etwa die Hälfte der Sitzplätze in der prallen August-Mittagssonne. Es sind um die 30 Grad. Die Besucher weichen in den Schatten der nahen Bäume aus.Veronika Hohenstein

Der Schatten direkt am Cooling-Point sei ihnen „zu schwach“. Und tatsächlich, als wir die paar Schritte von der Bank unter den Bäumen zum Cooling-Point herübergehen, scheint die Sonne mit voller Kraft auf die Hälfte der Sitzplätze und die Blumen in den Kästen. Die paar Plätze im Cooling-Point, die tatsächlich Schatten hatten, waren noch ganz heiß an der Sitzoberfläche.

Michael setzt fort: „Trinkwasser ist wirklich nett und praktisch“, sagt er mit einem Blick zum Brunnen. „Aber die Beschattung ist momentan schon dürftig. Wenn alle sich unter den Schatten drängeln, ist gerade einmal die Hälfte des Cooling-Points besetzt“, sagt Alexander. Dann schmunzelt Michael: „Weißt du, die Stadt versucht, etwas zu machen, aber es ist halt nicht optimal gelungen.“ Wir gehen zurück, in den kühlen Schatten.

Claudia und Tochter Sinja aus Gelsenkirchen finden die Anlage zwar schön, aber viel zu teuer. „Bei Hitze bringt das nicht viel, und bei Regen auch nicht.“
Claudia und Tochter Sinja aus Gelsenkirchen finden die Anlage zwar schön, aber viel zu teuer. „Bei Hitze bringt das nicht viel, und bei Regen auch nicht.“Veronika Hohenstein

Können diese Blumenkästen mit Dach Berlin vor dem Hitzetod schützen?

Später setzten sich dann doch zwei Frauen auf die Bänke des Cooling-Points. Mutter Claudia und Tochter Sinja aus Gelsenkirchen. „Wir finden diesen kleinen Garten hier schön“, sagt Claudia. „Aber es ist nicht so schattig“, sagt Tochter Sinja. Mutter Claudia entgegnet: „Wenn es gut von den Menschen hier angenommen wird, ist es doch schön.“ Sinja hält dagegen: „Na ja, also wenn schon Schatten, dann richtigen.“ Claudia sagt abschließend: „Mir gefallen die Bienen.“

Nathalie von Grote aus England macht sich lustig und hält den Berliner Cooling-Point für überteuert – „Vielleicht hätte man gleich einen Pool hinstellen können.“
Nathalie von Grote aus England macht sich lustig und hält den Berliner Cooling-Point für überteuert – „Vielleicht hätte man gleich einen Pool hinstellen können.“Veronika Hohenstein

Diese Blumenbänke kosten 45.000 Euro

Auf einer anderen Bank unter den Bäumen sitzen Nathalie von Grote (42) und ihr Freund Ian Green aus England mit Blick auf den Cooling-Point. Sie erzählen von ihrer Berghain-Nacht und einem schönen Berlin-Aufenthalt. Bald geht der Flieger heim. Der KURIER fragt auch hier, wie es dazu kommt, dass sie sich nicht bei den schönen Blumen hingesetzt haben? „Die Sitzplätze bei den Blumenkästen sehen gut aus, aber der Schatten hier unter den Bäumen war besser“, erklärt Nathalie auf Englisch.

Bei der Erwähnung, dass der Cooling-Point stolze 45.000 Euro gekostet hat und als Abkühlungsort für heiße Tage wie diese gedacht ist, wird Nathalie stutzig: „That is ridiculous“ ruft sie, und  „they must have gotten ripped off!“ Sie meint, die Stadt sei bei diesem Bau wohl über den Tisch gezogen worden. „Vielleicht hätte man stattdessen einen kleinen Pool bauen können, über so was hätte ich mich jetzt in dieser Hitze sehr gefreut“, sagt sie grinsend.

Liebe KURIER-Leserinnen und Leser, haben Sie im Cooling-Point schon Abkühlung gefunden? Teilen Sie Ihre Erfahrungen mit uns. Schreiben Sie gerne einen Kommentar auf Facebook oder schreiben Sie eine Mail an wirvonhier@berlinerverlag.com – wir freuen uns!