Hofnarren-Affäre

Telefonat mit Olaf Scholz: Jetzt spricht Joe Chialo

Nachdem der Bundeskanzler im Zusammenhang mit Joe Chialo das Wort Hofnarr verwandt hatte, sucht Scholz nun das direkte Gespräch mit Chialo. Der äußerte sich jetzt zu dem Telefonat.

Author - Stefanie Hildebrandt
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Berlins Kultursenator Joe Chialo (l, CDU), der Hofnarr der CDU? Olaf Scholz steht wegen einer Äußerung in der Kritik.
Berlins Kultursenator Joe Chialo (l, CDU), der Hofnarr der CDU? Olaf Scholz steht wegen einer Äußerung in der Kritik.Soeren Stache; Kay Nietfeld/dpa

Noch zehn Tage bis zur Bundestagswahl und die Emotionen kochen hoch und höher. Die Nerven liegen blank und jeder Ausrutscher wird zum Anlass genommen, verbal scharf zu schießen. Olaf Scholz versucht nun zu retten, was zu retten ist und sucht das persönliche Gespräch mit Berliner Kultursenator Joe Chialo (CDU). Hintergrund: Vor zehn Tagen hatte Scholz auf einer privaten Geburtstagsfeier das Wort „Hofnarr“ im Zusammenhang mit Chialo verwendet. Seitdem ist die CDU auf dem Baum und fordert eine Entschuldigung, wegen der angeblich rassistischen Äußerung.

„Nach sorgfältiger Abwägung und aufgrund des öffentlichen Interesses habe ich den Entschluss gefasst, mich in dieser Angelegenheit zu äußern, heißt es nun in einem Statement von Joe Chialo.

„Auf der Geburtstagsfeier von Herrn Christ stieß der Bundeskanzler zu einer Gesprächsrunde mit mir dazu. Im Laufe der Diskussion zum Thema Migration und zu den Abstimmungen im Bundestag fielen hinsichtlich meiner Rolle in der CDU die Begriffe ‚Hofnarr‘ und ‚Feigenblatt‘. Diese Worte haben mich tief getroffen.“

Olaf Scholz habe Chialo am Mittwoch angerufen und bedauerte in dem Gespräch, dass seine Aussagen als rassistisch verstanden wurden und erklärte, dass er das nicht beabsichtigt habe. „Ich habe seine Sichtweise zur Kenntnis genommen. Im Übrigen halte ich Olaf Scholz nicht für einen Rassisten. Daran, dass seine Worte herabwürdigend und verletzend waren, ändert dies jedoch nichts.

Wir alle stehen derzeit unter großem Druck. Umso wichtiger ist es, dass wir in dieser aufgeheizten Situation mit Bedacht und Anstand miteinander umgehen. Ich hoffe, dass wir zu einem fairen und sachlichen Austausch zurückfinden. Für mich ist diese Angelegenheit damit abgeschlossen", so Joe Chialo.

Scholz, der die Äußerungen unter keinen Umständen als rassistisch verstanden wissen will, hat nach der Berichterstattung von Focus Online den Rammstein-Anwalt Christian Schertz eingeschaltet. Er soll rechtliche Schritte gegen das Magazin einleiten, dessen Formulierung den Eindruck einer rassistischen Beleidigung erst habe aufkommen lassen.

Scholz und Chialo am Telefon

Am Mittwochabend hatte Scholz gegenüber dem „Spiegel“ eingeräumt, Chialo auf der Party als „Hofnarren“ der Union bezeichnet zu haben. „Niemals“ aber habe er diese Äußerung in Zusammenhang mit Chialos Hautfarbe gebracht. Er schätze Chialo und habe „sofort“ nach Bekanntwerden der Vorwürfe den Kontakt zu dem CDU-Politiker gesucht, sagte Scholz. „Was ich niemals getan habe, ist, das in Zusammenhang mit der Hautfarbe von Herrn Chialo zu bringen, den ich übrigens durchaus schätze.“

Worum ging es bei dem Party-Gespräch wirklich?

Laut Scholz ging es in dem Gespräch mit einem Journalisten „um das gemeinsame Abstimmungsverhalten von CDU/CSU und AfD im Deutschen Bundestag“. Scholz teilte dazu mit: „Dies habe ich in dem Gespräch als Tabubruch bezeichnet. Des Weiteren ging es um die Frage, ob sich das wiederholen könne und wer innerhalb der CDU diesen Tabubruch überhaupt offen thematisiere. Auf den Hinweis, dass es auch liberale Stimmen in der CDU gebe, entgegnete ich, dass sich nur sehr wenige liberale Stimmen in der CDU gegen das Verhalten des CDU-Vorsitzenden gestellt und kritisch zu Wort gemeldet hätten.“ Es sei also niemals um Hautfarben gegangen, sondern um Chialos liberale Haltung.

Dem Kanzleramt zufolge benutzte er in dem Gespräch das Wort „Hofnarr“. Scholz teilte dazu aber mit: „Der dabei von mir verwandte Begriff ist im Sprachgebrauch nicht rassistisch konnotiert und war von mir auch nie so intendiert. Der erhobene Vorwurf des Rassismus ist absurd und künstlich konstruiert. Persönlich schätze ich Joe Chialo gerade als eine wichtige liberale Stimme in der Union.“

Olaf Scholz aus allen Wolken gefallen

In dem „Spiegel“-Gespräch sagte Scholz, er sei „aus allen Wolken gefallen, weil alles kann man mir vorwerfen, aber ganz bestimmt nicht, dass ich ein Rassist bin und dass ich irgendjemanden in dieser Hinsicht adressiere, wie das jetzt hier insinuiert wird, um es so zu sagen“.

Er habe „das, was da gemeldet worden ist“, so nicht gesagt, sagte der Kanzler. „Diejenigen, die was Falsches behaupten, indem sie Worte irgendwie ein bisschen zusammenstellen, die müssen damit rechnen, dass sie vor Gericht gehen.“ Schon öfter habe er auch in anderen Zusammenhängen Hofnarr gesagt, so Olaf Scholz.

In einem Anwaltsschreiben, das der BILD vorliegt, wehrte sich Scholz gegen eine Erklärung von Focus-Chef Georg Meck (58), der den Vorfall öffentlich gemacht hatte. In dessen Text findet sich u.a. folgende Passage:

„Als CDU-Politiker Joe Chialo einwandte, ob er das wirklich so meine mit dem Rassismus der CDU, jener Partei also, in deren Bundesvorstand er sitzt, fuhr Scholz ihn an, er, der Schwarze, sei nicht mehr als ein Feigenblatt. ‚Jede Partei hat ihren Hofnarren‘, so das wörtliche Zitat des Kanzlers.“

Scholz wehrte sich gegen den Passus „...er, der Schwarze...“ Die Kanzlei „Schertz Bergmann“ erklärte hierzu: „Erst durch diese der Wahrheit zuwider untergeschobene Ergänzung bei der Wiedergabe der Aussage wird aber überhaupt ein rassistischer Bezug zu dem in dem Artikel wiedergegebenen Wortwechsel hergestellt.“

Im Wahlkampf werden Äußerungen der Kandidaten auf die Goldwaage gelegt. Wie sehr schadet Olaf Scholz sein Spruch vom Hofnarr?
Im Wahlkampf werden Äußerungen der Kandidaten auf die Goldwaage gelegt. Wie sehr schadet Olaf Scholz sein Spruch vom Hofnarr?Kay Nietfeld/dpa

Gastgeber der Party stellt sich hinter Olaf Scholz

Der Gastgeber der privaten Geburtstagsfeier, der Unternehmer Harald Christ, teilte auf X mit: „Unter den rund 300 Gästen aus allen Parteien der demokratischen Mitte, Wirtschaft, Kultur und Medien, die am 2. Februar der privaten Einladung zu meinem Geburtstagsempfang gefolgt sind, waren auch Bundeskanzler Olaf Scholz und Kultursenator Joe Chialo.“

In seiner Begrüßung habe Christ unterstrichen: „Die Voraussetzung für einen Abend, bei dem offen miteinander geredet werden darf und soll, ist, dass über persönliche Gespräche öffentlich nicht berichtet wird.“ Das wäre ihm gerade in diesen polarisierten Zeiten wichtig, um einen geschützten Raum für kontroverse Gespräche zu schaffen. Als es zu dem Dialog zwischen Scholz und Chialo gekommen sei, war Christ eigenen Angaben zufolge nicht zugegen. „Ich kenne Olaf Scholz aber lange und gut genug, um zu sagen: Es ist absurd, den Bundeskanzler in die Ecke eines Rassisten zu rücken.“ ■