Wie finden SIE das?

Tausende Berliner wollen FLINTA-Abteile in der Bahn! Was ist das?

Mehr als 23.000 Menschen unterschrieben im Netz eine Petition für sogenannte FLINTA-Abteile in Berliner Zügen. Was hat es damit auf sich?

Author - Florian Thalmann
Teilen
Immer wieder kommt es in der Berliner U-Bahn zu sexuellen Übergriffen. Sogenannte FLINTA-Abteile sollen die Menschen, die besonders häufig betroffen sind, besser schützen.
Immer wieder kommt es in der Berliner U-Bahn zu sexuellen Übergriffen. Sogenannte FLINTA-Abteile sollen die Menschen, die besonders häufig betroffen sind, besser schützen.Rolf Kremming/imago

Es ist eine dieser Ideen, die schon lange schwelen – doch inzwischen zeigt sich: Dieser Plan könnte Wirklichkeit werden. Immer mehr Berlinerinnen und Berliner unterzeichnen aktuell eine Petition, die an die BVG gerichtet ist und spezielle Abteile für Frauen in U-Bahnen in Berlin fordert. Genau genommen ist hier nicht nur die Rede von Frauenabteilen, sondern von sogenannten „FLINTA*-Abteilen“. Was sich hinter dem Begriff verbirgt, was die Initiatoren erreichen wollen und welche traurigen Geschichten der Grund sind.

Petition im Netz: Tausende Berliner wollen FLINTA-Abteile! Aber was ist das?

Die Initiatoren der Petition machen sich für sogenannte FLINTA*-Abteile in der Berliner U-Bahn stark. Die Abkürzung „FLINTA*“ bezeichnet dabei „Frauen, Lesben, inter, nicht-binäre, trans* und agender Personen“, heißt es auf der Seite der Petition. Der Hintergrund: Menschen, die zu diesen Gruppen gehören, seien in den öffentlichen Verkehrsmitteln immer wieder sexueller Belästigung ausgesetzt, schreibt Initiatorin Alex Bornwild.

Sie selbst habe Erfahrungen damit sammeln müssen. „Seit meiner Kindheit werde ich regelmäßig in öffentlichen Verkehrsmitteln sexuell belästigt“, schreibt sie. Männer würden sie anstarren, bedrängen, sie angrapschen oder ihr einfach viel zu nahe kommen. „Ich bin damit nicht allein. Jede FLINTA*-Person kennt solche Situationen. Und es hört einfach nicht auf.“ Sie selbst sei unzählige Male belästigt worden. „Ich wurde verfolgt. Mir wurde unter den Rock gegriffen. Jemand hat sich unter meinem Rock an mir ,abgewischt‘. Männer fixieren meine Brüste mit gierigen Blicken. Ich kann die Formen sexueller Übergriffe, die ich in öffentlichen Verkehrsmitteln erlebt habe, nicht mehr zählen. Es passiert täglich. Und es passiert uns allen.‘

FLINTA-Abteile in den Öffis in Berlin: Das steckt hinter dem Begriff

Die Idee der Petition: Die Menschen sollen hier für spezielle FLINTA*-Abteile in den U-Bahnen unterschreiben. Also: Abteile, zu denen nur die entsprechenden Fahrgäste Zugriff haben. Neben Frauen sind das in diesem Fall laut Petition „Lesben, inter, nicht-binäre, trans* und agender Personen“. Hier die Erklärungen:

Lesben: Lesben sind Frauen, die sich romantisch und/oder sexuell zu Frauen hingezogen fühlen. Der Begriff beschreibt eine sexuelle Orientierung, nicht unbedingt eine Geschlechtsidentität.

Inter Personen: Inter Menschen werden mit körperlichen Merkmalen geboren, die nicht eindeutig dem medizinischen Standard von „männlich“ oder „weiblich“ zugeordnet werden können. Sie haben zum Beispiel Varianten in Chromosomen, Hormonen oder Genitalien.

Nicht-binäre Personen: Nicht-binäre Menschen identifizieren sich nicht ausschließlich als männlich oder weiblich. Ihre Geschlechtsidentität liegt außerhalb oder zwischen diesen beiden traditionellen Kategorien.

Trans Personen*: Trans* ist ein Sammelbegriff für Menschen, deren Geschlechtsidentität nicht mit dem bei Geburt zugewiesenen Geschlecht übereinstimmt. Das Sternchen steht für die Vielfalt an trans Identitäten, z. B. trans Männer, trans Frauen oder nicht-binäre Personen.

Agender Personen: Agender Menschen empfinden kein inneres Zugehörigkeitsgefühl zu einem Geschlecht. Sie verstehen sich selbst als geschlechtslos oder außerhalb des Geschlechtersystems.

Braucht die Berliner U-Bahn spezielle Abteile gegen sexuelle Gewalt? Eine Petition macht sich genau dafür stark, mehr als 23.000 Menschen haben bisher unterschrieben.
Braucht die Berliner U-Bahn spezielle Abteile gegen sexuelle Gewalt? Eine Petition macht sich genau dafür stark, mehr als 23.000 Menschen haben bisher unterschrieben.Depositphotos/imago

Immerhin: Rund 24.000 Menschen haben bereits unterschrieben, wünschen sich entsprechende Abteile in den U-Bahnen der BVG. Das Unternehmen verweist selbst auf die bereits vorhandenen Sicherheitsmaßnahmen. „Wer sich unwohl fühlt oder Hilfe benötigt, hat auf jedem Bahnhof zu jeder Tages- und Nachtzeit die Möglichkeit, über die Notruf- und Informationssäulen direkten Kontakt zu unseren Mitarbeitenden und der Sicherheitsleitstelle aufzunehmen“, teilt das Unternehmen auf Nachfrage des rbb mit.

Unterstützung kommt von Antje Kapek (Grüne). „Ich vertrete auch eine Vision von einer Welt, in der wir alle gewalt- und diskriminierungsfrei leben. Ganz im Gegenteil. Wir stellen weltweit, aber auch in Berlin einen massiven Anstieg von sexualisierter Gewalt gegenüber FLINTA-Personen fest. Und solange es diesen Anstieg gibt, brauchen wir Schutzmaßnahmen.“ Sie finde es inspirierend, dass die Initiatorin der Petition die Debatte angestoßen habe. „Alle, die dafür verantwortlich sind, stellen sich bisher stumm und taub“, sagt Kapek. „Das wollen wir jetzt ändern, indem wir auch einen parlamentarischen Antrag stellen und den Senat auffordern, mit der BVG gemeinsam ein Konzept auf den Weg zu bringen.“

Schockierende Zahlen zeigen: In Berlin gibt es jeden Tag neue Sex-Taten!

Ein Blick auf die Zahlen verrät: Tatsächlich muss in Berlin etwas gegen sexualisierte Gewalt getan werden. In den Berliner Öffis ereigneten sich im Jahr 2024 laut einem Bericht des rbb 380 Sexualdelikte, das ist mehr als eine Tat pro Tag. Bei mehr als 90 Prozent der Delikte waren Frauen die Opfer, so gut wie alle Täter seien männlich, heißt es. Und: Die Aufklärungsquote fällt leider niedrig aus – nur in 125 der 380 Fälle konnten die Tatverdächtigen im Nachhinein ermittelt werden.

Braucht es in Berlin spezielle Abteile gegen sexuelle Gewalt? Oder ist die Idee unnötig? Schicken Sie uns Ihre Meinung und Ihre Erfahrungen in der Berliner U-Bahn und anderen öffentlichen Verkehrsmitteln. Wir freuen uns auf Ihre Zuschriften an wirvonhier@berlinerverlag.com!