Aus Sicht von Berlins Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe soll das neue Jahr eine Wende bei der Unterbringung von Geflüchteten bringen. Dass es ausreichend Wohnungen für alle gibt, hält sie allerdings für unwahrscheinlich. „Ich wünsche mir für 2024, dass wir schneller vorankommen bei der dezentralen Unterbringung geflüchteter Menschen und es dadurch weniger Menschen gibt, die in den Großunterunterkünften leben müssen“, sagte die SPD-Politikerin.
Vier neue modulare Unterkünfte sollen 2024 bezogen werden
„Dezentral bedeutet im besten Fall, geeignete Flächen zum Bau modularer Unterkünfte zu finden sowie für Tempohomes und Leichtbauhallen.“ 2024 sollen vier modulare Unterkünfte für Flüchtlinge (MUF) in Spandau, Neukölln, Charlottenburg-Wilmersdorf und Pankow eröffnen mit insgesamt etwa 1800 Plätzen. Das sind Gebäude aus vorgefertigten Beton-Modulen mit Wohnungen, die langfristig genutzt und später vermietet werden sollen, falls sie nicht mehr für Geflüchtete gebraucht werden.
„Tempohomes und Leichtbauhallen sind natürlich schneller zu errichten“, sagte Kiziltepe. Wenn wieder mehr Geflüchtete nach Berlin kommen, sei es möglich, sie im Lauf weniger Wochen aufzubauen. „Damit haben wir gute Erfahrungen gemacht – in Tegel und Tempelhof ging das schnell“, erklärte die Sozialsenatorin, die auch für den Bereich Integration zuständig ist. „Ich gehe davon aus, dass wir 2024 immer noch mehr Geflüchtete in Tempohomes und Leichtbauhallen unterbringen als in modularen Unterkünften.“

„Im September 2023 hat der Senat beschlossen, dass wir zusätzlich 8000 Plätze für geflüchtete Menschen schaffen wollen“, sagte Kiziltepe. „Das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten hat seitdem mehr als 6000 Plätze in Betrieb genommen. Das ist eine enorme Leistung.“ Dafür sei keine Turnhalle benötigt worden. „Kein Mensch war obdachlos. In den Unterkünften des LAF leben aktuell mehr als 33.000 Menschen, so viel wie noch nie“, sagte die SPD-Politikerin. LAF steht für Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten.
Auch Hostels und Hotels für Flüchtlinge bleiben eine Option
Es sei schwer vorhersehbar, wie sich die Zahl der Geflüchteten in den Großunterkünften 2024 entwickeln werde. „In Tegel soll es nicht mehr als 7000 Plätze geben, aktuell sind etwa 5000 belegt.“ Nach dem Willen des Senats sollen die Kapazitäten in Tegel nicht weiter erhöht werden.
„Uns wurde vorgeworfen, dass uns ab Frühjahr nächsten Jahres etwa 3000 Plätze in den angemieteten Hotels und Hostels fehlen würden, wenn die jetzt laufenden Verträge enden“, erklärte die Senatorin. Dabei sei von Anfang an klar gewesen, dass diese Plätze nur für eine begrenzte Zeit verfügbar seien, bis die Tourismussaison wieder starte.
„Wir werden uns früh genug überlegen, wie es dann im Herbst und Winter nächsten Jahres aussieht“, sagte Kiziltepe. Wenn schnell neue Plätze gebraucht würden, werde auch diese Möglichkeit wieder genutzt. „Ich will noch einmal klarstellen: Das sind keine Luxushotels. Die Kosten pro Tag liegen bei durchschnittlich 62 Euro.“
Der Druck auf Deutschland wächst indes weiter: Die Zahl der Asylbewerber in Deutschland und Europa ist in diesem Jahr massiv gestiegen. Die Direktorin der EU-Asylagentur (EUAA), Nina Gregori, sagte der Berliner Morgenpost, in der EU werde die Gesamtzahl der Asylanträge im Jahr 2023 „deutlich über einer Million“ liegen. Allein im Oktober habe ihre Agentur rund 123.000 Anträge registriert, das sei die höchste Monatszahl seit sieben Jahren.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) zählte in Deutschland bis Ende November 325.801 Asylanträge – ein Zuwachs um 52 Prozent verglichen mit den ersten elf Monaten des Vorjahres. Deutschland bleibt das Hauptziel für Asylsuchende in der EU, bilanziert die EU-Asylagentur. Im Oktober seien 27 Prozent aller Asylgesuche auf Deutschland entfallen – das ist mehr als Frankreich und Italien zusammen registrierten, die auf den Plätzen zwei und drei liegen. ■