Für Stadtrand-Berliner gehört er zum täglichen Leben, für Innenstadt-Bewohner wird er immer mehr zum Luxusgut: der Führerschein. Die Gebühren, die Fahrschulen inzwischen kassieren, erklimmen immer neue Höhen. So teuer ist ein Führerschein inzwischen in Berlin – und das sind die Gründe für die steigenden Kosten.
Vor über einem Jahr hatte der Berliner KURIER bereits über die während der Corona-Zeit sprunghaft angestiegenen Kosten für Fahrstunden und Fahrprüfungen bei Berliner Fahrschulen berichtet – Zeit für einen Blick, wie sich die Kosten in der Zwischenzeit entwickelt haben. Massive Preissteigerungen gab es insbesondere in der Coronazeit zwischen 2020 und 2023: Um 36 Prozent waren die Kosten für den Lappen in dem Zeitraum bundesweit angestiegen, weit stärker als die Inflation insgesamt.
In Berlin ist der Führerschein überdurchschnittlich teuer – das sind die Gründe
Ende 2023 stellte der KURIER in der Hauptstadt bereits überdurchschnittlich hohe, für viele unbezahlbare Preise für den Führerschein fest. Während der Lappen bundesweit zuletzt durchschnittlich 2772 Euro kostete, lagen die tatsächlichen Kosten in Berlin mit 3000 bis 4000 Euro bereits zu dem Zeitpunkt deutlich über dem Schnitt. Inzwischen sind sie weiter gestiegen und erreichen Rechenbeispielen des ADAC zufolge Summen von fast 4500 Euro.
Besonders ärgerlich für Fahranfänger: Fahrschulen werben im Internet teils aggressiv mit Paketen, die eine unrealistisch niedrige Anzahl von Fahrstunden umfasst und den Eindruck vermitteln, ein Führerschein für 1300 Euro sei realistisch. Teils werden günstige Einzelleistungen oder Gutscheine geworben, die den Eindruck vermitteln, den Lappen gäbe es für wenig Geld.
Die Preise summieren sich jedoch schnell, wenn außer der obligatorischen Mindestzahl an Übungs- und Sonderfahrten weitere Stunden nötig sind, was in aller Regel der Fall ist – umso mehr im dichten Großstadt-Verkehr. Waren vor 20 Jahren noch 20 Fahrstunden hinreichend, geben Fahrlehrer teils erst nach 40 Stunden grünes Licht für die praktische Prüfung. Fahranfänger erleben das gelegentlich als Abzocke, doch den Fahrschulen geht es nicht zuletzt um ihr Image: Eine zu hohe Durchfaller-Quote bei der Prüfung ist nicht gut fürs Geschäft und sollte geldbewusste Führerschein-Anwärter auch hellhörig machen.
Teurer Führerschein: Grünen-Kanzlerkandidat Habeck will ihn massiv verbilligen
Obligatorische Voraussetzungen für die Führerscheinprüfung wie ein Sehtest sind in Angeboten teils eingeschlossen, kosten sonst wenige Euro. Zertifizierte Erste-Hilfe-Kurse werden bereits ab 40 Euro angeboten. Preistreiber sind laut Fahrschulbetreiber jedoch steigende Energie- Werkstatt- und Betriebskosten.
Stärker noch schlagen steigende Personalkosten zu Buche. Fahrschulen beklagen einen eklatanten Mangel an Fahrlehrern, müssen mit attraktiven Gehältern um Bewerber kämpfen. All das zwingt die Fahrschulen, die Kosten auf bis zu 77 Euro für Übungsfahrten und 95 Euro für Sonderfahrten zu schrauben. Derzeit ist immer noch kein Ende der Preisspirale in Sicht: Auch wenn die Benzinpreise zwischenzeitlich wieder gefallen waren, ziehen sie nun wieder an. Der nun auch in Deutschland sichtbare Run auf Hybrid- und E-Autos nötigt Fahrschulen in den kommenden Jahren hohe Investitionen ab.
Günstiger wird es zwar nicht, aber unter bestimmten Umständen gibt es beispielsweise bei Umschulungen die Möglichkeit, den Führerschein vom Jobcenter bezuschussen zu lassen. Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck hatte zuletzt einen staatlichen Zuschuss von 1000 Euro ins Gespräch gebracht, wobei der Arbeitgeber dann noch einmal 500 Euro drauflegen sollte. Die Finanzierung des Vorschlags, der sich weniger üppig als 500-Euro-Spritze im SPD-Wahlprogramm wiederfindet, ist allerdings ungewiss.
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