Kritik an Senats-Plänen

Hickhack um ein DDR-Prestigeprojekt – Linke kämpfen für das SEZ

Linke-Abgeordneter Damiano Valgolio will das SEZ nicht so einfach aufgeben: „Wir müssen das SEZ nicht vollständig abreißen!“

Author - Veronika Hohenstein
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Linke-Abgeordnete Damiano Valgolio will das SEZ nicht so einfach aufgeben. Er sieht Lösungen: „Wir müssen das SEZ nicht vollständig abreißen!“
Linke-Abgeordnete Damiano Valgolio will das SEZ nicht so einfach aufgeben. Er sieht Lösungen: „Wir müssen das SEZ nicht vollständig abreißen!“Linkspartei

Das SEZ, Spaßbad und Prestigeprojekt der DDR, hat schon bessere Tage gesehen. Jetzt soll das Sport- und Erholungszentrum in Berlin-Friedrichshain nach dem Willen des Berliner Senats komplett verschwinden, abgerissen werden. Der Senat hat große Pläne für das Grundstück. Viele Hundert Wohnungen, Schule und Läden sollen hier entstehen. Die Pläne sind jedoch nicht unumstritten. Manche Berliner und Ostalgie-Fans wollen das SEZ noch nicht aufgeben.

Das Sport- und Erholungszentrum (SEZ) wurde 1981 in der DDR erbaut. Es war eine Oase der Erholung mit Schwimm- und Wellenbad mitten in der Stadt - im Arbeiterviertel Friedrichshain. Tausende von Besuchern nahmen stundenlanges Warten in der Schlange auf sich, um eingelassen zu werden. Und geliebt wird die „alte Tante“, wie Michael Schuster, einst Sektorenleiter im SEZ, das Bad heute noch liebevoll nennt, auch weiterhin – besonders von denen, die dort ihre Kindheit verbrachten.

Nach der Wende wurde die marode Immobilie 2002 vom Land Berlin geschlossen und später verkauft, für einen symbolischen Euro. Seitdem ist das einst prachtvolle Spaßbad immer mehr verfallen. Heute ist das Grundstück heiß begehrt. Der Senat will hier möglichst viele Wohnungen bauen. Das Projekt spaltet die Berliner, die einen begrüßen diese Pläne, die anderen wollen das SEZ erhalten.

„Wenn was kaputt ist, muss man es nicht auf Teufel komm raus abreißen?“

Der in Friedrichshain direkt gewählte Linke-Abgeordnete Damiano Valgolio will das SEZ nicht so einfach aufgeben. „Wir haben 37 Bäder in Berlin, sieben von denen sind in Reparatur und in Friedrichshain gibt es gar kein Bad“, erklärt er. Valgolio sieht die Pläne des Senates kritisch – und eine mögliche Zukunft für das SEZ. „Wir haben einen Vorschlag erarbeitet, der zuallererst die Überprüfung der Bausubstanz vorsieht – wenn was kaputt ist, muss man es nicht auf Teufel komm raus abreißen“, sagt er.

„Ich will versuchen, das SEZ zu retten, wenn es wirklich eine absolute Bruchbude ist, wünsche ich mir, dass geprüft wird, ob ein Schwimmbetrieb in der Halle möglich wäre.“ Sollte das nicht möglich sein, so ist die Errichtung eines Freibades ernsthaft in Erwägung zu ziehen, meint Valgolio. „Schließlich gab es unweit des SEZ  mit dem Friesenbad lange Zeit ein beliebtes Freibad mitten im Volkspark Friedrichshain“, sagt Damiano Valgolio weiter. 

Das Sport- und Erholungszentrum (SEZ) im Jahr 1988. Kann man das SEZ wirklich noch retten?
Das Sport- und Erholungszentrum (SEZ) im Jahr 1988. Kann man das SEZ wirklich noch retten?imago/PEMAX

Ist das SEZ wirklich nur noch eine Bruchbude?

Was genau hat der Abgeordnete Damiano Valgolio für einen Plan? Kann das SEZ wirklich noch gerettet werden? Sein Mitarbeiter Florian Gutsche erzählt, wie man eine schriftliche Anfrage an den Senat schickte, mit Fragen um das Thema Familienbäder und ob solche nicht Mangelware in Berlin seien? Die 37 Bäder, die es in Berlin gibt, betrachtet der Senat jedoch als ausreichend. In der Antwort erinnert der Senat daran, dass das Bad 2002 nicht attraktiv genug gewesen sei. Der Sanierungsbedarf wurde auf 25 Millionen Euro geschätzt. Auch seien die Baukosten in den letzten zwei Jahrzehnten erheblich gestiegen. Der Senat erläutert auch, dass es umfangreiche Untersuchungen und Abwägungen der Nutzungsalternativen unter Beteiligung der Öffentlichkeit gegeben habe – bevor man sich damals für die Baupläne entschied.

So stellt sich Valgolio eine andere Zukunft für das SEZ vor

Der Abgeordnete Damiano Valgolio gibt sich damit aber nicht zufrieden. Dass das SEZ nicht mehr bewirtschaftet wird, verstärke den Mangel an bezahlbaren Freizeitangeboten, meint er. Valgolio ist der Auffassung, dass sich beides nicht ausschließen muss – also Wohnungsbau und ein breites Sport- und Freizeitangebot.

Der erste Schritt für die Rettung sei ein gründliches und objektives Baugutachten, meinen die Linken. Sie sehen viele Möglichkeiten. Das Hallenbad hoffen sie wieder in Betrieb nehmen zu können, wenn das mit vertretbaren Kosten möglich wäre. Ginge das nicht, wäre vielleicht ein Freibad machbar. Parallel dazu fordern sie, auf dem hinteren Teil des Grundstückes baldmöglichst mit dem Bau einer Gemeinschaftsschule und Sportflächen zu beginnen. „Es geht darum, solche Orte für die Stadt wiederzuholen.“

Die Linken in Berlin meinen, man könne zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Wohnungen und ein SEZ.
Die Linken in Berlin meinen, man könne zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Wohnungen und ein SEZ.IMAGO/Jürgen Ritter

Will der Senat eine öffentliche Diskussion über das SEZ vermeiden?

„Für viele Menschen in Berlin bedeutet das SEZ ein Teil der Kindheit und sie bedauern, dass es einfach so abgerissen werden soll. In Berlin verschwinden immer mehr solche Orte. Es ist absolut ärgerlich, dass das SEZ in diesem Zustand ist“, kritisiert Valgolio das Handeln des Senats in Sachen SEZ. Weiter moniert er: „Es gibt in dem jetzigen Berliner Senat wenig Gefühl dafür, was die Menschen in Berlin mit dem SEZ verbinden. Auch wenn der aktuelle Bebauungsplan nicht schlecht ist, muss der Senat anerkennen, dass jetzt eine veränderte Situation vorliegt und über die Zukunft des SEZ noch einmal nachgedacht werden sollte. Bisher duckt sich der Senat vor einer öffentlichen Diskussion weg. So ist mein Gefühl“.

Kurz: Die Linken wollen zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Wohnungen, ein neu-altes SEZ mit Hallenbad, Roll- und Schlittschuhbahn und mehr. „Wir müssen das SEZ nicht vollständig abreißen!“ ■