Die Glanzzeit des Sport- und Erholungszentrums SEZ in Friedrichshain ist seit Jahrzehnten vorbei. Das Gebäude, in der DDR ein wichtiger Anziehungspunkt für Familien, scheint verlassen – ist es aber nicht! Und auch in Vergessenheit geraten ist das einstige DDR-Prestigeobjekt längst nicht, denn viele Berliner lieben das SEZ noch heute. Aber: Was halten sie von den Plänen des Senats – und welche Erinnerungen verbinden sie mit dem SEZ? Der KURIER hat auf der Straße nachgefragt.
Die Stadtentwicklungsverwaltung will auf dem Gelände des ehemaligen Sport- und Erholungszentrums an der Landsberger Allee unter anderem Wohnungen bauen. Das teilte sie erst kürzlich mit und sorgte damit für neue Schlagzeilen über das SEZ. KURIER war vor Ort, um die Berliner zu befragen: Was halten Sie von den Plänen? Sollte es mehr Wohnraum auf Kosten des SEZ geben?
DDR-Spaßbad in Friedrichshain: Ist im SEZ wirklich nichts mehr los?
Von außen wirkt das SEZ in Friedrichshain verlassen. Aber das ist nicht wirklich der Fall: Noch immer finden hier regelmäßig Veranstaltungen statt. Hundebesitzer Kreso (35) aus Friedrichshain hat sich gegen einen Abriss positioniert. Auf Englisch erzählt er, dass er neulich bei einem „ekstatischen Tanz“ im SEZ teilgenommen hat – übrigens eines von vielen Events, die unter dem gläsernen Dach des SEZ stattfinden.
„Man kann diese Events natürlich überall haben, aber wenn ein Abriss stattfindet, hab ich Sorge, dass dann auch der Park kleiner wird. Und was kommt als Nächstes?“ fragt der 35-Jährige. „Es gibt leider immer weniger coole Plätze wie das SEZ und mehr und mehr Exklusivität in dieser Stadt, und es fängt an, langweilig zu werden.“ Er schaut über die Schulter, sein Hund will spielen. „Aber ich arbeite in der IT, ich bin vielleicht Teil der Langeweile der Stadt.“

„Das SEZ ist Teil einer größeren Geschichte“
Zerstört es den Charme der Stadt, wenn Gebäude wie das SEZ abgerissen werden? „Ja, ich glaube schon. Das ist jetzt nicht das charmanteste Gebäude, aber das SEZ ist Teil einer größeren Geschichte“, sagt er. „Ich will nicht sagen, dass es wichtiger ist, dass alternative Veranstaltungen einen Platz haben, als dass ein paar Leute einen Platz haben zum Leben. Aber vielleicht ist die Lösung nicht, dass wir alle alternativen Plätze abreißen.“ Sein Abend im SEZ war übrigens toll – vielleicht hat er sich sogar verliebt, gesteht der 35-Jährige. Kreso erzählt auch, dass er in Pandemiezeiten „eine Menge Covid-Tests im SEZ gemacht hat, weil dort eine Teststation war“.

Erinnerungen an früher: Das Wellenbad im SEZ muss cool gewesen sein
„Ende der 80er, Anfang der 90er war ich hier schwimmen mit meinen Eltern und meinem Cousin. Es war damals, für die Zeiten, ein sehr moderner Freizeitpark“, erzählt Luis Saleh aus Friedrichshain. Der 39-Jährige gehört zu der Generation, die sich gerne an die Kindheitserlebnisse im SEZ erinnert, und teilt sie mit uns. Luis zeigt, wo das Wellenbad früher war. Gerade das war besonders spaßig.
Er weiß noch genau, was sich hinter der Fassade des SEZ versteckte, und erzählt von kleinen Stufen, Brunnen und Fontänen. „Wohnraum finde ich sinnvoll, aber ich finde, dass das SEZ auch zur Historie von Berlin gehört“, sagt Luis. Natürlich wäre es schade, dass es kaum genutzt wird, ergänzt er, aber fügt hinzu, „dass Berlin jetzt kaum Freizeitbäder hat, die dem SEZ gleichkommen“. Einen Abriss wünscht er sich definitiv nicht.

Ein Stück Osten verschwindet: So stellt man sich die Zukunft des SEZ vor
Die Stadtentwicklungsverwaltung will auf dem Gelände des SEZ insgesamt 500 Wohnungen bauen. Entlang der Landsberger Allee seien außerdem eine Schule, aber auch Einzelhandel, Sport- und Freizeitnutzungen möglich. Grüner soll es übrigens auch werden. Ob das ganze SEZ abgerissen wird, ist ungewiss. Eine Befürworterin der Zukunftspläne ist Mai Wuschken (52) aus Prenzlauer Berg. Sie wohnt, wie sie es beschreibt, „zu Hause ums Eck.“ Was denkt sie über das SEZ?
„Das ist so oll und verkommen, es wurde ja nicht saniert, also sollte es anders genutzt werden“, sagt die 52-Jährige und wirft noch mal ein Blick auf das Gebäude. „Man hat Wohnbedarf, da soll angeblich auch eine Schule hinkommen. Auch wäre es schön, wenn mal so was Nettes da wäre, wo man auch anders abhängen kann, nicht nur auf der Straße vor dem Späti.“ Also weg mit dem SEZ? „Natürlich, olles Zeug“, sagt Mai und lacht. Keine Nostalgie? „Ne, warum? Es gibt genügend Sportklubs“, konstatiert Mai.

Wohnungen, die kein Normalsterblicher bezahlen kann
Der Tag ist richtig ungemütlich, ein kalter Wind pfeift durch die Straßen. Aber gerne bleiben Leute stehen und denken zurück an die gute alte Zeit des SEZ. Jan Lippmann (57) aus Köpenick ist eigentlich auf dem Weg zur Arbeit, aber zum Thema SEZ erzählt er gerne. „Schlittschuhlaufen, Schwimmen, Volleyball, Bowling, Tischtennis“, er hat dort die meisten seiner sportlichen Fähigkeiten erlernt. „Mit den Jungs waren wir hier immer, wenn man Zeit hatte.“ Gut kann er sich an diese Kindheitstage erinnern und schwärmt von der Glanzzeit des SEZ.
Wie fühlt es sich an, das SEZ so zu sehen? Jan zuckt mit den Achseln. „Na ja, so wie über viele Gebäude in Berlin, die einfach verfallen, wo nüscht gemacht wird. Von mir aus können se dit wieder machen, dann hat es wieder einen Sinn.“ Das Thema Wohnraum ärgert den 57-Jährigen. „Da hab ick meine eigene Meinung zu. In Köpenick war es früher ziemlich ruhig und da wird jetzt alles zugebaut, wo ’ne Lücke ist. Das Verkehrskonzept stimmt überhaupt nicht, die Leute wollen einfach Wohnungen, und oft kann man die als Normalsterblicher nicht mehr zahlen.“

Von Palmen-Nostalgie zur Trauer: „Schrecklich und schade zu sehen, wie das SEZ verfällt“
Sylvia Münzberg (60) aus Friedrichshain bedauert die bevorstehende Zukunft der SEZ sehr. „Es ist schrecklich und schade zu sehen, wie es verfällt“, sagt Sylvia. Sie meint, dass es in dieser Gegend keine vergleichbaren Einrichtungen gibt. „Ich war hier immer; Spaßbad, Schlittschuh fahren, bowlen, gut essen. Die Eisbahn hatte Disko, im Sommer fuhren wir Rollschuh. Da gab es Palmen und ein Wellenbad, das war schon was Besonderes.“
Sylvia ergänzt: „Wenn man es richtig anpackt, glaube ich, dass es sehr gut ankommen würde und meine Enkelkinder würden es auch schön finden. Was Wohnraum angeht, ja, der wird auch benötigt, aber da gibt es andere Stellen“, sagt die 60-Jährige.

Viele schwärmen von den schönen Zeiten des SEZ
Die 22-jährige Lena Stutzke aus Friedrichshain erzählt, dass auch sie als Kind die Badmintonhalle besuchte. „Meine Eltern waren früher in ihrer Jugendzeit oft dort unterwegs. Sie schwärmen oft noch von der Zeit, tatsächlich“, erzählt Lena und lächelt. Was denkt sie über die Zukunft des Geländes? „Ich glaube, es hatte viel Potenzial vor vielen Jahren. Um es instand zu halten, hätte man früher was manchen müssen. Also ich denke schon, dass der Wohnraum wichtig ist in Berlin, solange es nicht Luxusapartments werden“, betont Lena. Dann spaziert sie weiter mit ihrem Hund, Richtung Park hinter dem SEZ.
Luis Romero (41) aus Friedrichshain ist auch Vater. Er sagt, dass mehr Menschen von der Fläche profitieren können, wenn Wohnraum und eine Schule dort hinkommen. „Schauen Sie mal, da sind nur Graffitis, die Ecke wird nicht belebt! Wenn mehr Leute dort etwas machen könnten, wäre es schöner“, meint er.

SEZ: „Da sind nur Graffitis, die Ecke wird nicht belebt!“
George Barbieri (39) ist seit einem Jahr in Berlin, wohnt in Friedrichshain – und spaziert mit seinen zwei Kindern am SEZ vorbei. Auf Englisch erzählt er, dass ihm die Wohnsituation natürlich wichtig ist. „Mir ist es aber auch sehr wichtig, schöne Plätze zu haben, wo man mit seinen Kindern Aktivitäten erleben kann.“ Er meint auch, dass es in der Gegend nicht genügend solche Plätze gäbe. „Das SEZ hat definitiv Potenzial“, konstatiert er.
Was denken Sie über das SEZ und die Pläne des Senats? Schicken Sie uns Ihre Meinung per Mail an wirvonhier@berlinerverlag.com. Wir freuen uns über Ihre Zuschriften! ■
