Sie überleben häufiger und tragen seltener eine Behinderung davon: Stroke-Einsatz-Mobile (sogenannte Stemo) haben schon Tausenden Berliner Schlaganfall-Patienten das Leben gerettet. Sie sehen aus wie überdimensionale Krankenwagen und sind so etwas wie Schlaganfall-Kliniken auf vier Rädern. Problem: Sie sind sehr teuer. Pro Jahr kostet der Unterhalt der drei Berliner Stemos rund fünf Millionen Euro. Bisher ist das Geld nur bis zum Ende des Jahres gesichert. KURIER erklärt, wie die Stroke-Einsatz-Mobile ausgerüstet sind und wie sie funktionieren.
In Berlin gibt es insgesamt drei dieser sogenannten Stroke-Einsatz-Mobile, die es Spezialisten ermöglichen, den Schlaganfall noch vor Ort zu erkennen und den Patienten sofort zu behandeln. Stroke ist die englische Bezeichnung für Schlaganfall.
Die rollenden Lebensretter mit eingebautem Computertomograph (CT) sind in Deutschland bislang eine Seltenheit. Neben den drei in Berlin wird bald ein viertes Stemo durch die Region rund um Mannheim rollen. Das neue Fahrzeug verfügt über ein noch moderneres CT, das nach Angaben des Unfallkrankenhauses noch schneller Bilder liefert und nahezu gleichwertig mit einem stationären CT im Krankenhaus ist.
In Berlin sind die rund zehn Tonnen schweren Wagen am Unfallkrankenhaus Marzahn (UKB) sowie in den Feuerwachen Charlottenburg-Nord und Mariendorf stationiert. Die Spezialfahrzeuge rücken zu 7000 bis 8000 Einsätzen pro Jahr aus. Nicht bei jeden Einsatz handelt es sich am Ende um einen Schlaganfall, aber oft. Die Stemos werden von der Berliner Feuerwehr betrieben und mit Personal des Unfallkrankenhauses, der Charité und Vivantes besetzt.
KURIER erklärt das Innere des Berliner Stroke-Einsatz-Mobils

„Die frühe Diagnose ist wichtig. Time is brain“, also Zeit ist Gehirn, wie Charité-Vorstand Martin Kreis sagt. Wenn das Gehirn für längere Zeit ohne Sauerstoffversorgung bleibt, sind die Schäden irreversibel. Mit jeder Sekunde, die verstreicht, sterben Nervenzellen im Gehirn ab. Das kann zu bleibenden Behinderungen, im schlimmsten Fall zum Tod führen.
Seit 2017 sind die Berliner Stroke-Einsatz-Mobile unterwegs, jedes Fahrzeug hat inzwischen fast 200.000 Kilometer auf dem Tacho. 94 Prozent der Berliner Bevölkerung können mit ihnen innerhalb von 25 Minuten erreicht werden. Time is brain ... Das Stemo fährt direkt zum Patienten, bereits vor Ort kann mit dem eingebauten CT die Art des Schlaganfalls geklärt und dann unmittelbar mit der Behandlung begonnen werden. Wertvolle Zeit wird gewonnen. Denn die ersten 60 Minuten nach einem Schlaganfall sind für den weiteren Krankheitsverlauf entscheidend.
Schlaganfallhilfe: Neues Stemo liefert bei geringerer Strahlung schneller Bilder
Die schnelle Schlaganfallhilfe aber ist teuer. Allein das CT kostet pro Wagen rund 300.000 Euro, sagt Matthias Wendt, Ärztlicher Stützpunktleiter am UKB zum KURIER. Anschaffungskosten für ein Fahrzeug: rund eine Million Euro. Die Finanzierung in Berlin ist bisher aber nur bis zum Ende des Jahres gesichert.
Rund fünf Millionen Euro kostet das Stemo-Programm pro Jahr, sagt Charité-Neurologe Professor Heinrich Audebert auf KURIER-Nachfrage. Man hangele sich von einem Doppelhaushalt zum nächsten, jedes Jahr müsse neu verhandelt werden. Bei einer Fachkonferenz im Berliner Futurium forderte Audebert jetzt eine dauerhafte Lösung. Das Konzept sei in Berlin entwickelt worden und gelte weltweit als Vorbild. Der Arzt begleitet den Einsatz der Berliner Stemos seit dem Projektstart im Jahre 2011 wissenschaftlich.

Inzwischen gibt es immer mehr Länder, in denen mobile Schlaganfallfahrzeuge eingesetzt werden. Etwas in Thailand und China, auch Indien, Brasilien und Australien setzen auf das Konzept.
Vorgestellt wurde am Montag in Berlin auch ein Fahrzeug der neuesten Generation, das in Kürze im Rhein-Neckar-Raum unterwegs sein wird. Das weiterentwickelte Stemo ist mit einer neuen Generation von Kopf-CTs ausgestattet. Es liefert bei geringerer Strahlung schneller Bilder, die qualitativ auch noch besser sind. Weniger Strahlung heißt auch weniger nötiger Strahlenschutz, also weniger Gewicht. Mit rund fünf Tonnen ist das Gefährt nur noch so halb so schwer wie seine Berliner Brüder und damit auch wendiger. ■