Ein Urteil aus Berlin sorgt für Aufruhr in der Asylpolitik – und für Anfeindungen gegen Richter. Mit einem überraschenden Eilentscheid hatte das Berliner Verwaltungsgericht klargestellt: Die Zurückweisung von Asylsuchenden hinter der deutschen Grenze ist nicht rechtens, wenn das sogenannte Dublin-Verfahren nicht korrekt durchlaufen wurde. Ein Urteil, das nicht nur juristisch für Wirbel sorgt, sondern offenbar auch emotional tief trifft – denn seitdem sehen sich die beteiligten Richter massiven Drohungen und Diffamierungen ausgesetzt.
Im Mittelpunkt steht ein Fall, der auf den ersten Blick ganz alltäglich wirkt: Zwei Männer und eine Frau aus Somalia reisten mit dem Zug aus Polen nach Deutschland ein. Die Bundespolizei griff am 9. Mai am Bahnhof Frankfurt (Oder) ein, kontrollierte das Trio – und schob es noch am selben Tag nach Polen zurück. Der Vorwurf lautet: Einreise aus einem sicheren Drittstaat. Doch die Somalier zogen vor Gericht – und bekamen Recht.
Das Berliner Verwaltungsgericht stellte sich gegen die Linie der Bundespolizei und urteilte, dass ein solches Vorgehen gegen geltendes Recht verstoße. Die Richter machten deutlich, dass Deutschland nicht einfach abweisen darf, ohne zuvor das Dublin-Verfahren korrekt zu durchlaufen – selbst wenn es sich um eine Einreise über ein sicheres Drittland handelt.
Welle der Empörung über die Richter
Was folgte, war eine Welle der Empörung – allerdings nicht nur politisch. Der Deutsche Richterbund teilte dazu mit: „Zwei Kolleginnen und ein Kollege haben in Berlin gemeinsam über eine Rechtsfrage zur Zurückweisung von Asylsuchenden entschieden. Deswegen werden sie persönlich diffamiert und bedroht. Das geht zu weit!“

Und weiter: „Kritik an gerichtlichen Entscheidungen wird durch das Recht zur freien Meinungsäußerung geschützt. Sie ist wichtig für die demokratische Diskussion und unterstützt die Entscheidungsfindung anderer Gerichte. Etwas anderes gilt für persönliche diffamierende Angriffe auf Richterinnen und Richter. Sie sind ein Angriff auf den Rechtsstaat und damit auf uns alle.“ Wer die Drohungen ausgesprochen hat, blieb zunächst unklar.
Juristisch ist die Entscheidung eindeutig: Das Gericht sah keine ausreichende Begründung der Behörden für eine Notlage, die einen Verzicht auf das Dublin-Verfahren rechtfertigen würde. Die Rückweisungen sind damit unzulässig – und die Betroffenen behalten das Recht, in Deutschland Asyl zu beantragen.