„Psychisch bin ich am Ende“

Polizei hielt ihn für Burkhard Garweg: So erlebte der falsche RAF-Terrorist die Festnahme

Am Dienstag nahmen Polizisten in Spandau einen Mann fest, den sie für den RAF-Terroristen Burkhard Garweg halten. Ein Irrtum mit Folgen.

Teilen
In einem ICE in Spandau wurde am Dienstag ein Mann festgenommen, den Passanten und Polizisten für den gesuchten RAF-Terroristen Burkhard Garweg (rechts) hielten.
In einem ICE in Spandau wurde am Dienstag ein Mann festgenommen, den Passanten und Polizisten für den gesuchten RAF-Terroristen Burkhard Garweg (rechts) hielten.Ralph Peters/imago, Landeskriminalamt Niedersachssen

Es war eine Nachricht, die viele aufatmen ließ: Am Mittwoch meldeten Medien, der seit Monaten gesuchte RAF-Terrorist Burkhard Garweg sei gefasst. In einem ICE aus Bonn meldeten Passagiere, den 55-Jährigen erkannt zu haben. Doch schon kurze Zeit später gab es Entwarnung: Er war es nicht! Vor allem für einen war die ganze Situation ziemlich dramatisch – nämlich für den Mann, der für Garweg gehalten und festgenommen wurde. In einem Interview berichtete der Berliner jetzt, wie er die Situation erlebte.

RAF-Fahndung: Der falsche Burkhard Garweg ist ein Sozialarbeiter aus Reinickendorf

Bei dem Mann handelt es sich laut einem Bericht der „Bild“-Zeitung um einen Sozialarbeiter aus Berlin. Der 51-Jährige aus Reinickendorf befand sich in dem Zug und rechnete mich nichts Bösem, als gegen 22.30 Polizisten die Bahn stürmten, ihn festnahmen. Das Problem: Eine gewisse Ähnlichkeit zwischen dem Berliner und dem RAF-Terroristen Burkhard Garweg lässt sich nicht leugnen – zumindest auf den ersten Blick. „Die kamen mit gezogenen Knarren auf mich zu und drückten mich auf den Boden“, berichtete der Mann gegenüber der Zeitung. „Erst dachte ich, das wäre ein Streich von ‚Verstehen Sie Spaß?‘. Aber dafür war es dann doch zu krass!“

Auf die Frage, was er getan habe, habe ein Polizeibeamter nur geantwortet, dass er das „schon selbst wisse“. Der Berliner wurde danach auf ein Polizeirevier in Spandau gebracht – und kam durch herumliegende Papiere selbst auf die Idee, dass er für einen Terroristen gehalten wird. Schnell versuchte er, den Irrtum aufzuklären. „Ich habe ihnen alle meine Ausweisdokumente gezeigt, sogar meinen Bibliotheksausweis“, verrät er. Doch es hilft nichts: Über Nacht musste er in Gewahrsam bleiben.

Die Polizei sucht weiterhin mit Hochdruck die beiden früheren RAF-Mitglieder Ernst-Volker Staub (l.) und Burkhard Garweg. 
Die Polizei sucht weiterhin mit Hochdruck die beiden früheren RAF-Mitglieder Ernst-Volker Staub (l.) und Burkhard Garweg. Julian Stratenschulte/dpa

Die Zustände beschreibt er als „unmenschliche“. Alles sei „dreckig und eklig“ gewesen, sagt er. Erst am nächsten Morgen kommt die erlösende Nachricht: Offenbar haben sich die Ermittler die Fotos von RAF-Terrorist Bukhard Garweg noch einmal genauer angeschaut. Der versehentlich verhaftete Berliner kommt frei. „Ich bin komplett durch den Wind. Psychisch bin ich am Ende. Jetzt gehe ich erst mal zum Arzt und lasse mich krankschreiben.“ Für ihn ist der ganze Vorgang nicht nachvollziehbar. „Es ist wirklich eine Frechheit. Ich sehe dem nicht mal ähnlich.“

Seit 2015 ermittelt die Staatsanwaltschaft Verden gegen die ehemaligen RAF-Terroristen Staub, Daniela Klette und Garweg wegen versuchten Mordes sowie versuchten und vollendeten schweren Raubs in mehreren Fällen. Klette wurde Ende Februar in Berlin-Kreuzberg festgenommen. Die Polizei - federführend das LKA Niedersachsen - hatte jahrzehntelang nach ihr gesucht. Nach Staub und Garweg wird weiter gefahndet. Sie gehörten der sogenannten dritten Generation der linksextremistischen Roten Armee Fraktion (RAF) an. 1998 erklärte sich die RAF, die mehr als 30 Menschen getötet hatte, für aufgelöst. ■