Zwei Mütter, die mit ihren kleinen Kindern in einem Geschäft nach Ladenschluss eingesperrt wurden: Der Vorfall in einem Mode-Kaufhaus am Berliner Alexanderplatz sorgt noch immer für Aufregung in der Hauptstadt, über den der KURIER berichtet hatte. Vor allem stellt sich die Frage, warum kein Mitarbeiter des Geschäftes bemerkte, dass noch Kunden in dem Laden waren. Ein ungeheurer Vorfall, den Verkäufer vor Ort und das Unternehmen im Nachhinein schwer erklären können.
Rückblick: Der Vorfall ereignete sich am 14. Oktober in Berlin-Mitte. Es ist nach 20 Uhr, viele Geschäfte haben geschlossen – auch das Mode-Kaufhaus, das sich im Berolinahaus schräg gegenüber dem Galeria-Warenhaus befindet. Kurz vor 20.30 Uhr werden hinter der verschlossenen Glaseingangstür zwei Mütter sichtbar. Sie wollen heraus aus dem Mode-Laden und können es nicht. Man sieht: Die eine Frau hat einen Sportkinderwagen dabei, versucht, ihre zwei Kleinen zu trösten. Die andere Mutter hat ihre Tochter fest umklammert und versucht, sie zu beruhigen.
Dank eines auslösenden Einbruchalarms konnten die eingesperrten Mütter und ihre Kinder befreit werden. Der Alarm ging bei der Polizei ein, Beamte erschienen vor Ort. Diese riefen den für das Geschäft zuständigen Sicherheitsdienst, der dann das Mode-Kaufhaus aufschließen konnte.
Mitarbeiter des Geschäftes und auch das Unternehmen kommen merklich in Erklärungsnot, als der KURIER wissen will, wie es geschehen konnte, dass gleich zwei Frauen und drei kleine Kinder nach Ladenschluss im Geschäft übersehen und eingeschlossen wurden. Die Pressestelle des Unternehmens, die nur per Mail erreichbar ist, reagiert jedenfalls nicht auf unsere erste Anfrage. Sie sei in den Spam-Ordner gelangt, heißt es später auf eine erneute Nachfrage.
Eingesperrte Mütter und Kinder im Laden: Personal ist überrascht
Also ruft der KURIER einen Tag nach den Ereignissen im Geschäft an. Eine Verkäuferin ist am Telefon hörbar erstaunt, als wir ihr von dem Vorfall berichten. „Wir haben nichts mitbekommen“, sagt sie. Nichts mitbekommen heißt: Man wisse nicht nur, dass nach Ladenschluss noch Kunden im Geschäft waren. Man hätte am Tag danach auch keine Ahnung davon gehabt, dass es am Vorabend einen Polizeieinsatz wegen eingeschlossener Kunden gegeben hatte.

Einen Tag nach diesem Telefonat fragen wir den Filialleiter vor Ort. Das Mode-Kaufhaus erstreckt sich über vier Etagen. Im ersten Untergeschoss befindet sich die Kinderabteilung. In einer hinteren Ecke befinden sich die Umkleiden, die recht groß sind. Möglicherweise waren hier auch die Mütter mit ihren Kindern, die man zum Ladenschluss übersehen hatte.
Wie kann das passieren? Warum haben die Mütter nicht mitbekommen, dass der Laden schließt? Gab es etwa keine Durchsagen, auch nicht in mehreren Sprachen? Und wie kann es sein, dass das Personal nicht mitbekommen haben will, dass noch Kunden im Geschäft waren? Diese Gruppe durfte man doch kaum übersehen haben!
Der Filialleiter bittet uns um Verständnis, dass er uns gegenüber keine Auskunft geben darf. Man habe ja eine Pressestelle. Nur: Diese hatte die erste Antwortfrist auf unsere Mail unbeantwortet verstreichen lassen.
Doch beim wiederholten Anlauf meldet sich eine Pressesprecherin der Mode-Kaufhauskette. Sie entschuldigt sich, dass sie sich erst so spät melde. Wie gesagt, die erste Mail war im Spam-Ordner gelandet.
Dann teilt sie schriftlich mit: „Dass zwei Mütter mit drei Kindern nach Ladenschluss in unserer Filiale eingeschlossen wurden, tut uns aufrichtig leid. Die Sicherheit und das Wohlergehen unserer Kundinnen und Kunden stehen für uns immer an oberster Stelle. Wir können uns diesen Ablauf bislang nur schwer erklären und sind selbst erschrocken.“
Eingesperrte Kunden im Mode-Kaufhaus am Alex: Das sagt das Unternehmen
Es folgt eine Erklärung darüber, was passiert, wenn das Mode-Kaufhaus am Alex geschlossen wird. Die Schritte würden nach einem klaren und bewährten Ablauf geschehen. „Bereits um 19.45 Uhr erfolgt die erste Durchsage – auf Deutsch und Englisch, da wir viele internationale Gäste in unserer Filiale am Alexanderplatz begrüßen“, so die Sprecherin. „Um 19.50 Uhr folgt eine zweite Durchsage. Danach gehen unsere Mitarbeitenden persönlich durch alle Etagen, sprechen verbliebene Kundinnen und Kunden direkt an und bitten sie freundlich, das Geschäft zu verlassen.“
Weiter heißt es: „Erst wenn das Team sicher ist, dass niemand mehr auf der Fläche ist, beginnt die Schließung: Die Hauptbeleuchtung wird nach und nach ausgeschaltet, die Rolltreppen gestoppt und die Alarmanlage aktiviert. Diese lässt sich normalerweise nicht scharfstellen, wenn noch Bewegung im Laden registriert wird.“
Dennoch wurde „gegen 20.30 Uhr die Alarmanlage ausgelöst. Unser Sicherheitsdienst wurde informiert und konnte gemeinsam mit der Polizei die eingeschlossenen Personen über den Haupteingang befreien“.