Ein BSR-Mann erzählt

Müll-Hauptstadt Berlin: Warum in der DDR die Straßen sauberer waren

Ronald Fiedler von der Berliner Stadtreinigung weiß, warum Berlin immer mehr verdreckt. Er erzählt, was sich in den letzten Jahren geändert hat.

Author - Berliner KURIER
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Viele Berliner ärgern sich über eine zunehmend verdreckte Stadt. Viele lassen achtlos Fast-Food-Schachteln, Papier und Kippen fallen. Die BSR kommt beim Reinigen kaum hinterher.
Viele Berliner ärgern sich über eine zunehmend verdreckte Stadt. Viele lassen achtlos Fast-Food-Schachteln, Papier und Kippen fallen. Die BSR kommt beim Reinigen kaum hinterher.Political-Moments/imago

„Ich würde mir mehr Respekt vor unserer Stadt und auch vor uns Straßenreinigern wünschen. Es kommt vor, dass ein Reiniger gerade die Straße gesäubert hat – und nach einer kurzen Pause kommt er zurück und die Straße ist wieder voll mit Müll.“ Ronald Fiedler weiß, wovon er spricht. Seit 45 Jahren arbeitet der 61-Jährige bei der Stadtreinigung, bis zur Wende bei der Stadtwirtschaft Berlin im Ostteil der Stadt, danach bei den Berliner Stadtreinigungsbetrieben (BSR). Fiedler ärgert sich über die Mir-doch-egal-Haltung mancher Berliner und weiß, was zu DDR-Zeiten bei der Straßenreinigung anders lief.

Viele Berliner ärgern sich über eine zunehmend verdreckte Stadt. Die Parks vermüllen, Sperrmüll stapelt sich an den Straßenrändern, viele lassen achtlos Fast-Food-Schachteln, Papier und Kippen fallen. Die Mitarbeiter der BSR kommen mit dem Aufräumen kaum hinterher.

Ein BSR-Mann erzählt: Rücksichtslose Leute machen uns das Leben schwer

Ronald Fiedler sagt aber auch: „Die meisten Berliner – das muss man aber sagen – entsorgen ihre Abfälle ordnungsgemäß. Die Masse der Leute fährt zum Recyclinghof, um ihren Sperrmüll abzugeben, das sieht man ja auch an den Schlangen, die da manchmal sind. Es sind einzelne rücksichtslose Leute, die uns die Arbeit echt schwer machen.“

In seinen knapp 45 Jahren Dienst bei der Stadtreinigung habe sich vieles verändert, erzählt der 61-Jährige in der Berliner Zeitung. Dass die Stadt dichter bebaut wurde, habe die Arbeit schwieriger gemacht. „Mehr Leute, die dann mehr Abfall produzieren und auch Müll achtlos fallen lassen. Die Straßenbahnhaltestellen zum Beispiel sind morgens und nachmittags proppenvoll. Die Straßenpapierkörbe dementsprechend auch.“ Also müssen sie auch öfter geleert werden.

Mehr Touristen, mehr Müll. „Hier und da spürt man bei der Arbeit schon die Touristen-Hotspots. Und es gibt gewisse Straßen, da sehe ich schon, dass am Sonnabend wieder Party war“, erzählt der BSR-Mann in der Berliner Zeitung. Die Straßen müssen häufiger als früher gereinigt werden, für 240 Grünanlagen in der Stadt ist die BSR auch seit geraumer Zeit zuständig.

Ronald Fiedler (61) arbeitet seit 45 Jahren bei der Stadtreinigung in Berlin.
Ronald Fiedler (61) arbeitet seit 45 Jahren bei der Stadtreinigung in Berlin.Maurice Weiss/Ostkreuz

Anders als früher sei auch, dass sich die Leute heute mehr im Freien aufhielten. „Die Parks werden von einigen als Wohnzimmer im Grünen genutzt. Da bleiben dann leider auch mal die Pizzaschachteln liegen. Und dass in den Parks oft von jungen Leuten bis spät in die Nacht gefeiert wird, gab es früher so auch nicht“, sagt Ronald Fiedler, der heute als Regionalstellenleiter in der Niederlassung Kniprodestraße in Pankow arbeitet, die für den Nordosten Berlins zuständig ist. Begonnen hatte er einst in der DDR als Berufskraftfahrer, er fuhr Großkehrmaschinen und Streufahrzeuge.

Zu DDR-Zeiten gab es private Reinigungsverträge

Viele Ostberliner erinnern sich, dass die Stadt zu DDR-Zeiten sauberer war. Ronald Fiedler sagt, dass damals die Stadtreinigung anders organisiert war. In der DDR hätte es private Reinigungsverträge gegeben, viele Bürger reinigten einmal die Woche nach ihrer eigentlichen Arbeit ein bestimmtes Straßenstück, um sich etwas dazuzuverdienen, erzählt der BSR-Mann in der Berliner Zeitung. Rund 1000 Mark gab es dafür pro Halbjahr – ein lobenswertes Zubrot.

Mit Besen und Kehrmaschine: So wurde 1985 der Alexanderplatz gereinigt.
Mit Besen und Kehrmaschine: So wurde 1985 der Alexanderplatz gereinigt.Frank Sorge/imago

Zwar hätte es auch im Osten hauptberufliche Straßenreiniger gegeben. Doch die reinigten nur ausgewählte Straßen, wie etwa Teile der Protokollstrecke der DDR-Regierung von Wandlitz zum Staatsratsgebäude. „Ich selbst habe auch nach der Arbeit privat gefegt und Laub geschoben“, sagt Fiedler. Gerade in der Laubzeit wäre das sehr aufwendig gewesen. „Alles auf einen Haufen, den die Stadtwirtschaft dann eingesammelt hat. Ich kann mich noch an das erste Geld erinnern, das ich da bekommen habe.“