12-jähriger Junge verletzt

Bluttat an Grundschule: Das Küchenmesser lag noch am Tatort

Eltern der Grundschüler weiter in Angst: Der tatverdächtige 13-Jährige ist weiter auf der Flucht und wird per Fahndungsfoto gesucht!

Author - Stefan Doerr
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Polizisten vor der Schule im Berliner Bezirk Spandau: Nach dem Messerangriff am Donnerstag musste ein 12-Jähriger notoperiert werden.
Polizisten vor der Schule im Berliner Bezirk Spandau: Nach dem Messerangriff am Donnerstag musste ein 12-Jähriger notoperiert werden.dpa

Nach dem lebensgefährlichen Angriff auf einen Schüler an der Grundschule am Weinmeisterhorn im Berliner Bezirk Spandau sucht die Polizei weiterhin nach dem 13-jährigen Tatverdächtigen. Bei dem Flüchtigen handelt es sich um einen deutsch-amerikanischen Jugendlichen, sagte ein Polizeisprecher. Das zwölfjährige Opfer ist deutscher Herkunft. Der Tatverdächtige soll den Mitschüler am Donnerstag mit einem Messer verletzt haben.

Am Tatort wurde nach Polizeiangaben ein Küchenmesser gefunden. Der Täter soll dem Zwölfjährigen die Klinge in den Oberkörper gerammt und ihn lebensgefährlich verletzt haben. Der verletzte Schüler wurde in einem Krankenhaus notoperiert. Sein Zustand ist laut Polizei stabil. Die Mordkommission hat die Ermittlungen übernommen. Die Ermittler suchen jetzt auch öffentlich nach dem 13-Jährigen, der nach der Tat vom Schulgelände floh.

Die Suche nach dem mutmaßlichen Täter Alan-Said Ibrahim blieb bisher erfolglos. Derzeit kann laut Polizei nicht ausgeschlossen werden, dass bei dem Schüler eine Eigengefährdung vorliegt. Er fährt gerne mit Zügen der Deutschen Bahn. Er wird wie folgt beschrieben: 170 cm groß, kurze, braune Haare. Jugendliches Aussehen, kräftige Statur. Zuletzt trug der 13-Jährige ein weißes T-Shirt, hellblaue Jeans und schwarze Schuhe.

Der Vermisste befindet sich möglicherweise in einer psychischen Ausnahmesituation und könnte ein Messer bei sich führen. Die Polizei warnt: „Bitte seien Sie vorsichtig und alarmieren Sie über 110 die Polizei, wenn Sie den Vermissten sehen.“ Wer Hinweise zu seinem Aufenthaltsort geben kann, wird gebeten, sich unter der Telefonnummer (030) 4664-912444 bei der Polizei zu melden.

In der Umkleidekabine stach er zu

Warum der Junge zugestochen haben soll, blieb vorerst rätselhaft. Das Ganze sei in der Umkleidekabine vor oder nach dem Sport passiert, erzählte die Mutter eines Jungen, der Zeuge wurde. Es habe an diesem Tag keine Vorgeschichte gegeben, es sei aber bekannt gewesen, dass die beiden Kinder sich nicht besonders mochten, sagte sie.

Eine Mitschülerin sagte dem KURIER, der 13-Jährige habe die Tat angekündigt. Der Teenager habe am Donnerstag gesagt, er wolle heute jemanden abstechen, so die 13-Jährige. Sie habe das nicht ernst genommen, weil der Junge früher schon einmal so etwas gesagt habe. Das Opfer habe er sich willkürlich ausgesucht und mehrfach auf den 12-Jährigen eingestochen.

Nach der Bluttat wird der 13-jährige mutmaßliche Täter mit Vermisstenanzeige gesucht.
Nach der Bluttat wird der 13-jährige mutmaßliche Täter mit Vermisstenanzeige gesucht.dpa

Alan-Said Ibrahims Eltern gaben eine Vermisstenanzeige auf, da der Junge nicht zu Hause erschien. Dabei werden die Freunde und anderen Kontakte des Jungen und der Familie befragt, sagte ein Polizeisprecher.

Auch andere Bundesländer wie Niedersachsen sollen dabei in den Blick genommen werden, weil die Familie dort Bekannte habe. Ermittelt werde in dem Fall weiter von einer Mordkommission. Am Donnerstagabend hatte die Polizei mit Hubschraubern und Spürhunden nach dem Tatverdächtigen gesucht. Die Spur verlor sich allerdings in einer nahegelegenen Kleingartenkolonie und in den Rieselfeldern unweit der Schule. Über dem Wohngebiet an der Schule war auch kurz ein Hubschrauber zu hören.

Eltern der Grundschüler weiter in Angst

Am Tag nach der Tat stehen die Eltern der Schüler, die die Grundschule besuchen, noch unter dem Eindruck des Geschehens. Viele führen ihre Kinder an der Hand bis zur Tür, einzelne kommen gar mit dem Taxi. Andere Kinder kommen erst gar nicht. Die Eltern lassen sie entschuldigen. Mehr als die Hälfte der Schüler in der Klasse seines Kindes seien nicht erschienen, sagt ein Vater.

„Wir haben die Kinder bis zur Schule gebracht, weil sie Angst hatten“, sagte eine Mutter dem KURIER. Der Vater der Kinder sei selbst Polizist und habe gesagt, dass es nichts bringe, sie zu Hause zu lassen. „Es geht weiter“, so die Mutter.

Eine andere Mutter, deren Tochter in die zweite Klasse geht, ist schockiert über die Tatsache, dass schon Kinder „mit Messern hantieren“. „Die Einschläge rücken näher“, sagt die Frau. Sie kritisiert die aus ihrer Sicht laschen Konsequenzen bei solchen Vorfällen. „Dieses windelweiche Reagieren mit sozialpädagogischen Stuhlkreisen“ führe zu nichts. Andere Länder hätten immerhin die Strafmündigkeit heraufgesetzt.

Kurz nach dem Messerangriff in Berlin gab es in Nordrhein-Westfalen einen Polizeieinsatz wegen einer ähnlichen Tat. Ein Elfjähriger soll in Remscheid in Nordrhein-Westfalen einen 13 Jahre alten Jungen bei einer Auseinandersetzung mit einem Messer schwer verletzt haben.

Nach dem Angriff sind erneut Debatten um das Thema Gewalt von Kindern und Jugendlichen entbrannt. Die Berliner Polizei warnt bereits seit Jahren vor einer zunehmenden Gewaltbereitschaft bei diesen Gruppen. Schon 2022 und 2023 hatte Polizeipräsidentin Barbara Slowik Meisel gesagt, sie sei ganz persönlich besorgt durch den Anstieg von Taten, an denen Kinder und Jugendliche beteiligt sind. „Das hat leider zugenommen. Wir betrachten diese Entwicklung sehr genau“, sagte sie damals.

2023 gab es in Berlin 3.482 registrierte Straftaten mit Messern. Etwa die Hälfte davon waren laut Polizei Drohungen mit dem Messer. 2024 lagen die Zahlen ähnlich hoch.