Offene Feld-Schlacht

Merz und Scholz wollen Tempelhofer Feld bebauen! DAS will der Senat

Nach dem Kanzlerkandidaten-Quadrell am Sonntag scheint es neue Pläne für das Tempelhofer Feld zu geben. Der Aufschrei folgte prompt.

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Das Tempelhofer Feld in Berlin. Seit Jahren gibt es Streit um eine mögliche Bebauung.
Das Tempelhofer Feld in Berlin. Seit Jahren gibt es Streit um eine mögliche Bebauung.Emmanuele Contini/imago

Friedrich Merz will das Tempelhofer Feld bebauen – auch ohne das Okay der Bürger. Doch was ist rechtlich machbar, und wie schnell könnte das Vorhaben Realität werden?

Am Sonntagabend sorgte die Kanzlerkandidaten-Runde „Quadrell“ für reichlich Zündstoff. Neben zentralen Zukunftsfragen für Deutschland rückte auch ein Berliner Dauerthema in den Fokus: das Tempelhofer Feldes. CDU-Chef Friedrich Merz machte deutlich, dass das große Areal um den alten Flughafen Tempelhof genutzt werden sollte. Er verwies auf den Volksentscheid von 2014, der eine Bebauung bislang verhinderte, und stellte klar, dass er sich damit nicht zufriedengeben will.

Seiner Ansicht nach müsse die Politik auch gegen den erklärten Willen der Anwohner handeln und das Gebiet als Bauland ausweisen. Kanzler Olaf Scholz (SPD) unterstützte diese Haltung und signalisierte Zustimmung.

Die Reaktionen auf Merz‘ Vorstoß ließen nicht lange auf sich warten. Lisa Paus von den Grünen kritisierte, dass durch eine Bebauung Erholungsflächen für alle Berliner wegfallen würden, was sie als sozial ungerecht und klimaschädlich bezeichnete, schreibt der „Tagesspiegel“ (Bezahlschranke).

Auch Katrin Schmidberger von den Berliner Grünen betonte, dass viele Menschen in der Stadt keine großen Wohnungen mit Gärten hätten und das Tempelhofer Feld als Naherholungsgebiet unverzichtbar sei. Katalin Gennburg von der Linken sprach sich für eine bessere Nutzung des bestehenden Wohnraums aus und warf Merz und Scholz vor, sich zu sehr an den Interessen der Bauindustrie zu orientieren.

Auch innerhalb der SPD gibt es Widerstand. Sinem Taşan-Funke, stellvertretende Berliner SPD-Landesvorsitzende, betonte, dass das Feld nur dann bebaut werden solle, wenn die Berliner selbst eine andere Entscheidung träfen. Selbst Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU), der grundsätzlich eine Bebauung befürwortet, hält eine breite Mehrheit in der Bevölkerung für notwendig und sprach sich gegen eine schnelle Entscheidung ohne Bürgerbeteiligung aus.

Wie realistisch ist eine Bebauung des Tempelhofer Felds?

Die Entscheidung über eine Bebauung liegt beim Land Berlin und nicht bei Bundespolitikern. Theoretisch könnte das Tempelhofer-Feld-Gesetz per einfacher Mehrheit im Abgeordnetenhaus geändert werden, so der „Tagesspiegel“. Doch bislang wagte keine Koalition diesen Schritt – sei es aus Respekt vor dem Volksentscheid oder aus politischem Kalkül.

Hatte beim Quadrell Pläne für das Tempelhofer Feld in Berlin. CDU-Spitzenkandidat Friedrich Merz.
Hatte beim Quadrell Pläne für das Tempelhofer Feld in Berlin. CDU-Spitzenkandidat Friedrich Merz.Kay Nietfeld/dpa-Pool/dpa

Die aktuelle Berliner Regierung setzt daher lieber auf eine erneute Bürgerbefragung. Doch selbst wenn eine Mehrheit für den Bau stimmen sollte, würde es Jahre dauern. Ein Bebauungsplan wäre erforderlich – und solche Verfahren ziehen sich oft in die Länge. Ein Beispiel dafür ist das Gelände des ehemaligen Flughafens Tegel, wo der Senat erst 2024 grünes Licht für den Bau von 800 Wohnungen gegeben hat – vier Jahre nach der Schließung des Airports.

Wie steht der Berliner Senat zur Bebauung des Tempelhofer Felds?

In der schwarz-roten Koalition gibt es einige Befürworter. Im Koalitionsvertrag von CDU und SPD wird betont, dass angesichts der Wohnungsnot eine neue Debatte über das Tempelhofer Feld nötig sei. Ein internationaler Wettbewerb soll Möglichkeiten einer „behutsamen Randbebauung“ prüfen.

Das Tempelhofer Feld ist für Zehntausende Berliner ein Natur- und Freizeitparadies. Und das soll es auch bleiben.
Das Tempelhofer Feld ist für Zehntausende Berliner ein Natur- und Freizeitparadies. Und das soll es auch bleiben.imago

Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner hält bis zu 20.000 neue Wohnungen für realistisch, allerdings nur am Rand des Feldes, um große Flächen weiterhin als Freizeitareal zu erhalten. Auch Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler spricht sich dafür aus, dass die Entscheidung letztendlich den Berlinern überlassen werden solle. Eine Abstimmung könnte 2026 parallel zur Abgeordnetenhauswahl stattfinden.

Tempelhofer Feld: Was sagen die Berliner?

Beim Volksentscheid 2014 stimmte eine Mehrheit gegen eine Bebauung – doch wie sieht es heute aus? Während Grüne und Linke darauf bestehen, dass das damalige Votum weiterhin bindend sei, argumentieren CDU und Teile der SPD, dass sich die Wohnungsnot seitdem verschärft habe.

Einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey aus dem Jahr 2024 zufolge (beauftragt vom „Tagesspiegel“) befürworten inzwischen 58 Prozent der Befragten eine Randbebauung. Gleichzeitig sprach sich eine Dialogwerkstatt mit 150 zufällig ausgewählten Bürgern mehrheitlich gegen die Baupläne aus. ■