KURIER-Reporterin verrät

Drei Geheimnisse für mehr Glück: DARUM leben in Skandinavien die glücklichsten Menschen

Warum sind die Menschen in Schweden, Finnland, Norwegen und Dänemark so glücklich? KURIER-Reporterin Veronika Hohenstein lebte lange dort – und verrät es.

Author - Veronika Hohenstein
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Der Weltglücksbericht zeigt, in welchen Ländern die Menschen am glücklichsten sind. Skandinavien liegt weltweit vorn.
Der Weltglücksbericht zeigt, in welchen Ländern die Menschen am glücklichsten sind. Skandinavien liegt weltweit vorn.Veronika Hohenstein

„Am liebsten bin ich glücklich …“ Der Zustand des Glücklichseins beschäftigt uns doch irgendwie alle – und eigentlich haben wir doch so viel Grund zur Freude, oder? Man sagt sogar, dass wir glücklich geboren werden und dass dies unser natürlicher Zustand ist. Vermasseln wir es einfach im späteren Leben? Oder ist es vielleicht so, dass Glück völlig überschätzt ist? Wie glücklich oder unglücklich Menschen überall auf der Welt sind, darüber gibt der von den Vereinten Nationen geförderte „World Happiness Reports“ Aufschluss. Auch in diesem Jahr haben dabei die Bewohner von Skandinavien die Nase vor. Warum sind sie so glücklich?

Der Weltglücksreport beleuchtet viele Facetten des Glücks – und zeigt, wo die Menschen am glücklichsten sind. So liegt Finnland immer noch an der Spitze und alle fünf nordischen Länder gehören zu den Top Ten. Zum siebten Mal in Folge ist Finnland das Land mit der glücklichsten Bevölkerung der Erde. Es folgen Dänemark, Island, Schweden und Israel. Die Niederlande, Norwegen, Luxemburg, die Schweiz und Australien sind auch auf der Top Ten. Deutschland ist im Ranking auf Platz 24 zurückgefallen und gehört somit auch nicht mehr auf die Top-20-Liste. Das Land mit den unglücklichsten Menschen ist laut dem Weltglücksreport Afghanistan. Also: Mal gucken, was wir uns von Skandinavien abgucken können – denn dort gibt es angeblich die glücklichsten Menschen weltweit.

Das nordische Rezept für Glück: Was lernen wir von Skandinavien?

Ausgerechnet dort habe ich die meiste Zeit meines Lebens gelebt. Im schönen Schweden, das es auf den stolzen Platz vier des Weltglücksberichtes geschafft hat. Glauben Sie mir, da sind die Schweden auch mächtig stolz drauf! Ob es die Menschen sind, die ihre Zufriedenheit und ihr Glück ein wenig zu großzügig einschätzen oder ob sie wirklich so glücklich sind wie die Studie meint, kann ich nur schwer beurteilen. Aber, eine Sache ist sicher: In Schweden gibt es eine Lebenshaltung, an der ich mich orientiere – und ich glaube, sie macht auch mich etwas glücklicher.

Die schwedische Glücksformel „Lagom“ bedeutet so viel wie „genau richtig“, nicht zu viel und nicht zu wenig. In „Lagom“ geht es darum, ein gesundes Mittelmaß zu finden.
Die schwedische Glücksformel „Lagom“ bedeutet so viel wie „genau richtig“, nicht zu viel und nicht zu wenig. In „Lagom“ geht es darum, ein gesundes Mittelmaß zu finden.Veronika Hohenstein

Denn: Schweden kann das Paradies auf Erden sein. Und zwar trotz der dunklen kalten Jahreszeit, die Lebenslust, Freude und Energie auch den glücklichsten Menschen rauben kann. Trotz der 70er-Jahre-Architektur, die in vielen Vorstädten des Landes weit verbreitet ist und trostlos wirken kann. Trotz der teuren Gastronomie. Und trotz der Menschen, die zwar superfreundlich sind, aber auch ein wenig zurückgezogen sein können. Ich erkläre Ihnen mal, warum: Das Glück, wie es so einfach in Schweden zu finden ist, hat eigentlich wenig mit dem geografischen Ort zu tun.

Lagom, Lykke und Hygge – skandinavische, nette Glücksformeln!

Ich weiß noch, wie mir damals, vor vielen Jahren das Wort „Lagom“ beigebracht wurde. Die lieben Schweden versuchten vergebens, eine wortwörtliche Übersetzung zu finden. Es tauchte sogar die Frage auf, ob es vielleicht ein Unikat der schwedischen Sprache ist. Könnte sein. Also: Die Glücksformel „Lagom“ bedeutet so viel wie „genau richtig, nicht zu viel und nicht zu wenig“. Aber wie kann man so das Glück finden? Ganz einfach: Bei „Lagom“ geht es darum, in verschiedenen Bereichen des Lebens ein gesundes Mittelmaß zu finden.

Tun wir mal so, als säßen wir beim „Fika“ also beim Kaffeetrinken mit Hefegebäck. Heut scheint die Sonne mal nicht, es ist Schneematsch draußen – zu dieser Jahreszeit keine Seltenheit im Norden, und um es richtig realistisch zu gestalten, regnet es ein wenig. Aber wir haben es ja ganz nett hier im Café im Innenhof einer Kleinstadt im südwestlichen Schweden. Nasse Mäntel hängen über den alten Stühlen und tröpfeln auf die alten Dielen und den fransigen Teppich. Und jetzt kommt es: „Vill du ha mjölk i kaffet?“, und ich sage: „Ja, tack, men bara lite lagom.“

Wie wird man glücklich? Mal gucken, was wir uns von Skandinavien abgucken können – denn dort gibt es angeblich die glücklichsten Menschen weltweit …
Wie wird man glücklich? Mal gucken, was wir uns von Skandinavien abgucken können – denn dort gibt es angeblich die glücklichsten Menschen weltweit …Veronika Hohenstein

Übersetzt lautet die Frage: „Willst du Milch im Kaffee?“, darauf antworte ich: „Ja, danke, aber nur mittelmäßig viel.“ Dann wird die Milch in den Kaffee geschüttet – nicht so viel, dass er kalt wird. Aber auch nicht so wenig, dass der Kaffee zu bitter ist. Sondern genau perfekt – und ich bin glücklich mit dem Tässchen Kaffee. So oft habe ich genau dieses Glück verspüren dürfen, einfach verstanden zu werden, wenn es um die Milchmenge im Kaffee geht.

Wir müssen da nicht großartig viele Worte fallen lassen. Es geht einfach um ein Miteinander – wo man versteht, was „lagom“ ist und sein kann. Und „lagom“ kann in den meisten Lebenssituationen genutzt werden. „Die Ferien waren genau lagom lang.“ Oder: Heute ist die „Sommersonne genau lagom warm.“  Oder: „Lass mal heute Abend lagom lang machen, dann können wir morgen pünktlich zum Flohmarkt.“ Da gibt es keine Fragezeichen mehr. Und „lagom“ kann auch ein Lebensmotto sein. Es steht dafür, das zu schätzen, was man hat. Das Mittelmäßige zu akzeptieren ist da meiner Meinung eine schöne Art, den Alltag zu meistern. 

Glückliche Menschen in Skandinavien: Hat der Kaffee etwas damit zu tun?

Vielleicht ist es das „Lagom“, das den Menschen zur Einstellung verhilft, zufrieden und glücklich zu sein, mit sich und seinem aktuellen Leben! Aber da gibt es auch noch andere Parameter, auf die mich ein guter Freund aus Schweden aufmerksam machte. Das Glücklichsein hängt vom Kaffee ab, meint er! Angeblich trinken die Finnen am meisten Kaffee in der Welt, und die Schweden lassen sich das Heißgetränk auch gern schmecken. Oder sind die glücklichsten Menschen der Welt nur per Zufall ausgiebige Kaffeetrinker?

Einfach mal herausgehen – auch bei scheinbar schlechtem Wetter

Ein weiterer Parameter, der uns das Glück finden lässt, sind Kontraste. Versetzen Sie sich mit mir in einen scheinbar tristen Samstag im Januar, irgendwo in Schweden. Die Tage sind kurz und dunkel. Sie wollen die Helligkeit nutzen. Vielleicht für Skilanglauf? Die Kommune hat ja gerade eine neue Spur durch den Wald gezogen. Also raus! Von der Nase tropft es. Die Wangen glühen. Es ist eigentlich so herrlich. Raus in die Natur, auch wenn man keine Lust hat. Später sitzt man in der Sauna. Dort wird es irgendwann zu warm, also geht es wieder raus in den Schnee, in das eisige Wasser. Die Kontraste von Wärme und Kälte, das Hinausgehen in die Natur bei allen Jahreszeiten, die Überwindung: Vielleicht sind es auch diese Dinge, die glücklich machen.

Sicherlich gibt es neben „Lagom“ noch andere Dinge, die zum Glücksgefühl der Menschen in Skandinavien beitragen. Die Forscher des Weltglücksberichtes haben eine Reihe von Schlüsselfaktoren ausgemacht, die Menschen generell glücklicher machen, wie soziale Unterstützung, Einkommen, Freiheit und die Abwesenheit von Korruption. Auch erlebte ich während meiner Zeit in Schweden, dass der Staat gut darin ist, für seine Bürger zu sorgen. Es gibt durchschnittlichen Wohlstand und Lebensqualität, die sich meist in einfachen Dingen widerspiegelt – wie beim Kaffeekränzchen mit mittelmäßig viel Milch im Kaffee. ■