Hat Verdi den Bogen überspannt?

Letzte Rettung vor dem BVG-Dauerstreik: ein Schlichtungsverfahren

Man wolle den Vorschlag für ein Schlichtungsverfahren zumindest prüfen, so Verdi-Verhandlungsführer. Trotzdem kommt es zur Urabstimmung über Dauerstreik.

Author - Stefanie Hildebrandt
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Ein Streikender trägt während eines ganztägigen Verdi-Warnstreiks bei den Berliner Verkehrsbetrieben eine Baseballmütze mit BVG-Logo.
Ein Streikender trägt während eines ganztägigen Verdi-Warnstreiks bei den Berliner Verkehrsbetrieben eine Baseballmütze mit BVG-Logo.Sebastian Gollnow/dpa

Seit Januar hat Verdi den Berliner Nahverkehr bereits viermal weitgehend lahmgelegt - zuletzt am Mittwoch und Donnerstag dieser Woche. Auch in der kommenden Woche sollen Mittwoch und Donnerstag Busse, Bahnen, Trams stillstehen. Zugleich bereitet die Gewerkschaft eine Urabstimmung über unbefristete Streiks vor. Die letzte Rettung vor neuen Streiks könnte eine Schlichtung sein. Die BVG schlägt solch ein Verfahren vor, die Gewerkschaft Verdi will zumindest prüfen, ob sie sich darauf einlässt.

„Erneut hat die BVG ein Angebot verweigert, welches die Reallöhne der Beschäftigten sichert und ihre Leistungen angemessen honoriert“, teilte Verhandlungsführer Jeremy Arndt nach der sechsten Tarifrunde mit. Nun sei auch der Berliner Senat gefragt, „endlich Verantwortung zu übernehmen und die Finanzierung angemessener Löhne bei der BVG sicherzustellen“.

In einer Urabstimmung, die vom 26. März bis zum 4. April andauern wird, sollen die Verdi-Mitglieder darüber entscheiden, ob es unbefristeten Streik geben wird.  Ein längerer Streik käme also erst im April auf die Berlinerinnen und Berliner zu. Für weitere Arbeitskämpfe trage die Arbeitgeberseite die Verantwortung, betonte Verdi.

BVG schlägt Schlichtung vor

Die BVG äußerte sich irritiert über das Vorgehen der Gewerkschaft und verurteilte die Ankündigung weiterer Warnstreiks „aufs Schärfste“. Das Unternehmen selbst schlug vor, den Konflikt in einer Schlichtung zu lösen. Die Gewerkschaft reagiere dagegen destruktiv, teilte das Unternehmen mit. „Das macht man nicht.“ In einer Schlichtung würden externe Vermittler im Tarifkonflikt versuchen, eine Einigung zu finden. Während einer Schlichtung darf nicht gestreikt werden.

Die Gespräche könnten aus Sicht der BVG bereits in der kommenden Woche beginnen. Verdi müsste dem freiwilligen Verfahren allerdings zustimmen.

Jeremy Arndt sagte der dpa, man werde die Forderung einer Schlichtung prüfen. Wenn diese lediglich „Zeitschinderei“ sei, könne man sie auch ablehnen. Unabhängig von einer möglichen Schlichtung werde Verdi „auf jeden Fall in die Urabstimmung gehen“.

Am Ende eines möglichen Schlichtungsverfahrens geben die Schlichter eine Empfehlung für eine Einigung ab. Vor wenigen Tagen waren auch die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst für Bund und Kommunen gescheitert - hier sollen Schlichter nun bis Anfang April eine Lösung finden.

BVG bezeichnet Verdi-Forderung als realitätsfremd

Das Unternehmen teilte mit Blick auf die Verhandlungen mit, es sei „deutlich geworden, dass es auf Gewerkschaftsseite keinerlei Bewegung gibt und Verdi weiter an der realitätsfremden und nicht finanzierbaren Forderung von 750 Euro pro Monat mehr Gehalt“ festhalte. „Dabei muss nun allen klar sein, dass eine weitere Erhöhung des Angebots durch die BVG nur mit gravierenden Auswirkungen auf Mitarbeitende und Fahrgäste einhergehen kann.“

Nach einer Urabstimmung könnten deutlich längere Ausstände auf die Fahrgäste und das kommunale Unternehmen zukommen. Für einen unbefristeten Streik müssten in einer Urabstimmung mindestens 75 Prozent der teilnehmenden Mitglieder stimmen. Wie lange der Ausstand dann tatsächlich dauern würde, ist unklar. 2008 legte Verdi die BVG während der Tarifverhandlungen innerhalb von drei Monaten rund sechs Wochen lahm.

Muss die BVG attraktiv werden - oder ist sie es schon?

Die BVG betont jedoch, dass man sich bei den Tarifverhandlungen 2021 mit Verdi auf eine Wochenarbeitszeit von 37,5 statt 39 Stunden bei vollem Lohn geeinigt habe. Zudem sei man als Arbeitgeberin jetzt schon attraktiv und habe im vergangenen Jahr mehr als 2.000 Menschen neu eingestellt. Die Verdi-Forderungen seien nicht finanzierbar. ■