In dem Haus in der Burgsdorfstraße gehen seit vielen Jahren keine Menschen mehr ein und aus. Die Ruine ist stattdessen Heim für Ratten, Tauben und Spatzen. Und genau dise Spatzen verhindern nun einen lange herbei gesehnten Abriss der Ruine, die den ganzen Kiez verschandelt.
Wie das Bezirksamt in Mitte dem KURIER bestätigt, muss der Bagger, der schon bestellt war, wieder abrücken. Denn durch die geborstenen Fensterscheiben sind Spatzen in die Ruine gelangt. Hier finden sie zwischen den bröckeligen Mauern beste Bedingungen für die Aufzucht ihrer Jungen. Haussperlinge brüten von März bis August. Oft haben sie in dieser Zeit zwei bis drei Gelege und sitzen jeweils 15 bis 16 Tage auf den Eiern.
Abriss des Geisterhauses gebremst: Spatzenschutz geht in Berlin vor
Bis zum 30. September gibt es eine Vogelschutzzeit, das Zerstören der Nester ist währenddessen verboten. Schon am 10. Juli sollten die Abrissarbeiten eigentlich beginnen. Doch daraus wird nun nichts. „Es gibt einen Verdacht, dass dort Haussperlinge brüten. Daher wird nun ein Artenschutzfachbeitrag eingeholt, um ein umfassendes Bild der artenschutzrechtlichen Belange zu erhalten. Der Hinweis zu möglichen brütenden Spatzen kam von Naturschutzverbänden“, so ein Bezirkssprecher.
Die Anwohner im Kiez können nur noch den Kopf schütteln, seit fast acht Jahren leben sie damit, dass wegen der einsturzgefährdeten Ruine die Straße gesperrt ist. Der ganze Kiez ächzt unter einer Rattenplage, zahlreiche Geschäfte haben aufgegeben. Dass ihnen nun Spatzen einen Strich durch die Rechnung machen, ist nur ärgerlich. Dass es nun erneut zu einer Verzögerung des Abbruchs kommt, passt aber in die Reihe von Fehlleistungen. In einem jahrelangen Rechtsstreit hatten Bezirk und Eigentümerin sich vor Gericht um die Zukunft des Hauses gestritten. Im Rahmen einer Ersatzvornahme hatte sich der Bezirk Mitte nun zum Abriss durchgerungen.

Wann es mit dem Abriss weiter geht, steht noch nicht genau fest: „Derzeit wird von einem Ende der Brutzeit circa Mitte August ausgegangen, sodass die eigentlichen Abrissarbeiten dann voraussichtlich in Gänze erfolgen können“, so der Bezirksamts-Sprecher weiter. Genaueres werde die artenschutzfachliche Einschätzung ergeben. „Derzeit finden weiterhin (den Abriss) vorbereitende Maßnahmen statt.“
Spatzen gegen Abriss: Das ist in Berlin kein neues Problem!
Dass die Anwesenheit von Spatzen Abrissarbeiten behindert, ist in Berlin nicht neu. Im Februar sorgten Umweltaktivisten dafür, dass die Tribüne des Jahn- Sportparks in Prenzlauer Berg solange nicht abgerissen werden durfte, bis Ersatznistkästen angebracht waren.

Wann wird das Geisterhaus in der Burgsdorfstraße endlich abgerissen?
Was nach dem Abriss mit dem Grundstück an der Burgsdorfstraße passiert, ist ebenso ungewiss:„ Das Grundstück geht nach Abschluss der Maßnahmen zurück an die Eigentümerin“, heißt es auf KURIER-Nachfrage beim Bezirksamt. „Die bauplanungsrechtlichen Rahmenbedingungen erlauben die Errichtung eines fünfgeschossigen Wohngebäudes mit einer Bebauungstiefe von 13 m. Grundsätzlich können auch Ladengeschäfte, gewerbliche Kleinbetriebe sowie Einrichtungen für soziale und kulturelle Zwecke zugelassen werden.“