Ein Misserfolg, der peinlicher kaum sein könnte: Nur 2,6 Prozent der Kinder haben den neuen Probeunterricht für das Gymnasium in Berlin bestanden. 97,4 Prozent scheitern. Trotzdem hält Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) an dem Verfahren fest – sehr zum Ärger vieler Eltern, der Opposition und der Bildungsgewerkschaft.
Der Aufschrei ist groß: Christoph Podewils aus Berlin-Reinickendorf, selbst Vater eines betroffenen Kindes, hat eine Petition gegen das Verfahren gestartet, berichtet der Tagesspiegel (Bezahlschranke). Sein Sohn hat den Test zwar knapp bestanden, doch für Podewils steht fest: ein unausgegorenes Experiment. Er kritisiert die mangelnde Vorbereitung sowie den enormen Druck auf die Schüler.
Auch Pädagogen melden Bedenken an. Unterschiedliche Bewertungsmaßstäbe an den Grundschulen, Unterrichtsausfälle oder Lehrerwechsel – all das sei nicht berücksichtigt worden, bemängeln Kritiker, heißt es in dem Tagesspiegel-Bericht. Die Petition fordert deshalb, die Testergebnisse für ungültig zu erklären und zum alten Verfahren mit Probejahr zurückzukehren.
Und die Wellen der Empörung schlagen weiter hoch. Eltern konsultieren Anwälte, die Opposition stellt die Sinnhaftigkeit der Reform infrage. Denn man muss sich das mal vorstellen: Von 1937 teilnehmenden Kindern haben nur 50 bestanden. Schulleiter berichten von Eltern, die sich weigern, die Entscheidung hinzunehmen. Schließlich wollen alle, dass ihre Kinder die beste Schule besuchen. Auch Lehrer kritisieren die Tests als zu schwer, so der Tagesspiegel.
Manche befürchten jetzt, dass das Gymnasium sich zunehmend zu einer elitären Bildungseinrichtung entwickelt. Die Grünen warnen vor wachsender sozialer Ungleichheit, während die FDP dem Berliner Senat ein Armutszeugnis ausstellt.
Probeunterricht: Verzerrte Ergebnisse durch Noten-Tricks?
Ein Blick hinter die Zahlen zeigt aber auch ein weiteres Problem: Viele Grundschulen haben ihre Notengebung angepasst. Da in diesem Jahr erstmals eine Durchschnittsnote von mindestens 2,2 erforderlich war, um eine Gymnasialempfehlung zu erhalten, scheint es, als hätten einige Lehrkräfte ihre Ermessensspielräume genutzt, um Schüler besser zu benoten. Was für sich genommen mindestens ebenso skandalös ist.
Das hat dazu geführt, dass überwiegend schwächere Schüler im Probeunterricht gelandet sind, heißt es. Eine Grundschulleiterin bestätigt laut Tagesspiegel, dass die Anzahl der Gymnasialempfehlungen in mehreren Bezirken sogar gestiegen sei – trotz höherer Anforderungen.

Auch in Brandenburg gibt es ein ähnliches System – allerdings mit besseren Ergebnissen. Dort besteht rund jeder zehnte Schüler den Probeunterricht. Ein Grund: Brandenburg setzt zusätzlich auf ein Probejahr, sodass die Gymnasien flexibler mit der Auswahl umgehen können. Außerdem ist das Verfahren dort längst etabliert, sodass Eltern und Schüler besser vorbereitet sind.
Probeunterricht soll Probejahr an Gymnasien abschaffen
In Berlin dagegen herrschte bei vielen Familien Unsicherheit. Elternsprecher Norman Heise rät Betroffenen zur Gelassenheit: Schließlich könne das Abitur auch an Sekundar- und Gemeinschaftsschulen sowie Oberstufenzentren erworben werden. Tatsächlich plant der Senat, das Angebot für die gymnasiale Oberstufe an Sekundarschulen auszuweiten.
Die Anmeldefrist läuft noch bis Mitte März, erst im Juni gibt es Klarheit über die Verteilung der Schüler auf die verschiedenen Schulformen.