Der große Gefängnis-Report

JVA Tegel: Surfen, Duschen, Heiraten – im Knast geht fast alles

Hinter den Mauern von Tegel spielt sich ein Leben ab, das die wenigsten kennen: harte Routinen, strenge Regeln – und skurrile Geschichten. Von Knast-Klopsen und Dusch-Regeln bis hin zu Hochzeiten hinter Gittern und heimlich eingeschmuggelten Handys.

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Die JVA Tegel: das größte Männergefängnis Deutschlands
Die JVA Tegel: das größte Männergefängnis DeutschlandsPaul Zinken/dpa

Die JVA Tegel ist Deutschlands größtes Männergefängnis. 1898 eröffnet, sitzen hier bis heute die „harten Jungs“ der Hauptstadt – verurteilte Straftäter mit langen Haftstrafen, darunter auch Lebenslängliche.

Jetzt wird erweitert: Für 42 Millionen Euro entsteht die neue Teilanstalt I mit 216 Zellen. Kostenpunkt: rund 193.000 Euro pro Insasse. Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU) und Bausenator Christian Gaebler (SPD) setzten kürzlich den ersten Spatenstich. Der Rohbau soll noch Ende 2025 stehen, ab 2029 sollen die ersten Häftlinge einziehen. Erst mit diesem Neubau können auch andere Gebäudeteile saniert werden.

Knast-Statistik: Berlin liegt im Mittelfeld

Aktuell sitzen in Berlin über 9500 Menschen hinter Gittern. Anders als in vielen Bundesländern gibt es hier noch freie Plätze – rund 4300 Zellen sind ungenutzt. Dennoch ist die Gefangenenrate hoch: 90 Inhaftierte auf 100.000 Einwohner, bundesweit sind es nur 71. 56 Prozent der Berliner Häftlinge haben keinen deutschen Pass.

Alltag im Knast

Sechs Uhr morgens, das Klacken des Schlüssels weckt die Männer. Frühstück: Margarine, Brot, Marmelade. Mittags gibt es wahlweise Fleisch oder vegetarisch – zum Beispiel Kochklöpse oder Käsesoße mit Reis. Abends nur Brot und Margarine. Mittwochs gibt’s „Feinkost“.

Arbeit ist Pflicht: Fast 70 Prozent schuften in Küche, Werkstätten oder Reparaturdiensten. Der Stundenlohn liegt zwischen 2,50 und 4,25 Euro. Um 14.49 Uhr ist Feierabend. Danach geht’s zum Hofgang, in die Bibliothek oder zu Sportgruppen. Freizeitangebote sollen nicht nur beschäftigen, sondern auf ein Leben draußen vorbereiten.

Duschen, heiraten, fernsehen

Die Hausordnung regelt alles: von Religionsausübung bis Eheschließung. Duschen ist erlaubt – „ausreichend“, wie es heißt. Tägliches Duschen gibt es nicht, es sei denn, man treibt Sport. Auch Fernseher oder private Kleidung können beantragt werden. Werden Handys oder Drogen eingeschmuggelt, drohen Strafen bis zu 1000 Euro – trotzdem gelangen immer wieder illegale Gegenstände hinein.

Kurios: In der Hausordnung gibt es auch Tipps gegen Drogenkonsum und ungeschützten Sex. Piercings oder Tattoos sind verboten.

Internetnutzung ist offiziell streng verboten. Doch Berlin plant ein Pilotprojekt: In der JVA Heidering sollen Häftlinge kontrollierten Zugriff auf ausgewählte Internetseiten bekommen – etwa Jobbörsen, Bildungsportale oder Wikipedia. Ziel: bessere Vorbereitung auf die Freiheit.

Promis hinter Gittern

Ob Steuerhinterziehung, Betrug oder Drogen: Auch Promis landen im Knast. Uli Hoeneß, Alfons Schuhbeck, Boris Becker – alle saßen schon. Zuletzt Jimi Blue Ochsenknecht, der in Hamburg kurzzeitig in U-Haft kam.

Zwischen 19.45 Uhr und 21.30 Uhr schließen sich die Zellentüren. Dann sitzen die Männer auf der Pritsche, lesen ein Buch oder starren auf die graue Wand. Hinter Mauern, auf der Suche nach der verlorenen Zeit.