Von wegen verbannt

Gift-Alarm in Berlin: Asbest beherrscht die Stadt, Experten warnen!

Asbest ist seit 1993 in Deutschland verboten. Trotzdem ist das Giftzeug in Berlin immer noch gegenwärtig. Vor allem bei Bauarbeiten kommt es immer wieder zutage.

Author - Norbert Koch-Klaucke
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Asbest scheint in Berlin allgegenwärtig, kommt bei Bauarbeiten immer wieder zutage.
Asbest scheint in Berlin allgegenwärtig, kommt bei Bauarbeiten immer wieder zutage.NurPhoto/imago, Chromorange/imago

Schreckgespenst Asbest: Im Palast der Republik war es verbaut, weshalb man den DDR-Bau im Herzen Berlins angeblich abriss. Das ICC im Westteil der Stadt steht immer noch, obwohl auch hier dieser giftige Baustoff in den Gemäuern steckt. Asbest, noch in den 90er-Jahren ein brandheißes Thema, verschwand in der Vergangenheit immer mehr aus dem Bewusstsein der Berliner. Dabei ist die Gefahr noch lange nicht gebannt, wie aktuelle Funde zeigen. Ob in Mietshäusern oder sogar in dem Asphalt der Straßen: Asbest hat Berlin noch immer fest im Griff.

Asbest in Berlin: Die Gefahr ist noch lange nicht gebannt

Seit den Asbestfunden am Jahnstadion herrscht wieder Giftalarm in der Stadt. Menschen sind daher sensibilisiert, wenn auf irgendwelchen Baustellen Arbeiter mit Schutzanzügen und Atemschutzmasken auftauchen. Wie gerade an der Filandastraße in Berlin-Steglitz. Dort wird die marode Fahrbahndecke saniert, die asbesthaltig ist. Anwohner waren entsetzt, dass sie darüber nicht umfangreich vom Bezirksamt informiert wurden.

So sehen die gefährlichen Asbest-Fasern unter dem Miskroskop aus.
So sehen die gefährlichen Asbest-Fasern unter dem Miskroskop aus.Imagebroker/imago

Giftalarm in Berlin: Je mehr in der Stadt Sanierungsarbeiten laufen, ist die Gefahr groß, auf Asbest zu stoßen. Vor einer „Asbest-Welle“ in der Hauptstadt warnte schon vor Monaten die Gewerkschaft IG BAU. Tonnen von Baumaterial mit dem Giftstoff stecken in Berlin in Altbauten. „Von 1950 bis 1989 kamen Asbest-Baustoffe intensiv zum Einsatz. Es ist davon auszugehen, dass es in jedem Gebäude, das in dieser Zeit gebaut, modernisiert oder umgebaut wurde, Asbest gibt. Mal mehr, mal weniger“, sagt IG BAU-Bezirkschef Thomas Hentschel.

Bau-Gewerkschaft warnt vor „Asbest-Fallen“ in Berlin

Er spricht von „Asbest-Fallen“ und nennt Zahlen: „In den vier ‚Asbest-Jahrzehnten‘ wurden in Berlin rund 121.600 Wohnhäuser mit 874.600 Wohnungen neu gebaut. Das sind immerhin 37 Prozent aller Wohngebäude, die es heute in der Stadt gibt. Dazu kommen noch Gewerbegebäude, Garagen, Ställe und Scheunen in der Landwirtschaft.“

Mit Schutzanzügen und Atemschutzmasken arbeiten Arbeiter auf einer Asbest-Baustelle in Berlin-Steglitz.
Mit Schutzanzügen und Atemschutzmasken arbeiten Arbeiter auf einer Asbest-Baustelle in Berlin-Steglitz.privat

Möglich, dass die Zahl der Gebäude noch höher liegt, in denen das Gift lauert. Denn laut Bundesumweltamt wurde Asbest in Deutschland seit etwa 1930 in so großen Mengen wie kaum ein anderer Werkstoff verwendet. Der Grund: Asbest sind Minerale, die vor allem unempfindlich gegen Hitze und nicht brennbar sind. Daher setzte man das Zeug besonders gerne beim Bau von Häusern ein.

Warum ist Asbest gefährlich?

Ist Asbest fest im Baustoff gebunden, besteht keine Gefahr. Doch werden an alten Gebäuden Sanierungsarbeiten durchgeführt, wird es kritisch. Werden die bis zu zwei Mikrometer großen Asbest-Fasern bei Bauarbeiten freigesetzt und fliegen durch die Luft, kann das ernste Folgen für die Gesundheit der Menschen haben. Eingeatmete Fasern können zu schweren Lungenerkrankungen, darunter Asbestose und Krebs, führen. Es kann bis zu 30 Jahre dauern, bis die Krankheit ausbricht.

Blick auf Berlin: In über 874.6000 Wohnungen könnte Asbest verbaut sein.
Blick auf Berlin: In über 874.6000 Wohnungen könnte Asbest verbaut sein.Frank Sorge/imago

Beim Arbeiten an belasteten Gebäuden gelten strenge Regeln, die nur Spezialfirmen durchführen dürfen. Das Tragen von Schutzanzügen und Atemschutzmasken ist Pflicht. Das abgetragene Asbest muss in Spezialcontainern auf Deponien gelagert werden. Bei Asbest-Arbeiten in Gebäuden oder auf Straßen müssen Anwohner informiert werden.

Laut dem Bundesumweltamt wurden vor allem in den 60er und 70er Jahren in beiden Teilen Deutschlands eine Vielzahl von Gebäuden unter Verwendung von asbesthaltigen Baustoffen – überwiegend Asbestzement – erbaut. Seit 31. Oktober 1993 ist zwar die Herstellung, Verkauf und Verwendung von Asbest in Deutschland verboten. Aber das Gift ist damit noch lange nicht verschwunden.