Platz gesperrt

Fußballklub in Reinickendorf geht auf die Barrikaden

Miese Flaute beim BFC Alemannia 1890. Wegen Sturmschäden können die Kicker nicht mehr auf ihren Fußballplatz. 260 Kinder werden im Bezirk herumgereicht. Eltern und Trainer sind stinksauer.

Author - Stefanie Hildebrandt
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Ralf Engelmann steht vor dem gesperrten Fußballplatz des BFC Alemannia 1890 in Reinickendorf. Er wünscht sich eine bessere Kommunikation mit dem Bezirk.
Ralf Engelmann steht vor dem gesperrten Fußballplatz des BFC Alemannia 1890 in Reinickendorf. Er wünscht sich eine bessere Kommunikation mit dem Bezirk.Benjamin Pritzkuleit/Berliner Kurier

Weil nach dem Sturm „Ziros“ Ende Juni bisher die Baumpflegemaßnahmen im Kienhorstpark in Reinickendorf nicht abgeschlossen werden konnten, müssen mehrere Hundert Kinder auf ihren Fußballplatz verzichten. Ralf Engelmann, der Vizechef des Vereins BFC Alemannia 1890, kann nur noch zynisch lachen, wenn es darum geht, was sich derzeit in seinem Verein abspielt. Denn zu fassen sind die Zustände auf dem Gelände an der Ollenhauerstraße in Reinickendorf nicht. Zweieinhalb Monate nach dem Sturm wird der Park längst wieder von Bürgern genutzt. Doch der Sportverein wartet noch immer auf eine Freigabe.

Beim alteingesessenen Berliner Sportverein liegen die Nerven blank

Die Anlage bei Alemannia 1890, auf der normalerweise über 200 Kinder und Jugendliche Fußball spielen, gehört dem Land Berlin, vertreten durch den Bezirk Reinickendorf. Die Tennisanlage gleich nebenan, auf der ebenfalls Alemannen spielen, hat der Verein vom Land gepachtet. Und so kommt es, dass an einem windigen Dienstagvormittag Doris, Brigitte und Jutta ein Match auf dem Tennisplatz spielen – auf eigene Verantwortung. Während seit Wochen der Fußballplatz gleich nebenan für 260 Kinder gesperrt bleibt.

Die Kinder werden stattdessen regelmäßig erst kurz vor dem Training darüber informiert, wo sie zum Fußballspiel auflaufen sollen. „Das Sportamt teilt uns wöchentlich Ersatzplätze zu“, sagt Ralf Engelmann. „Immer woanders, mit Glück erfahren Trainer und Betreuer eine Woche vorher vom jeweiligen Ersatzspielort, manchmal auch erst drei Tage zuvor“, so der Vizepräsident des Vereins.

Doris, Brigitte und Jutta hauen sich auf dem benachbarten Tennisplatz die Bälle um die Ohren. Dass die Fußballer sauer sind, verstehen sie völlig.
Doris, Brigitte und Jutta hauen sich auf dem benachbarten Tennisplatz die Bälle um die Ohren. Dass die Fußballer sauer sind, verstehen sie völlig.Benjamin Pritzkuleit/Berliner Kurier

Eltern verärgert, Trainer am Limit

Eltern, die Kinder zu Ausweichplätzen kutschieren müssen, sind verärgert. Trainer, die Spielmaterial durch die Gegend schleppen müssen, ebenso. Die WhatsApp-Gruppen laufen heiß. „Alle hier sind ehrenamtlich unterwegs“, sagt Ralf Engelmann. Besonders ärgerlich sei es, dass im eigentlich gesperrten Kienhorstpark längst wieder Kindergeburtstage stattfinden, die Menschen durch den Park gehen. Sie ignorieren die Sperrung einfach. „Nur bei uns hat sie weitreichende Folgen.“

So ist der Umsatz der Gaststätte zwischen Tennisplatz und Fußballplatz eingebrochen. Der Wirt, Rocco, ein Sizilianer, musste seine Köche freistellen, weil keine Gäste mehr kommen. Weder die Fußballer nach Training oder den Liga-Spielen, die hier sonst stattfinden, noch die Begleiter der Kinder, die hier trainieren, kommen noch vorbei.

50 Prozent weniger Gäste im Vereinslokal gehen mit der Sperrung einher. Wirt Rocco kämpft ums Überleben seines Restaurants.
50 Prozent weniger Gäste im Vereinslokal gehen mit der Sperrung einher. Wirt Rocco kämpft ums Überleben seines Restaurants.Benjamin Pritzkuleit/Berliner Kurier

„Hier im Kiez ist der Bedarf groß, die Kinder können hier ihre Freizeit sinnvoll gestalten“, weiß Ralf Engelmann. Neuerdings habe man mit Fördergeldern des Olympischen Sportbundes sogar eine Hausaufgabenbetreuung auf die Beine gestellt. „Aber keiner kommt, weil die Anlage noch immer gesperrt ist.“

Die Sperrung im Kienhorstpark läuft seit dem 27. Juni, der Fußballplatz wurde erst Mitte Juli gesperrt, bis heute. „Wie kann es denn sein, dass man uns den Zugang zu der Anlage verweigert, die nahe Kleingartenanlage oder die Wäscherei am Kienhorstpark aber keinerlei Einschränkungen hinnehmen mussten“, fragt sich Ralf Engelmann.

Natürlich kämen nachmittags die Kinder aus dem Kiez und bolzten auf dem Platz, der für den Vereinssport gesperrt ist. „Sie klettern einfach unter dem Absperrband durch“, sagt Ralf Engelmann. Der Platz gilt als öffentliche Spielfläche. Wenn er sie dann darauf hinweise, dass hier das Fußballspielen wegen Sturmschäden nicht erlaubt ist, zuckten sie nur mit den Achseln.

„Wir haben einfach gar keine Kommunikation mit dem Sportamt“, ärgert sich Ralf Engelmann weiter. Anfragen liefen ins Leere. Der Bezirk Reinickendorf gab Ende vergangener Woche immerhin mit einer Pressemitteilung eine Wasserstandsmeldung ab:

Drei Monate Aufräumarbeiten nach Sturm

„Auch zwölf Wochen nach den beiden verheerenden Juni-Stürmen in Reinickendorf arbeitet das Straßen- und Grünflächenamt intensiv daran, die Parks, Grünanlagen und Straßenzüge wieder sicher zu machen. Nach der Öffnung der Schulstandorte liegt nun der Fokus der Arbeiten bei den Parks und Grünanlagen. Aktuell finden Pflege- und Fällarbeiten im Bereich des Kienhorstparks, inklusive der Sportanlage Ollenhauerstraße, und im Bereich des Schäferseeparks statt“, heißt es da. Eine Anfrage der Berliner Zeitung, warum die Beseitigung so lange dauert, wurde bisher nicht beantwortet.

„Die ehrenamtliche Arbeit vieler wird hier arg strapaziert“, sagt Ralf Engelmann. Auch wenn die Ämter unterbesetzt seien, dürfe es nicht sein, dass so viele Kinder und Familien das ausbaden müssten. Vereine als Rückgrat der Gesellschaft verdienen jede Unterstützung der Politik. „Doch uns fehlt das Gefühl, dass hier etwas miteinander möglich gemacht wird“, so Ralf Engelmann.