Zwischen Dauerparty, Trommelgruppen und Karaoke formiert sich der Protest gegen den Lärm-Marathon im Berliner Mauerpark. Mit den ersten Sonnenstrahlen verwandelt sich die grüne Lunge von Prenzlauer Berg wieder in ein pulsierendes Zentrum voller Musik, Straßenkunst und feiernder Menschen. Touristen strömen in Scharen herbei, Karaoke-Fans singen sich heiser und Trommelgruppen – die liefern den Soundtrack zum Sommer im Stadtpark. Bloß: Was für Besucher nach einem Stück Berliner Freiheit klingt, ist für viele Anwohner längst zur Dauerbelastung geworden.
Rund um die Bernauer, Oderberger und Wolliner Straße wird der Alltag in den warmen Monaten zur akustischen Zerreißprobe, darüber berichtet jetzt auch der Tagesspiegel. Es geht dabei nicht um sanfte Geräusche in lauen Nächten – es handelt sich um einen regelrechten Lärmteppich, der sich täglich von mittags bis tief in die Nacht über die Wohnviertel legt.
Seit der Corona-Pandemie häufen sich privat organisierte Partys mit satten Bässen aus fetten Boxen. Und auch am eigentlich heiligen Sonntag gibt es davon kaum eine Pause: Stundenlang wird getrommelt, getanzt, gefeiert – oft ohne jede Rücksicht auf die, die hier leben. Davon können auch die Menschen in anderen Quartieren in Berlin ein schauriges Lied singen. Hauptsächlich in Friedrichshain, in Mitte und in Kreuzberg.
In den betroffenen Kiezen, wie hier rund um den Mauerpark, kämpfen Anwohner längst nicht nur mit Schlafmangel. Die andauernde Reizüberflutung hinterlässt Spuren: Bluthochdruck und psychische Erschöpfung – die Beschwerden häufen sich, heißt es in dem Tagesspiegel-Bericht.
In vielen Familien müssen Kinder nachts die Zimmer wechseln, weil selbst bei geschlossenen Fenstern ohrenbetäubender Lärm eindringt. Was einst als belebte Stadtkultur gefeiert wurde, ist für einige Anwohner inzwischen zur gesundheitlichen Bedrohung geworden.
Viele der Betroffenen sind nicht etwa wohlhabende Zugezogene auf der Durchreise, sondern Familien mit kleinem Einkommen, die sich einen Umzug schlicht nicht leisten können. Es sind Menschen aus unterschiedlichsten Kulturen, die die bunte Atmosphäre des Viertels eigentlich lieben – aber unter fehlenden Regeln und Zuständigkeiten leiden.
Der Mauerpark soll jetzt neue Lärm-Regeln bekommen
Denn während der Mauerpark offiziell zum Bezirk Pankow gehört, liegen viele der betroffenen Wohnstraßen im Bezirk Mitte. Die Folge: Ein Kompetenz-Wirrwarr, das schnelle Lösungen erschwert.

Dazu kommt – was im Tagesspiegel-Bericht nicht erwähnt wird – der Feier-Tourismus ist dem Berliner Senat heilig. Gerade erst wurden die Regeln in Sachen Nachtlärm gelockert: Musikveranstaltungen müssen von Anwohnern jetzt bis Mitternacht geduldet werden. Großstadt eben. Wer sich darüber beschwert, bekommt schnell den Eindruck vermittelt: Wegziehen wäre eine prima Alternative. Nur wohin?
Jetzt regt sich heftiger Widerstand. Zumindest, was den Mauerpark angeht. In Runden Tischen diskutieren Parknutzer, Anwohner und Behördenvertreter über neue Parkregeln. Immer wieder steht dabei die Musik im Mittelpunkt. Eine der Stimmen, die sich trotz Angst vor Anfeindung Gehör verschaffen, stammt von einer Anwohnerin, die gegenüber dem Tagesspiegel klarmacht: Hier geht es nicht um Spießigkeit oder Partyfeindlichkeit – sondern um das Recht auf Erholung, Gesundheit und eine lebenswerte Umgebung.
Wir leben hier – das ist unser Zuhause, lautet der zentrale Appell an Politik und Verwaltung. Denn anders als die feiernden Gäste können Anwohner dem Trubel nicht einfach den Rücken kehren. Was sie fordern, ist keine Stille, sondern ein fairer Ausgleich. Denn so einzigartig der Mauerpark auch sein mag – ein rechtsfreier Raum darf er nicht werden.
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