Die blonden Haare sind perfekt gestylt. Perfekt geschminkt wirken auch Augen und Mund, ihre Haut scheint makellos. Das Gesicht einer 15-Jährigen, die einem Popstar gleicht. Es gehört Rebecca Reusch. Und das beschriebene Porträt ist mittlerweile eines der berühmtesten Vermisstenfotos der deutschen Kriminalgeschichte. Fast jeder kennt dieses Porträt, mit dem Polizei und Staatsanwaltschaft seit über sechs Jahren nach der verschwundenen Schülerin aus Berlin-Neukölln suchen. Dabei zeigt das Foto ein völlig falsches Bild von dem Mädchen, über dessen Verbleib nun wieder ermittelt wird.
Der Fall Rebecca lässt die Ermittler nicht ruhen. Vor einer Woche begannen Polizei und Staatsanwaltschaft mit erneuten Suchen nach dem Mädchen, das im Februar 2019 spurlos verschwand. In den brandenburgischen Gemeinden Lindenberg und Herzberg wurden zwei Grundstücke durchkämmt. Dort leben beziehungsweise lebten die Großeltern von Florian R. (33). Der Mann ist der Schwager von Rebecca Reusch. Die Ermittler gehen davon aus, dass R. das Mädchen getötet und ihre Leiche in Brandenburg vergraben hat. Der Mann bestreitet dies.

Mit der erneuten Suche taucht auch das berühmte Rebecca-Foto auf. Nicht nur in den Berichterstattungen der Medien. Auch auf der Internetseite der Berliner Polizei, in der nach vermissten Personen aus der Hauptstadt gesucht wird, ist es auf Platz Nummer eins zu sehen. Dabei ist den Ermittlern mittlerweile klar: Das Foto zeigt nicht das wahre Aussehen von Rebecca.
Rebecca-Suchbild: Wenig Ähnlichkeit mit der Realität
Das Porträt stammt vom damaligen Instagram-Account von Rebecca. Man weiß: Es ist bearbeitet – mit sogenannten „Beauty“-Filtern, mit denen Mädchen ihr Antlitz verschönern. Andere Fotos von Rebecca zeigen: So wie auf dem berühmten Vermisstenfoto sah die Schülerin nicht aus.
Auf Porträts, mit denen Rebeccas Eltern und Schwestern auf Plakaten öffentlich suchen, ist von dem gestylten Aussehen nichts zu erkennen. Statt Kulleraugen hat Rebecca schmale Augen, auch ihr Mund ist schmaler. Und auf einem Foto, wo das Mädchen richtig lächelt, ist eine Zehnspange zu erkennen. Warum verwendete die Polizei dann das aufgehübschte Instagram-Foto von Rebecca – und das bis heute?
Die Polizei suchte bereits drei Tage nach Rebeccas Verschwinden mit diesem Bild nach der Schülerin. Kritik wurde laut, da sogar Laien sahen, dass dieses Bild bearbeitet wurde. Wie kann man mit einem solchen Foto nach jemandem suchen, der offensichtlich ganz anders aussieht? Das müsse doch die Suche nach Rebecca erheblich erschweren.

Die Pressestelle der Berliner Polizei hatte damals zwei Fotos von Rebecca veröffentlicht. Aber das bearbeitete Foto war aufgrund der besseren Auflösung besser erkennbar. Über die Auswahl der Bilder, die zur Suche von Vermissten veröffentlicht werden dürfen, entscheiden nicht die Ermittler, sondern die Angehörigen, erklärte damals ein Polizeisprecher. Die Ermittler seien darauf angewiesen, welche Fotos die Familie auswählt. Monate später erklärt eine der Schwestern von Rebecca in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“: „Meine Familie hat der Polizei auch andere Fotos zugespielt, wo Rebecca mehr nach Rebecca aussieht, auch Passbilder von der Schule.“
Geschöntes Rebecca-Foto wird bis heute gezeigt
Trotz des bearbeiteten Suchbildes gab es Tausende Hinweise im Fall Rebecca. Einige fragliche waren darunter: So berichteten Zeugen, sie hätten die Schülerin noch an einer Bus-Haltestelle auf dem Weg zur Schule gesehen. Möglich, dass einige angebliche „Rebecca“-Sichtungen aufgrund des bearbeiteten Suchbildes getätigt wurden.



