Bauen ist nicht seine Stärke

Es geht um jeden Quadratmeter: Bausenator will an Berliner Schulen sparen

An Raumhöhe, an den Größen der Zimmer könne man beim Bauen von neuen Schulen künftig sparen, sagt Bausenator Christian Gaebler (SPD). Das sorgt für heftige Kritik.

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Bausenator Christian Gaebler (SPD) bei einer Baustellenbesichtigung (Archivfoto)
Bausenator Christian Gaebler (SPD) bei einer Baustellenbesichtigung (Archivfoto)Emmanuele Contini/Berliner KURIER

Bausenator Christian Gaebler (SPD) hat es schon nicht einfach. Mit dem Bauen neuer Wohnungen, die Berlin ja so dringend braucht, kommt er nicht voran. Beim Abreißen von DDR-Architektur, wie dem Jahnstadion, wird er von Gerichtsurteilen, Naturschützern und brütenden Spatzen gestoppt. Einzig beim Bau neuer Schulen geht es in Berlin voran. Allerdings will hier der Bau- und Abrisssenator Gaebler nun kräftig sparen. Die drastischen Sparauflagen des Senats sind der Grund.

Gaebler ist im Zugzwang. Er braucht in seinem Ressort Erfolge. Sich hinstellen, und mit aller Macht die Abrisse des Jahnstadions (wegen eines fast 200 Millionen Euro teuren Stadion-Neubaus) und des Sport- und Erholungszentrums (wegen 500 neue Wohnungen) durchsetzen – damit kommt er nicht weit. Zumal er das Wohnungsbauziel mit 15.000 statt 20.000 neuen Quartieren im vergangenen Jahr verfehlt hat. Auch 2025 wird die 20.000er-Marke wohl nicht geknackt werden.

Zum Glück geht es beim Schulbau deutlich voran. Sagte der Bausenator gerade der Deutschen Presseagentur (dpa). 60.000 neue Schulplätze sollen geschaffen werden, bis zum Schuljahresbeginn 2024/25 sind nach Senatsangaben 44.000 entstanden. Für 2025 sind 1,5 Milliarden Euro bereitgestellt.

Helle, schöne, große Klassenräume: So toll sieht es auf manchen Plänen für neue Berliner Schulen aus. Doch da kostet auch Geld.
Helle, schöne, große Klassenräume: So toll sieht es auf manchen Plänen für neue Berliner Schulen aus. Doch da kostet auch Geld.HOWOGE/PPAG architects

Aber dennoch kann Gaebler nicht aus dem Vollen schöpfen. Wegen der drastischen Sparmaßnahmen des Senats geht nun auch der Bausenator beim Planen neuer Schulbauten auf Nummer billig. „Wir müssen aber für die neuen Projekte, die jetzt noch ausgeschrieben werden, die Standards noch mal überprüfen“, sagt Gaebler.

Bausenator Christian Gaebler: Wie viel Bewegungsfläche braucht ein Berliner Schüler?

Dazu sei er mit der Bildungsverwaltung in der Abstimmung. Es sei eine Herausforderung für 2025, endlich die gemeinsame Richtlinie für den Schulbau in einer neuen, etwas flexibleren Fassung herauszugeben – und dabei auch noch viel Geld zu sparen. „Man muss da – auch angesichts der aktuellen Haushaltssituation – gucken, ob die Bildungsverwaltung an der einen oder anderen Stelle über ihren Schatten springt“, sagt Gaebler.

Doch was stellt sich der Bausenator vor, wie man an Schulbauten sparen kann? Gaebler nennt Beispiele, etwa das Thema Raumhöhen. „Dann die Frage, wie viel Bewegungsfläche eingeplant wird. Wie viel Fläche für die Mensa brauche ich tatsächlich?“

Über das Thema machte man sich schon vor Jahren im Senat Gedanken. Was dabei heraus kam, kann man in der Broschüre „Standards für den Neubau von Schulen“ von 2019 nachlesen.

Schulunterricht in Berlin: Drei Meter soll die Raumhöhe in Klassenzimmern betragen.
Schulunterricht in Berlin: Drei Meter soll die Raumhöhe in Klassenzimmern betragen.Gerhard Leber/imago

Da heißt es: „Die mittlere lichte Raumhöhe beträgt in den Unterrichtsräumen 3 Meter. Der Mensa-/ Mehrzweckbereich sollte aufgrund seiner großen Fläche und der gelegentlichen Nutzung als Bühnen- und Zuschauerraum eine mittlere lichte Raumhöhe von 4 Metern aufweisen. Erschließungsflächen sollen über eine lichte Raumhöhe von mindestens 2,75 Metern, sonstige Räume (zum Beispiel der Verwaltungs- und Wirtschaftsbereich) in Schulgebäuden über eine lichte Raumhöhe von mindestens 2,50 Meter Deckenhöhe verfügen.“

Wie weit an diesen Vorgaben der heutige Bausenator beim Thema Raumhöhe heran will, lässt er im dpa-Gespräch offen. Aber man kann ja noch mehr an Schulgebäuden einsparen.

So sieht Gaebler bei den Compartment-Schulen Einsparungspotenzial. Bei dem noch vergleichsweise neuen Konzept sind gewissermaßen mehrere kleine Schulen (Compartments genannt) in einer großen untergebracht. Die einzelnen Compartments sollen flexibel nutzbar sein. Mensa und Fachräume teilen sich alle Schüler gemeinsam.

Will an Schulbauten sparen: „Herr Gaebler meldet sich mit unqualifizierten Thesen“

Und auch die Pädagogen sollen sich Räumlichkeiten teilen. Bausenator Gaebler: „Da stellt sich die Frage, ob man wirklich in einem Gebäude vier Lehrerzimmer braucht oder sechs …“

Der SPD-Senator erklärt weiter: „Es geht also vor allem um Raumfragen und auch Mindestmaße. Was setzt man als Mindestmaß pro Schüler an?“ Manchmal streite man sich da um einen Quadratmeter, der aber in der Summe eine Menge ausmachen könne. „Das ist unser Hauptanliegen, dass wir da einfach flexibler werden“, so Gaebler.

Flexibler werden: „Das gilt auch für die Frage, ob ein Schulgebäude drei- oder vierstöckig sein darf. Klar brauchen die Kinder länger, wenn sie aus dem vierten Stock auf den Hof und dann wieder in den vierten Stock laufen müssen“, sagt Gaebler.

„Es gibt natürlich auch einen Fahrstuhl für die Barrierefreiheit. Aber wenn das Gebäude deswegen zehn Millionen mehr kostet, muss man sich überlegen, ob das dann schlau ist oder man nicht noch ein neues Gebäude daneben bauen muss.“

Harsche Kritik zu den Schulbau-Sparansichten des Bausenators kommt von der bildungspolitischen Sprecherin der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, Franziska Brychcy. Sicher hätten sich die Anforderungen an Schulen geändert, sagt sie in der Zeitung ND. „Wenn man Ganztagesschulen machen will, Familienzentren und Sozialarbeiter an der Schule haben will, dann muss man natürlich anders bauen als eine Flurschule vor 100 Jahren.“ Aber es kann nicht sein, dass wegen der Schuldenbremse nun die Schüler auf Sport, Horträume, Mensa, Schulhof und Inklusion verzichten sollen.

Franziska Brychcy sagt: „Ich verstehe nicht, warum Herr Gaebler sich mit unqualifizierten Thesen meldet. Uns fehlen aktuell 28.000 Schulplätze.“ Und sie warnt: „Der Schulbau ist nicht das Sparschwein, mit dem man den Haushalt sanieren kann.“

Und um die Schulen steht es schon schlimm genug, so die Bildungsexpertin der Linkspartei. „Es gibt Schulen ohne Außenflächen und ohne Sporthallen“, sagt Brychcy. „In Pankow werden teilweise Bibliotheken als Klassenräume benutzt und in den modularen Ergänzungsbauten stehen nur Stühle und Tische drin, nicht mal ein Regal passt da rein.“ ■