Es ist wie bei einem Verkehrsunfall. Man will nicht hinsehen und tut es doch. Doch was die Zuhörer heute ab 19 Uhr auf X erwartet, wenn Ketamin-Elon mit Schaum-vor-dem-Mund Alice ins Gespräch geht, ist in etwa so vorhersehbar wie eine Dauerwerbesendung auf QVC. Ideen, die bekannt sind, werden gedreht und gewendet werden, wie die Mutti, die sich in der Bauch-weg-Hose gefällt.
Wozu also die ganze Aufregung? Meinungsfreiheit bedeutet auch, dass sich wild gewordene Millionäre mit der AfD-Chefin unterhalten dürfen. Zuhören aber muss man eigentlich nicht. Oder erwartet irgendwer in dem Format einen Erkenntnisgewinn?
Erkenntnisse erhält man, wenn sich Diskutanten gegenüber stehen, die auch verschiedene Meinungen vertreten. Stichwort Kanzler-Duell etwa. Dies ist hier nach vorangegangenem „Lieber Elon“– Geschleime von Lissy Weidel und AfD-Weltrettungsphantasien, getextet von Mighty-Musk nicht zu erwarten. Das eigentlich interessante Gespräch fände zwischen Habeck oder Scholz und dem großen, reichen Kind Musk statt.
Doch um Erkenntnisgewinn geht es hier gar nicht. Es geht ums Verkaufen. Und ums Gewinnen. Elon fände es sicher prima, wenn wie beim Gespräch mit Donald Trump, bei dem der Südafrikaner als Stichwortgeber für Trumps Tiraden fungierte, ebenfalls jede Menge Leute zuhörten. Das Gegenteil von einer wahnsinnigen Aufmerksamkeit aber wäre eine große Portion Gelassenheit.
Zu Gelassenheit im Umgang mit Plattformen wie X und Meta rät auch der Chef der Bundesnetzagentur und betont das hohe Gut der Meinungsfreiheit. „Nicht alles, worüber man sich aufregt, ist gleichzeitig illegal“, sagte Klaus Müller am Donnerstagmorgen im Deutschlandfunk. „In Wahlkämpfen muss man auch Dinge aushalten, die man persönlich als unangemessen, unanständig oder nicht akzeptabel empfindet.“ Meinungsfreiheit bedeute immer auch „die Freiheit derjenigen, deren Meinung man nicht teilt“.

Statt Doof-Talk auf X lieber mit dem ID.4 zum Chinesen
Wenn Elon Musk und Alice Weidel also über Meinungsfreiheit und ihre Pläne für Deutschland plaudern, könnte man also getrost eine Runde mit dem VW ID. 4 um den Block fahren. Oder beim Chinesen an der Ecke einkehren oder seinen Facebook-Account löschen, oder nach Alternativen für die Zahlung mit Paypal suchen. Die Zeit wäre mit Sicherheit besser investiert.
Musks wohlfeile Wahlwerbung für die AfD, die mit Deregulierung und anderen Ideen auch den Unternehmungen Musks in die Hände spielt, ist so durchsichtig wie das Negligé in der Dauerwerbesendung, wie der Sieg der Guten über die Bösen in der Schnulze auf Tele 5 (heute läuft übrigens ein Film mit dem guten alte Arnie Schwarzenegger).
„Warte bis Alice und ich ein X-Spaces-Gespräch führen. Dann verlieren sie ihren Verstand“ – versehen mit zwei Lachsmileys mit Tränen, hatte Musk vor dem Talk geschrieben. Äh, wieso eigentlich? Ideen, was Sie heute Abend, anstatt den Verstand zu verlieren, anstellen können, haben Sie ja jetzt genug. ■