Der neuesten Zahlen zu den Verkehrs-Rambos der Botschaften in Berlin bestätigen das gängige Vorurteil: Diplomaten rasen, parken im Halteverbot, bauen Unfälle und dann hauen sie im Zweifel auch noch ab. Die Zahl der erfassten Verkehrsverstöße schnellte nach oben – von 15.110 Anzeigen im Jahr 2022 über 16.615 (2023) auf 18.288 im Jahr 2024, meldete die Polizei. Ganz vorn in der Verkehrssünderliste stehen dabei Diplomaten aus Saudi-Arabien und den USA. Viele nutzen ihren Status aus und halten sich mit ihren Autos nicht an die geltenden Verkehrsregeln – auch, weil sie straffrei davonkommen. Ist das aber wirklich so? Sind Diplomaten nicht zu belangen? Die Rechtslage ist kompliziert, aber Geschädigte müssen nicht zwingend leer ausgehen.
Die Rechtslage bei Verkehrsunfällen mit Diplomaten ist in Deutschland durch das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen von 1961 geregelt, ergänzt durch nationales Recht. Hier die wichtigsten rechtlichen Eckpunkte dazu:
1. Diplomatische Immunität – was bedeutet das konkret?
Artikel 31 des Wiener Übereinkommens: Diplomaten sind in Deutschland von der Straf- und Zivilgerichtsbarkeit vollständig befreit. Das heißt: Sie können weder strafrechtlich verfolgt noch zivilrechtlich verklagt werden – auch bei einem Verkehrsunfall mit Personenschaden oder schwerem Sachschaden.
Die Ausnahme: Die Immunität gilt nicht bei rein privaten Handlungen, außer der Diplomat fährt privat mit einem Diplomatenfahrzeug – dann greift die Immunität meist trotzdem.
2. Verhalten der Polizei
Die Polizei darf den Diplomaten nicht festnehmen oder durchsuchen, auch bei einem schweren Unfall. Sie nimmt den Unfall aber auf und meldet den Vorfall dem Auswärtigen Amt, das ggf. diplomatische Schritte einleitet. Der Diplomat darf sich weigern, einen Alkoholtest zu machen – ohne rechtliche Konsequenz.
Der Diplomat darf sich weigern, einen Alkoholtest zu machen
3. Schadenersatz – wie bekomme ich mein Geld?
Trotz Immunität gibt es Möglichkeiten:

a) Über die Kfz-Haftpflichtversicherung des Diplomaten. Auch Diplomaten müssen in Deutschland eine Kfz-Haftpflichtversicherung nachweisen. Schäden können daher über deren Versicherung abgewickelt werden – genau wie bei anderen Verkehrsunfällen. Ihre eigene Versicherung kann im Zweifel auch in Vorleistung gehen.
b) Auswärtiges Amt einschalten. Wenn keine Einigung mit der Versicherung möglich ist, kann das Auswärtige Amt als vermittelnde Stelle tätig werden. In Extremfällen kann das Amt das Entsenden der Person zur Rechenschaft ins Herkunftsland fordern oder eine „Persona non grata“-Erklärung aussprechen – das kommt aber nur selten vor.
4. Zivilklage? Strafanzeige?
Eine Zivilklage gegen einen Diplomaten ist in Deutschland nicht möglich, solange Immunität besteht. Eine Strafanzeige kann zwar gestellt werden, wird aber nicht verfolgt, solange die Immunität nicht vom Herkunftsstaat ausdrücklich aufgehoben wird – was äußerst selten geschieht.
Rechtlich sind Ihre Mittel also begrenzt, wenn der Unfallverursacher ein akkreditierter Diplomat mit Immunität ist. Die beste Option ist immer noch die Versicherung des Diplomaten – dazu die Unterstützung durch das Auswärtige Amt. In schwerwiegenden Fällen kann die Immunität durch den Heimatstaat aufgehoben werden – aber das passiert, wie oben erwähnt, wirklich nur in Ausnahmefällen.