Der KURIER-Bäder-Check

Die Nicht-Schwimmhallen von Berlin: DDR-Kleinod in der Holzmarktstraße wird abgerissen

Zurzeit sind in der Hauptstadt so viele Bäder geschlossen wie nie. Zum Teil schon seit Jahren. Aber: Millionen fließen in die Sanierung der maroden Substanz. 

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Alles abgerockt: Die Schwimmhalle in der Holzmarktstraße 51 ist kaum noch zu erkennen. Alles mit Graffiti beschmiert, im Schatten campieren Obdachlose.
Alles abgerockt: Die Schwimmhalle in der Holzmarktstraße 51 ist kaum noch zu erkennen. Alles mit Graffiti beschmiert, im Schatten campieren Obdachlose.Stefan Henseke

Die Fenster vernagelt, alles mit Graffiti besprüht, Obdachlose hausen hier: Die Bauruine an der Holzmarktstraße 51 war mal eine der schönsten Schwimmhallen der DDR. Tausende Kinder aus Ost-Berlin lernten in dem 25-Meter-Becken schwimmen. Seit sechs Jahren steht das einstige Kleinod leer und gammelt ungenutzt vor sich hin. Nicht die einzige Nicht-Schwimmhalle von Berlin. Zurzeit sind so viele Bäder geschlossen wie nie. Aber: Millionen fließen in die Sanierung der maroden Substanz. Auch an der Holzmarktstraße soll bald wieder geplantscht werden können.

Eigentlich ist die alte Schwimmhalle in der Friedrichshainer Holzmarktstraße schon so etwas wie ein Denkmal. Sie ist die älteste noch erhaltene Volksschwimmhalle Typ C der Welt. Denn nicht nur Neubauwohnungen, sondern auch Schwimmbäder wurden in der DDR nach Typen klassifiziert. 1976 wurde die Halle, umringt von 20-Geschossern, auf dem Areal zwischen Holzmarktstraße und Mehlbeerenweg eröffnet.    

Die alte DDR-Schwimmhalle in der Holzmarktstraße wird abgerissen

Jetzt gibt es zumindest wieder Hoffnung für das Areal. Auf dem Gelände soll ein Neubau mit Büros, Wohnungen und einer Schwimmhalle entstehen. Ein Neubau. Das heißt auch, dass die alte DDR-Schwimmhalle dem Abrissbagger zum Opfer fällt. Eine mögliche Sanierung wäre mit knapp sieben Millionen Euro zu teuer gewesen, hätte sich für die Berliner Bäderbetriebe (BBB) wegen fehlender Wirtschaftlichkeit nicht gelohnt, heißt es.   

1976 eröffnet, war die Schwimmhalle in der Holzmarktstraße eine Volksschwimmhalle vom Typ C.
1976 eröffnet, war die Schwimmhalle in der Holzmarktstraße eine Volksschwimmhalle vom Typ C.Berliner Bäderbetriebe

Schon 2022 wurden von den Berliner Bäderbetrieben und der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Pläne vorgestellt, wie es hier mal aussehen könnte. Ein bis zu elfstöckiger Gebäudekomplex, in dem es auch einen kleinen Supermarkt geben soll. In den oberen Etagen sind Büroflächen, aber auch Mietwohnungen – darunter 375 Studenten-Apartments – vorgesehen. 2025 sollte alles fertig sein. Doch es gab Probleme mit der Baugenehmigung, jahrelang tat sich nichts. Die zuständige Behörde hatte übersehen, dass das Areal als Sportstätte ausgewiesen war, Wohnungsbau nicht möglich war. Erst jetzt hat die Senatsverwaltung für Sport der „Entwidmung der maroden Schwimmhalle zugunsten eines bedarfsgerechten Schwimmhallenersatzneubaus“ zugestimmt.

Nun kann gebaut werden, 2029 könnte alles fertig sein. Das geplante Schwimmbad soll etwa doppelt soviel Wasserfläche haben wie die Halle aus DDR-Zeiten, die im Oktober 2018 wegen Baufälligkeit geschlossen werden musste. Vorgesehen sind den Projektunterlagen zufolge zwei 25-Meter-Becken, von denen eines für Schulen und Vereine reserviert und das andere permanent für die Öffentlichkeit nutzbar sein soll. Außerdem soll es ein multifunktionales Fitnessbecken und ein Lehrschwimmbecken geben.

Unten eine Schwimmhalle, darüber Wohnungen und Büros: So konnte das neue Gebäude in der Holzmarktstraße 51 aussehen.
Unten eine Schwimmhalle, darüber Wohnungen und Büros: So konnte das neue Gebäude in der Holzmarktstraße 51 aussehen.Eller + Eller/Berlinovo
In der neuen Schwimmhalle soll es mehrere Schwimmbecken geben.
In der neuen Schwimmhalle soll es mehrere Schwimmbecken geben.Eller + Eller/Moka-studio

Die Berliner Bäderbetriebe und die Dauerbaustellen. Jetzt im Sommer, mit genug Bademöglichkeiten in den Berliner  und Brandenburger Gewässern, fällt es ja nicht so auf, dass zurzeit so viele Schwimmhallen nicht geöffnet haben. Teilweise noch für Jahre. Der KURIER wollte BBB wissen, wie der Stand bei den Sanierungsarbeiten ist. 

So sieht es in den anderen geschlossenen Bädern aus

Stadtbad Schöneberg: Die Sanierungsarbeiten sind in vollem Gange. Seit April 2024 werden die Fliesen abgebrochen und die Technik demontiert. Die Sanierung umfasst den Austausch der Fenster, neue Lüftungsanlagen, Erneuerung der Beckenfliesen sowie der Filter- und Reaktionsbehälteranlagen und der Warmwasseranlage, die Sanierung des Außenbeckens und der Brandmeldeanlage. Veranschlagt sind Baukosten von ca. 9 Millionen Euro. Bauzeit: mindestens 1,5 Jahre seit Baubeginn.

Kombibad Mariendorf: Nach einem Brand im Technikkeller (September 2023) wurde das Bad geschlossen. Da die Beseitigung der Brandfolgen sehr aufwändig und nicht wirtschaftlich gewesen wäre, wurde das Bad vor der sowieso schon geplanten Grundsanierung nicht mehr in Betrieb genommen. Die Bauzeit wird mindestens drei Jahre betragen. Der Aufsichtsrat hat die Erarbeitung eines umfassenden Sanierungskonzepts beauftragt, es soll im November 2024 vorgelegt werden. Die Sanierung sollte planmäßig 2025 starten. Aber: Erst wenn der Finanzierungsbescheid vorliegt, kann das Vorhaben ausgeschrieben werden.

Kombibad Spandau Süd – Sommerbad: Eine Ausschreibung der Bauarbeiten kann wie beim Kombibad Mariendorf erst nach finaler Freigabe der Mittel und der Prüfung der Vergabeunterlage durch die Fördermittelgeber erfolgen. Eine Sprecherin der Bäderbetriebe erklärt: „Aktuell gehen wir davon aus, dass die verspätete Ausstellung des Bescheides und die damit einhergehenden Verzögerungen dazu führen werden, dass das Sommerbad erst im Sommer 2026 wieder zur Verfügung steht.“

Außenbecken Stadtbad Tiergarten: Wird finanziert über Mittel aus dem Investitionspakt zur Förderung von Sportstätten des Bau-Bundesministeriums sowie aus dem Programm Nachhaltige Erneuerung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Nach Bewilligung der Fördermittel sind die Ausschreibungen in Vorbereitung. „Einen genauen Termin für den Baustart können wir derzeit noch nicht nennen“, erklärt die Sprecherin. Die Bauzeit wird etwa ein Jahr betragen.

Wellenbad am Spreewaldplatz: Wird seit Herbst 2023 saniert und dazu derzeit noch entkernt. Der Rückbau ist noch nicht vollständig abgeschlossen. Die Sanierung des Wellenbades, zu der auch eine umfassende Modernisierung gehört, ist mit geplanten 42 Millionen Euro das bislang größte Bauvorhaben der Bäder-Betriebe. Dauer: mindestens 3,5 Jahre.

Schwimmhalle Zingster Straße: Die Sanierungsarbeiten umfassen die Auskleidung des Schwimmbeckens mit Edelstahl, das Foyer, die Umkleiden und die sanitären Anlagen. Das Dach wird teilweise saniert und bekommt eine Photovoltaikanlage. Baukosten: rund 7 Millionen Euro, Baudauer: bis 2025.

Paracelsus-Bad: Die denkmalgerechte Sanierung läuft schon seit 2019 und wird immer teuer. Waren anfangs acht Millionen Euro veranschlagt, werden inzwischen mindestens 31,8 Mio. Euro aufgerufen.  Auch die Bauzeit verlängerte sich immer wieder, inzwischen wird 2025 als Termin genannt.

Es wird gebaut und gebaut und gebaut: Das Paracelsus-Bad ist schon seit fünf Jahren eine Baustelle. Ende: offen.
Es wird gebaut und gebaut und gebaut: Das Paracelsus-Bad ist schon seit fünf Jahren eine Baustelle. Ende: offen.Jürgen Ritter/imago

Was wird alles saniert? Dazu gehören die Instandsetzung der Fassade, Beseitigung von Schadstoffen und Feuchteschäden, Betonsanierung, Dämmung des Daches, Sanierung des Foyers und des Treppenhauses, Neubau eines zweiten Treppenhauses als Fluchtweg, Einbau neuer Fenster, Sanierung des Umkleidebereiches und der sanitären Anlagen sowie die Erneuerung der technischen Anlagen. Die weitere Entwicklung des Standortes ist momentan Gegenstand von Beratungen mit dem Bezirk und in den Gremien der Berliner Bäder-Betriebe. ■