
Es gibt ja so Orte in Berlin, die sind gnadenlos unterschätzt. Orte, die an glühenden Tagen Linderung versprechen. Orte, an denen man für kurz oder lang dem Trubel der Hauptstadt entfleuchen kann. Meist sind diese Plätze im Großstadtdschungel nicht überfüllt mit Menschen, sie tun wohl, weil sie eben anders sind als der Rest der Stadt. KURIER-Redakteure haben sich zusammen getan und verraten Ihnen ihre ganz persönlichen liebsten Cool-down Plätze in der Stadt.
Bienen und Bücher in der Bibliothek am Luisenbad im Wedding
Die Panke plätschert gemächlich unter ihrem Schattendach aus Bäumen dahin und gleich nebenan kann man in einer wahren Oase im Wedding richtig schön runterkommen. Die Backsteinfassade der Bibliothek am Luisenbad strahlt Beständigleit aus, drinnen ist es hinter den dicken Mauern herrlich kühl. Wer durch die lichtdurchfluteten Regalreihen geht, staunt über die Glasfront nach hinten zum Hof. Hier stehen dann idyllisch Gartenstühle und Tische. Hauseigene Bienen summen um die Blumen in den Beeten und um stille Leser. Die Großstadt ist nur wenige Schritte entfernt und doch kann man hier herrlich abtauchen. Mit einem Bildband aus der Provence oder einem Kochbuch mit Rezepten aus Sizilien, mit einem Schweden-Krimi oder jedem anderen Buch ist man im Nu ganz woanders. Auswahl gibt es mehr als genug. Stefanie Hildebrandt
Bibliothek am Luisenbad, Badstraße 39, 13357 Berlin, geöffnet Mo-Fr 10 bis 19.30, samstags 10 bis 14 Uhr
Zeitreise auf dem Jüdischen Friedhof an der Schönhauser Allee
Hinter der trutzigen Mauer an der Schönhauser Allee, die sich vom U-Bahnhof Senefelder Platz neben dem Bürgersteig hebt, befindet sich eine Welt der Stille. Hier bleibt die Zeit stehen. Über den umgestürzten Grabsteinen wächst Efeu, schiefe Steine liegen so lange übereinander bis ein Hauch sie neu ordnet. Wer unter den hohen Bäumen spaziert, taucht ein in die Vergangenheit Berlins. Im Jahre 1827 ist der Jüdische Friedhof an der Schönhauser Allee als Ersatz für den Jüdischen Friedhof in der Großen Hamburger Straße angelegt worden. Nach der Eröffnung des Jüdischen Friedhofs in Weißensee im Jahre 1880 wurde er geschlossen. Einzelne Beisetzungen fanden noch bis 1940 statt. Hier währt die Ruhe der Toten ewig: Ein jüdischer Friedhof darf niemals aufgegeben werden. Stefanie Hildebrandt
Schönhauser Allee 25, 10435 Berlin, geöffnet Mo - Do 8-16 Uhr Freitag bis 13 Uhr

Allein an der Panke
Auf die Panke trifft man in dem Bezirk, der ihr seinen Namen verdankt, immer wieder. Manchmal wird das Flüsschen gar nicht als solches wahrgenommen, die großen Bühnen bespielen in der Stadt seine großen Schwestern Spree und Havel. Zu leise murmelt die Panke, zu flach ist ihr Wasser, zu hässlich wurde sie an manchen Stellen zugebaut. In manchen Gartenkolonien und im Schlosspark ist das Bett der Panke zwar offen und naturnah. Aber an diesen lieblichen Stellen ist es auch oft sehr voll, derzeit feiern dort an den Abenden gern Abiturienten ihre bestandenen Heldentaten. Doch es gibt verborgene Zugänge zur Panke, von denen man zunächst nichts ahnt. Sie sind meist dort, wo das Flüsschen in ein von Menschenhand gemachtes Bett aus Betonplatten eingesperrt ist. Hinter einem Spielplatz oder direkt an einer der kleinen Brücken. Dort sieht das Ufer zwar nicht geschwungen und einladend aus, aber man ist meist ganz allein. Dort sitze ich dann und träume von weiterer Renaturierung der Panke, die ihr Wasser sauberer und ihre Ufer anmutiger machen soll. Aufgeschreckt werde ich nur, wenn Kinder von gegenüber die Hitze nicht mehr aushalten und wagemutig in das Wasser der Panke steigen. Dann wäre ich auch gern wieder ein Kind, das nicht darüber nachdenkt, wie viele zerbrochene Bierflaschen am Grund liegen und wie strapaziert das Wasser ist. Sondern ein Kind, das einfach nur planscht. Claudia Pietsch

Rein ins Cycling-Studio und losradeln
Wenn die Sonne so unerbittlich vom Himmel strahlt, habe selbst ich als passionierte Joggerin keine Lust auf meine übliche Laufrunde. Stattdessen treibt es mich zum Sporteln nach drinnen. Und kaum ein Ort ist so angenehm klimatisiert wie mein liebstes Cycling-Studio. Damit bin ich nicht allein. Regelmäßig sind die Kurse ausgebucht. Wenn man also schnell genug einen Platz reserviert, kann man sich mit der passenden Musik prima eine Stunde und mehr auf dem Fahrrad auspowern. Danach noch ne erfrischende Dusche und ich fühle mich wie neu geboren. So trotze ich auch den heißesten Tagen in Berlin. Studios gibt es zum Beispiel in der Linienstraße in Mitte oder auf dem Ku'Damm in Charlottenburg. Isabell Zimmermann
Raus an den See mit S-Bahn und Bus
Mit der S-Bahn fahre ich an heißen Sommertagen bis zum Bahnhof Strausberg und steige dann in den Bus mit der Numer 950 in Richtung Hennickendorf. An der Station Strausberg, Torfhaus aussteigen und dann ab, rechts in den Wald. Nach etwa zweihundert Metern sieht man schon das Wasser des Stienitzsees glitzern. In knapp anderthalb Stunden ist man vom Berliner Ostkreuz in einem echten Urlaubsparadies. Am Ufer des Stienitzsees gibt es Wanderwege um den See oder man verweilt einfach an einem schattigen Plätzchen und genießt das glasklare Wasser. Die vielen kleinen Badestellen laden zum Erfrischen ein. In Hennickendorf selber gibt es ein Strandbad mit allem, was dazu gehört: Eis, Pommes, Bier und Brause. Ein kleiner Urlaub vor den Türen Berlins. Ina Mende

Eine Touristenfalle ist der schönste Ort zum Abkühlen
Ehrlich, wenn es so richtig heiß wird, finde ich an einem der außergewöhnlichsten Orte in Berlin meine Abkühlung – mitten in einer Touristenfalle. Etwa die im Kiez um den Rosenthaler Platz in Berlin-Mitte, wo es echt recht hitzig zugeht, wenn Touris dort Restaurants und Cafés belagern. Nicht zu vergessen die Hektik und der tobende Lärm von der anliegenden Torstraße. Und da kann man an megaheißen Tagen tatsächlich einen kühlen Kopf bewahren – im nahegelegenen Volkspark am Weinberg.

Durch Zufall habe ich diesen Ort entdeckt, als ich auf dem Weg zu einem Interviewtermin war. Da ich noch viel Zeit hatte, machte ich einen Abstecher in den Park, der in den 50er-Jahren mit einem künstlichen See und einem Café entstanden war, und setzte mich in den Schatten einer großen Linde. Ich spürte sofort, wie eine wohltuende Ruhe durch meinen Körper strömte und ich mich innerlich abkühlte. Obwohl einige Meter weiter das hitzige Großstadtleben tobte, war diese an diesem Ort wie durch ein Wunder verschwunden. Norbert Koch-Klaucke
Volkspark am Weinberg, Weinbergsweg 15, 10119 Berlin
Im Berliner Dom gibt es Kühle und Kultur in einem
Wenn draußen Trubel herrscht, sich alle an und in das nächste Gewässer drängen und die Sonne erbarmungslos vom Himmel scheint, ist das mein Signal, eine Kirche zu besichtigen. Nicht etwa aus frommen Gründen. Die dicken Mauern und schattenspendenden Bäume sorgen auch bei Rekord-Temperaturen noch für angenehme Kühle. Auch sind Kirchen noch wunderbar ruhig und in der Regel nicht überfüllt. Mein Motto: Je älter und katholischer, desto besser! Dann kann man dazu noch die schöne Kunst bewundern und bekommt zur Kühle noch eine besondere Prise Kultur. Ich habe es mir diesen Sommer zum Ziel gemacht, möglichst viele Kirchen in Berlin zu erleben. Bisher am meisten angetan hat es mir (auch wenn er etwas touristisch und evangelisch ist und außerdem Eintritt kostet) der Berliner Dom. Jana Hollstein
Am Lustgarten, 10178 Berlin, geöffnet Mo-Fr 9-19 Uhr, samstags 9-17 Uhr, sonntags 12-14 Uhr


